Albanien – Jahresbericht 2021

Während der Auftaktveranstaltung: „Trainingsreihe in Zusammenarbeit mit der Dokumentationsstelle des Obersten Gerichts der Republik Albanien – Methodenlehre und praktische Übungen zur Bildung von Rechtssätzen“ am 20. Dezember 2021 in Tirana (Albanien). Am Rednertisch, v.r.n.l.: Frau Dr. Arta Vorpsi, Kabinettsdirektorin am Obersten Gericht der Republik Albanien, Herr Frank Hupfeld, Projektbereichsleiter Südosteuropa II / Südkaukasus (IRZ), Mag. Thomas Traar, Richter des BG Bruck an der Mur (Österreich) und Herr Rainer Schliebs, RD, Leiter der Dokumentationsstelle am Bundesgerichtshof.
Während der Auftaktveranstaltung: „Trainingsreihe in Zusammenarbeit mit der Dokumentationsstelle des Obersten Gerichts der Republik Albanien – Methodenlehre und praktische Übungen zur Bildung von Rechtssätzen“ am 20. Dezember 2021 in Tirana (Albanien). Am Rednertisch, v.r.n.l.: Frau Dr. Arta Vorpsi, Kabinettsdirektorin am Obersten Gericht der Republik Albanien, Herr Frank Hupfeld, Projektbereichsleiter Südosteuropa II / Südkaukasus (IRZ), Mag. Thomas Traar, Richter des BG Bruck an der Mur (Österreich) und Herr Rainer Schliebs, RD, Leiter der Dokumentationsstelle am Bundesgerichtshof.

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage

Am 25. April 2021 fanden in Albanien Parlamentswahlen statt. Die regierende sozialistische Partei des seit 2013 amtierenden Ministerpräsidenten Edi Rama ging dabei als Sieger aus den Wahlen hervor. Auch die Oppositionspartei der Demokraten unter der Führung von Lulzim Basha konnte einen deutlichen Stimmenzuwachs vorweisen und stellt somit die zweitstärkste Fraktion im Parlament. Im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Parlaments im September 2021 wurde Edi Rama zum dritten Mal in Folge zum Ministerpräsidenten gewählt.

Die Parlamentswahlen fanden vor dem Hintergrund der vielversprechenden außenpolitischen Entwicklungen des Vorjahrs statt. Im März 2020 hatte der Europäische Rat beschlossen, die Beitrittsverhandlungen mit Albanien offiziell zu eröffnen. Die Entscheidung würdigte die Reformanstrengungen des Landes, insbesondere die seit 2016 andauernden Reformen im Justizsektor. Als Herzstück der Justizreform gilt das laufende Vetting-Verfahren, durch das Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte auf fachliche Eignung, Vermögensverhältnisse und Integrität geprüft werden. Die dadurch entstandenen Vakanzen belasten die gesamte Gerichtsbarkeit erheblich. Nachdem das Oberste Gericht und das Verfassungsgericht im Vorjahr ihre Arbeit teilweise wieder aufnehmen konnten, standen 2021 weitere Nachbesetzungen und der Abbau des immensen Rückstaus anhängiger Verfahren im Fokus der Anstrengungen. Das jüngste Gesetzespaket zur Erhöhung der Effizienz im Justizwesen transformierte das Oberste Gericht in ein echtes Revisionsgericht mit der Möglichkeit, gewisse Verfahren schneller und effizienter zu entscheiden.

Konzeption

Im Berichtsjahr wirkten sich die fortdauernde COVID-19-Pandemie und die Einstufung Albaniens zum Hochrisikogebiet im August weiterhin grundlegend auf die Projektarbeit in Albanien aus. Ein Großteil der bilateralen Maßnahmen wurde folglich als digitale Formate angeboten oder in hybrider Form durchgeführt.

Dabei beriet die IRZ zentrale Institutionen des albanischen Rechtsstaats zum einen auf bilateraler Ebene, finanziert durch das Bundesministerium der Justiz und das Auswärtige Amt, zum anderen im Rahmen des EU-finanzierten EURALIUS-V-Projekts. Auf diese Weise konnten Aspekte, die durch das EURALIUS-V-Projekt nicht abgedeckt wurden, durch die bilaterale Zusammenarbeit ergänzt werden.

