Screenshot der Website zur öffentlichen Beteiligung bei Gesetzesentwürfen in Kirgisistan
Screenshot der Website zur öffentlichen Beteiligung bei Gesetzesentwürfen in Kirgisistan

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

2010 hat Kirgisistan in seiner Verfassung eine parlamentarische Demokratie etabliert und hierdurch viel Anerkennung erfahren, die dadurch eingeleitete Transformation stellte das Land aber vor viele Herausforderungen. Stabile politische Verhältnisse und ökonomisches Wachstum entwickelten sich nur unzureichend. Im Oktober 2020 lösten Parlamentswahlen Demonstrationen aus, die in gewaltsame Unruhen übergingen. Während der Ausschreitungen wurde das Weiße Haus, Sitz des Parlaments und des Präsidenten, gestürmt. Die Ereignisse überschlugen sich, und in dem daraus entstandenen Machtvakuum wurden inhaftierte