So wurde beispielsweise das seit Kurzem wieder handlungsfähige Oberste Gericht sowohl durch die bilaterale Arbeit der IRZ als auch durch das EURALIUS-V-Projekt maßgeblich unterstützt. Der Fokus der bilateralen Zusammenarbeit lag insbesondere auf der Beratung des Obersten Gerichts in seiner neuen Rolle als Revisionsgericht sowie in der Errichtung einer Dokumentationsstelle. Auch die Zusammenarbeit mit der albanischen Magistratenschule, der im Zuge des Vetting-Verfahrens eine bedeutende Rolle in der Aus- und Fortbildung des juristischen Nachwuchses zukommt, konnte weiter intensiviert werden. 2021 organisierte die IRZ gemeinsam mit der Magistratenschule eine Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen.

Gleichzeitig bildete die Verfassungsbeschwerde, die 2016 nach deutschem Vorbild eingeführt wurde, einen thematischen Schwerpunkt der Projektarbeit der IRZ in Albanien. Gemeinsam mit der albanischen Rechtsanwaltskammer und mit der Magistratenschule veranstaltete die IRZ zu diesem Thema verschiedene Fortbildungen für die Rechtsanwaltschaft sowie für angehende Richterinnen und Richter.

Tätigkeitschwerpunkte 2021

Verfassungsrecht, Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit 

  • Vier Online-Fortbildungen zum Thema „Anwendung der Verfassungsbeschwerde“ in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskammer
  • Online-Fortbildung zum Thema „Verfassungsbeschwerde“ in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule

Rechtspflege</h3

  • Online-Seminar zum Thema „Persönlichkeitsrechte und Meinungsfreiheit der Richterschaft“ in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule
  • Online-Fachaustausch über die „Struktur, Arbeitsweisen und Methoden der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs“ in Zusammenarbeit mit dem Obersten Gericht
  • Online-Fachgespräche und Workshop zur Unterstützung der Errichtung einer Dokumentationsabteilung am Obersten Gericht
  • Online-Fachgespräch zur Unterstützung des Obersten Gerichts in Albanien in seiner Rolle als Revisionsgericht
  • Ausstattung des Obersten Gerichts mit Literatur und IT
  • Studienbesuch der Kabinettsdirektorin am Obersten Gericht zum Thema „Rolle, Organisation, Arbeitsweisen und Methoden von Dokumentationsstellen an obersten Gerichten in Deutschland“ am Bundesgerichtshof in Karlsruhe

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Online-Seminar zum Thema „Staatliche Inspektionen und Geldwäscheprävention im Notariat“ in Zusammenarbeit mit der Bundesnotarkammer und der albanischen Notarkammer

Aus- und Fortbildung

  • Online-Seminar zum Thema „Medien und Justiz“ in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule
  • Online-Seminar zum Thema „Rolle der Generalstaatsanwaltschaft“ in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt 

EU-Grant-Projekt: EURALIUS V „Consolidation of the Justice System in Albania“

Von April 2018 bis Dezember 2021 hat die IRZ federführend das EU-finanzierte EURALIUS-V-Projekt umgesetzt (Volumen: 7,5 Millionen Euro plus bilateraler Kofinanzierung, Laufzeit einschließlich Verlängerung: 45 Monate). Konsortialpartner des Projekts waren: das Centre for International Legal Cooperation (CILC/Niederlande), die Agency for Economic Development (AED/Österreich) sowie der Consiglio Superiore della Magistratura (CSM/Italien). Teamleiterin vor Ort war Dr. Agnes Bernhard aus Österreich.

Das EURALIUS-Projekt hat während seiner Laufzeit schwerpunktmäßig die folgenden begünstigten Institutionen beraten:

Parliament, Ministry of Justice (MoJ), High Council of Justice (HCJ), High Judicial Council (HJC), High Prosecutorial Council (HPC), Office of the High Justice Inspector (HJI), School of Magistrates (SoM), Justice Appointment Council (JAC), Courts including the High Court (HC), General Prosecution Office (GPO), Prosecution Offices (POs), Special Prosecution Office (SPO), National Chamber of Advocates (NCA), National Chamber of Private Enforcement Agents (NCB) and National Chamber of Notaries (NCN).

Das EURALIUS-Team bestand aus 40 Langzeitexpertinnen und -experten aus verschiedenen europäischen Ländern (Albanien, Österreich, Bulgarien, Kroatien, Dänemark, Italien, Litauen, Niederlande, Polen). Unter anderem waren die folgenden Berufsgruppen vertreten: Richterschaft, Staatsanwaltschaft, Anwaltschaft, Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten aus dem universitären Bereich, Ökonomen, Finanzexpertinnen und Finanzexperten, IT-Expertinnen und IT-Experten. Insgesamt hat das Projekt zudem rund 90 weitere nationale und internationale Kurzzeitexpertinnen und -experten zum Einsatz gebracht.

Trotz der erheblichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konnte das EURALIUS-V-Projekt seine Arbeit erfolgreich und lückenlos bis Dezember 2021 unter großem Einsatz des gesamten Teams fortführen. EURALIUS V konzentrierte sich auf die Gesamtkonsolidierung der im Vorgängerprojekt EURALIUS IV erarbeiteten gesetzlichen Grundlagen der Justizreform mit den Schwerpunkten:

  • Entwicklung einer Übergangsstrategie zwecks Kompensation der personellen Auswirkungen der laufenden Vetting-Verfahren sowie Unterstützung der Umsetzung der Übergangsstrategie,
  • Kapazitätsbildungsmaßnahmen für neu errichtete Selbstverwaltungsinstitutionen der Justiz (Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Ernennungsrat sowie Justizinspektorat),
  • Strategien zum effektiven Abbau von Fallrückständen am Obersten Gerichtshof,
  • Unterstützung der Sonderstaatsanwaltschaften und der Gerichte für Antikorruption sowie
  • flankierende IT-Maßnahmen für den gesamten Justizsektor, die insbesondere in der Verlängerungsphase des Projekts auch bilateral kofinanziert wurden.

Insgesamt hat das EURALIUS-Projekt über 800 Outputs generiert, bestehend aus: Gesetzen, untergesetzlichen Normen, Kommentaren zu Gesetzen und Rechtsakten, Expertenreports, Handbüchern, Memoranda of Understanding, Diskussionspapieren, IT-Systemen, Trainings und diversen Veranstaltungen mit insgesamt über 3.000 Teilnehmenden.

Ausblick

Auch 2022 wird die IRZ Rechts- und Justizreformen und die Konsolidierung rechtsstaatlicher Strukturen in Albanien aktiv unterstützen. Für das kommende Jahr plant die IRZ die Zusammenarbeit mit dem Obersten Gericht zu vertiefen und deutlich auszubauen. Darüber hinaus rückt die Zusammenarbeit mit dem Justizrat und Justizinspektorat in den Mittelpunkt der weiteren Projektarbeit. Daneben soll die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Magistratenschule im Bereich der Fort- und Weiterbildung von Juristinnen und Juristen weitergeführt und intensiviert werden. Eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit der Rechtsanwalts- und der Notarkammer auf weitere Themenschwerpunkte ist vorgesehen. Die IRZ bewirbt sich auch weiterhin verstärkt auf von der Europäischen Union in Albanien ausgeschriebene Projekte im Kontext der Justizreform.

Albanien – Jahresbericht 2020

Dr. Jutta Kemper (linke Seite, Mitte) begrüßt die albanische Delegation um den stellv. Innenminister Besfort Lamallari (gegenüber) im Zuge der Studienreise zum Thema „Vermögensabschöpfung“ im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.  Berlins Polizeivizepräsident Marco Langner (rechts) überreicht dem albanischen stellv. Innenminister Besfort Lamallari (links) nach dem Fachaustausch zum Thema „Vermögensabschöpfung“ ein Gastgeschenk.
Dr. Jutta Kemper (linke Seite, Mitte) begrüßt die albanische Delegation um den stellv. Innenminister Besfort Lamallari (gegenüber) im Zuge der Studienreise zum Thema „Vermögensabschöpfung“ im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Berlins Polizeivizepräsident Marco Langner (rechts) überreicht dem albanischen stellv. Innenminister Besfort Lamallari (links) nach dem Fachaustausch zum Thema „Vermögensabschöpfung“ ein Gastgeschenk.

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Im März 2020 hat der Europäische Rat beschlossen, Beitrittsverhandlungen mit Albanien zu eröffnen. Albanien wurde zugleich aufgefordert, vor der ersten Regierungskonferenz, die formal den Beginn der Beitrittsverhandlungen darstellt, weitere Angleichungsprozesse einzuleiten. So sollte unter anderem die Wahlrechtsreform in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR), der Menschenrechtsinstitution der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), umgesetzt werden. Mitte des Jahres haben sich daher unter Vermittlung der EU, der USA und Großbritanniens die Parteien des Parlaments übergreifend auf eine Reform des Wahlrechts geeinigt. Wenig später folgten weitere Änderungen am Wahlsystem, die ebenfalls einer Verfassungsänderung bedurften. Eine Einigung im sogenannten Politischen Rat, einem Allparteiengremium, das sich auf Änderungen im Wahlrecht verständigen soll, wurde bei der Abstimmung im Parlament nicht abgewartet. Dieses Vorgehen wurde von der EU kritisiert.

Weitere Voraussetzungen für den Beginn der Beitrittsverhandlungen betreffen die Umsetzung der Justizreform, insbesondere die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Obersten Gerichts und des Verfassungsgerichts, die seit Jahren nicht beschlussfähig sind. Grund dafür ist die Durchführung eines sogenannten Vetting-Verfahrens, das alle albanischen Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hinsichtlich ihrer fachlichen Eignung, Integrität und Vermögensverhältnisse überprüft. Im Zuge dessen kam es zu zahlreichen Vakanzen in der Justiz. Im Laufe des Jahres konnten immerhin am Obersten Gericht und am Verfassungsgericht so viele Richterinnen und Richter ernannt werden, dass jeweils eine Kammer ihre Arbeit wiederaufnehmen konnte. Aber das Verfahren der Nachbesetzung, insbesondere am Verfassungsgericht, verlief nicht unproblematisch.

Darüber hinaus hat Albanien mit der Einrichtung der neuen Behörde SPAK (Struktura e Posaçme Anti-Korrupsion/Special Anti-Corruption Structure) spezialisierte Strukturen zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität errichtet.

Konzeption

Die COVID-19-Pandemie hatte zunächst erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit den albanischen Partnerinstitutionen. Doch es gelang schnell, die Kooperation auf digitale Formate umzustellen. Dabei beriet die IRZ in bilateralen Projekten, finanziert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Auswärtige Amt, sowie im Rahmen des EU-finanzierten Projekts EURALIUS V. Bei der Konzeption und Umsetzung der Projekte wird darauf Wert gelegt, dass es zu keinen Doppelungen in der Zusammenarbeit kommt.

Die Kooperation mit der Magistratenschule, der eine zentrale Rolle bei der Aus- und Fortbildung des juristischen Nachwuchses zukommt, ist für die IRZ von großer Bedeutung. Gemeinsam wurde ein E-Kommentar entwickelt und es wurden albanische Juristinnen und Juristen fortgebildet.

Die Verfassungsbeschwerde, die 2016 nach deutschem Vorbild in Albanien eingeführt wurde, stellt einen thematischen Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskammer dar.

Im Berichtsjahr unterstützte die IRZ auch die neue Behörde SPAK sowie weitere relevante Akteure mit fachlicher Expertise im Hinblick auf die europarechtlichen Regelungen. Erfreulicherweise konnte nach Jahren des Stillstands die Zusammenarbeit mit dem Obersten Gericht erneut aufgenommen werden.

Tätigkeitschwerpunkte 2020

Verfassungsrecht, Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit 

  • Online-Fortbildungen zum Thema „Anwendung der Verfassungsbeschwerde“ für die Rechtsanwaltschaft in den Regionen Vlora, Elbasan und Shkodra in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskammer

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Online-Seminar zum Erbrecht, gemeinsam mit der Bundesnotarkammer und der albanischen Notarkammer
  • Online-Seminar zur Eigenart der Zivilverfahren vor dem Obersten Gericht gemeinsam mit dem Obersten Gericht

Öffentliches Recht

  • Online-Seminar zur Abgrenzung zwischen der Zivil- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Kooperation mit der Magistratenschule
  • Online-Seminar zum Verwaltungsverfahrensgesetzbuch in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule

Strafrecht und Strafvollzugsrecht

  • Studienreise nach Berlin zum Thema „Vermögensabschöpfung“ in Zusammenarbeit mit dem albanischen Justizministerium, dem Innenministerium, der Staatsanwaltschaft sowie der Agentur für die Verwaltung beschlagnahmter Vermögenswerte
  • Online-Rundtischgespräche zur Vermögensabschöpfung in Kooperation mit dem Justizministerium, dem Innenministerium, der Staatsanwaltschaft sowie der Agentur für die Verwaltung beschlagnahmter Vermögenswerte
  • Erstellung eines Handbuchs zur Vermögensabschöpfung

Aus- und Fortbildung

  • Aufbau eines E-Kommentars in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule und EURALIUS V
  • Online-Seminar „Anwaltschaft in der Öffentlichkeit“ gemeinsam mit der Rechtsanwaltskammer

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt 

EU-Grant-Projekt: EURALIUS V „Consolidation of the Justice System in Albania“

Seit April 2018 setzt die IRZ federführend das EU-finanzierte EURALIUS V-Projekt um (Volumen: 7,5 Millionen Euro, Laufzeit: 36 Monate bis März 2021, vorbehaltlich einer Verlängerung bis ca. Dezember 2021). Konsortialpartner des über 30 Expertinnen und Experten und mehr als zehn Institutionen umfassenden Projekts sind:

Centre for International Legal Cooperation (CILC/Niederlande), Agency for Economic Development (aed/Österreich) und Consiglio Superiore della Magistratura (CSM/Italien).

Trotz erheblicher Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konnte das EURALIUS V-Projekt seine Arbeit – unter großem Einsatz des gesamten Teams – lückenlos fortführen.

EURALIUS V konzentriert sich auf die Gesamtkonsolidierung der im Vorgängerprojekt EURALIUS IV erarbeiteten gesetzlichen Grundlagen der Justizreform mit den Schwerpunkten:

  • Entwicklung einer Übergangsstrategie mit dem Ziel der Kompensation personeller Auswirkungen der laufenden Vetting-Verfahren sowie Unterstützung der Umsetzung der Übergangsstrategie
  • Kapazitätsbildungsmaßnahmen für neu errichtete Selbstverwaltungsinstitutionen der Justiz
  • Strategien zum effektiven Abbau von Fallrückständen am Obersten Gericht
  • Unterstützung der Sonderstaatsanwaltschaften und der Gerichte für Antikorruption sowie
  • Flankierende IT-Maßnahmen für den gesamten Justizsektor

Hervorzuheben ist die Erarbeitung einer sogenannten „Transition Matrix“, die Übergangsstrategien zur weiteren effektiven Gestaltung der Arbeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften bis zu deren voller personeller Wiederbesetzung anbietet, was vor dem Hintergrund der durch das laufende Vetting-Verfahren reduzierten Anzahl der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte von großer Bedeutung ist. Die letzte Phase des Projekts konzentriert sich auf die Sicherstellung der Nachhaltigkeit umgesetzter Maßnahmen sowie auf den Wissenstransfer an die albanischen Institutionen.

Ausblick

Albanien bleibt auch 2021 ein wichtiger Partner für die IRZ, insbesondere im Hinblick auf die Beitrittsverhandlungen und die damit verbundenen notwendigen Reformen. Für 2021 ist daher geplant, neben der Fortsetzung des EURALIUS V-Projekts, welches eventuell bis Ende 2021 verlängert wird, auch bilateral die Zusammenarbeit mit dem Obersten Gericht zu vertiefen. Daneben sollen die Aktivitäten im Bereich der Vermögensabschöpfung weiter intensiviert und die Aus- und Fortbildung von Juristinnen und Juristen mit der Magistratenschule fortgesetzt werden. Zudem soll die Kooperation mit der Rechtsanwaltskammer um weitere Themen ergänzt werden. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit der albanischen Notarkammer.

Albanien - Jahresbericht 2019

Während des Steering-CommitteeMeetings des EU-Projekts EURALIUS V. Vorne Mitte: EURALIUS V-Teamleiterin Dr. Agnes Bernhard, rechts daneben: Dr. Stephen Stork, EU-Delegation Albanien
Während des Steering-CommitteeMeetings des EU-Projekts EURALIUS V. Vorne Mitte: EURALIUS V-Teamleiterin Dr. Agnes Bernhard, rechts daneben: Dr. Stephen Stork, EU-Delegation Albanien

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Seit Mitte 2014 ist Albanien offiziell Beitrittskandidat der EU. Bereits im April 2018 empfahl die EU-Kommission, Beitrittsverhandlungen mit Albanien aufzunehmen und so die Fortschritte zu würdigen, die bis dahin in vielen Bereichen gemacht worden waren. Dennoch konnte die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen auch im Berichtsjahr noch nicht erfolgen, da nicht alle EU-Mitgliedstaaten diesem Schritt zustimmten. In Albanien ist die Enttäuschung darüber groß, steht doch der Beitritt des Landes (wie auch der Nordmazedoniens) im Mittelpunkt der Westbalkan-Strategie der EU, die im Kern eine engere Anbindung Albaniens an die EU vorsieht, um so zur weiteren Stabilisierung und Aussöhnung der Region beizutragen. Seit Jahren ist Albanien intensiv damit befasst, Reformen – vor allem im Justizbereich – umzusetzen, um das Land näher an eine mögliche EUMitgliedschaft heranzuführen.

Innenpolitisch stand die Regierung unter Ministerpräsident Edi Rama 2019 zudem stark unter Druck. Studentenproteste in der ersten Jahreshälfte forderten u.a. mehr Mitsprache im Universitätsbetrieb, eine Halbierung der Studiengebühren und deutliche Verbesserungen der Wohnsituation. Die Proteste zeigten Wirkung, und die Regierung lenkte zumindest teilweise ein.

Hinzu kam, dass die Opposition Anfang des Jahres 2019 ihre Parlamentsmandate niederlegte, um gegen die aus ihrer Sicht korrupte Regierung, der sie Wahlmanipulation und Verbindungen zum organisierten Verbrechen vorwirft, zu protestieren. Die Blockade hatte teils gewaltsame Ausschreitungen zur Folge, auch kam es seitens der Opposition zu einem Boykott der Kommunalwahlen im Sommer. Die Regierung, die mit absoluter Mehrheit im Parlament regiert, zeigte sich davon unbeeindruckt, zu Neuwahlen des Parlaments kam es nicht.

Die rechtspolitische Situation Albaniens wird zudem dadurch verschärft, dass zentrale Institutionen wie das Verfassungsgericht und das Oberste Gericht derzeit nicht arbeitsfähig sind. Durch das Vetting-Verfahren mit seiner umfassenden Überprüfung des Justizpersonals, insbesondere der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hinsichtlich ihrer fachlichen Eignung, ihrer finanziellen Verhältnisse und ihrer persönlichen Integrität, sind viele Stellen bei den Gerichten vakant und werden nur langsam nachbesetzt.

Konzeption

Die IRZ berät Albanien seit 2000 sowohl in direkter bilateraler Kooperation mit Institutionen wie dem Verfassungsgericht, dem Obersten Gericht und der Magistratenschule als auch im Rahmen EU-finanzierter Projekte. Oftmals konnten durch die bilaterale Zusammenarbeit Teilbereiche, die durch EU-finanzierte Projekte nicht abgedeckt werden konnten, aufgefangen oder weiter vertieft werden.

Leider konnte die IRZ 2019 ihre Zusammenarbeit mit den Hauptpartnern Oberstes Gericht und Verfassungsgericht aufgrund der oben beschriebenen Situation nicht fortsetzen. Gleichwohl bildete das Verfassungsrecht thematisch einen Schwerpunkt der Tätigkeit der IRZ in Albanien. So fanden in den Regionen Albaniens Fortbildungsseminare für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Einführung und Anwendung der Verfassungsbeschwerde statt.

Gleichzeitig wurde die Zusammenarbeit mit der Magistratenschule, der in der momentanen Situation eine zentrale Stellung bei der Aus- und Fortbildung des juristischen Nachwuchses zukommt, deutlich intensiviert. So bot die IRZ gemeinsam mit der Magistratenschule Fortbildungsveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen an.

Darüber hinaus wird im Rahmen eines durch das Auswärtige Amt geförderten Projekts ein elektronischer Kommentar aufgebaut, der allen albanischen Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwendern einen niederschwelligen und kostenlosen Zugriff auf juristische Kommentare ermöglicht. Die Kommentare selbst werden dabei von albanischen Autorinnen und Autoren verfasst und von deutschen Expertinnen und Experten zur Sicherung eines einheitlichen Qualitätsstandards vor der Veröffentlichung überprüft. Dieses Projekt findet in Zusammenarbeit mit dem EURALIUS V-Projekt statt.

Tätigkeitsschwerpunkte 2019

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Fortbildung für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule zum Thema „Verfassungs- vs. Verwaltungsgerichtsbarkeit“ in Tirana
  • Fortbildungen für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskammer zum Thema „Anwendung der Verfassungsbeschwerde“ in Durres und Korca

Öffentliches Recht

  • Seminar zum Verwaltungsrecht in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule in Tirana
  • Seminar zum Asylrecht in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule in Tirana

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Seminar für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Strafprozessordnung mit der Rechtsanwaltskammer in Tirana
  • Seminar zum Thema „Strafrecht und EGMR-Rechtsprechung“ in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule in Tirana

Aus- und Fortbildung

  • Kick-off-Veranstaltung zum E-Kommentar in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule in Tirana
  • Schulung für Autorinnen und Autoren zum Verfassen von E-Kommentaren in Zusammenarbeit mit der Magistratenschule in Tirana

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt

EU-Grant-Projekt: EURALIUS V “Consolidation of the Justice System in Albania“

Seit April 2018 setzt die IRZ federführend das EU-finanzierte EURALIUS VProjekt, welches sich an das von der IRZ erfolgreich umgesetzte EURALIUS IV-Projekt anschließt, um.

EURALIUS V hat ein Gesamtvolumen in Höhe von 7,5 Millionen Euro und eine 36-monatige Laufzeit bis März 2021. Die Konsortialpartner sind identisch zum Vorgängerprojekt, also das “Centre for International Legal Cooperation” (CILC/Niederlande) und die “Agency for Economic Development” (aed/Österreich). Neu hinzu kam der „Consiglio Superiore della Magistratura“ (CSM) aus Italien.

Teamleiterin vor Ort ist abermals Dr. Agnes Bernhard aus Österreich. Während im EURALIUS IV-Projekt die gesetzlichen Grundlagen der laufenden Justizreform erarbeitet wurden, konzentriert sich EURALIUS V intensiv auf die Gesamtkonsolidierung der Reformmaßnahmen. Schwerpunkte hierbei bilden u.a.:

  • Kapazitätsbildungsmaßnahmen für neu errichtete Selbstverwaltungsinstitutionen der Justiz,
  • Strategien zum effektiven Abbau beträchtlicher Fallrückstände am Obersten Gerichtshof,
  • Unterstützung der Sonderstaatsanwaltschaften und der Gerichte für Antikorruption sowie
  • flankierende IT-Maßnahmen für den gesamten Justizsektor.

Insgesamt deckt die EURALIUS V-Projektarbeit laufend mehr als zehn begünstigte Institutionen ab: Das Parlament, das Justizministerium, den Richterrat, den Staatsanwälterat, den Ernennungsrat, das Oberste Gericht, die Magistratenschule sowie die Kammern der freien Berufe sind nur einige davon.

Das Projekt ist insgesamt in fünf Teams organisiert, die jeweils individuelle Institutionen betreuen. Jedes Team wird von ein bis zwei internationalen Expertinnen und Experten geleitet und durch zahlreiche nationale Kolleginnen und Kollegen bereichert. Die Teams haben folgende Zuständigkeiten:

  • Team 1: Parlament und Justizministerium
  • Team 2: Neue Justizbehörden Richter-, Staatsanwälte- und Ernennungsrat sowie Justizinspektorat
  • Team 3: Gerichte und Staatsanwaltschaftsorganisation, Freie Juristische Berufe
  • Team 4: IT im Justizwesen, u.a. mit dem Ziel der Einführung eines einheitlichen Fallverwaltungssystems
  • Team 5: Aus- und Fortbildung von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten

Die folgenden exemplarisch aufgeführten Maßnahmen bilden Schwerpunkte zur Umsetzung der im Rahmen des Vorgängerprojekts EURALIUS IV miterarbeiteten Reformgesetzgebung:

  • Unterstützung bei der Ausarbeitung von Verordnungen, Richtlinien, Erlassen, Handbüchern und Gutachten zu Rechtsfragen
  • Kommentierung von Gesetzentwürfen
  • Entwicklung von IT-Programmen
  • Unterstützung bei der Instandhaltung von IT-Systemen
  • Ausarbeitung von Ausschreibungsunterlagen für ein neues IT-Fallverwaltungssystem
  • Neustrukturierung der Magistratenschule
  • Überarbeitung der Curricula u.v.m.

Erfreulich ist, dass die IRZ die Magistratenschule im Rahmen ihrer bilateralen Arbeit mit Beratungsleistungen zusätzlich unterstützen kann, die vertraglich im Rahmen von EURALIUS V nicht abgedeckt werden.

Das EURALIUS V-Projekt konnte 2019 diverse Ziele erreichen. Zum einen wurden die letzten Gesetze des im Rahmen des Vorgängerprojekts EURALIUS IV miterarbeiteten Reformgesetzespakets verabschiedet. Darüber hinaus wurden der Ernennungsrat und die Sonderstaatsanwaltschaft für Antikorruption errichtet, und es gab Fortschritte bei der Ernennung von Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichtern.

Für das anstehende letzte Projektjahr liegen die Schwerpunkte unter anderem bei der Unterstützung des Verfassungsgerichts sowie des Obersten Gerichtshofs, um deren Funktionsfähigkeit wiederherzustellen. Letzterer wird zudem dabei unterstützt, eine Strategie zum effektiven Abbau der beträchtlichen Fallrückstände zu entwickeln und umzusetzen. Einen weiteren Schwerpunkt wird die Beratung der Sonderstaatsanwaltschaften und Gerichte für Antikorruption bilden. Vor dem Hintergrund der laufenden Vetting-Verfahren und der damit einhergehenden Reduzierung der Anzahl der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte stellen die vorgenannten Maßnahmen eine Herausforderung für das gesamte albanische Justizsystem dar.

Ausblick

Die IRZ wird die bilaterale Zusammenarbeit mit dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht, sobald diese wieder arbeitsfähig sind, nach Möglichkeit 2020 fortsetzen. Für das kommende Jahr hat die IRZ zudem eine deutliche Ausweitung der Aktivitäten mit der Magistratenschule zum Ziel. Geplant ist u.a. der weitere Ausbau des E-Kommentars, der allen Juristinnen und Juristen einen freien Zugang zu aktueller Rechtsprechung sowie Kommentaren zu Gesetzen ermöglichen wird. Darüber hinaus rückt das Thema Vermögensabschöpfung in den Mittelpunkt der Beratungen, erste Kontakte zu den relevanten Institutionen in Albanien sind bereits geknüpft.

Zudem wird sich die IRZ weiterhin intensiv im Rahmen von EURALIUS V in Albanien engagieren.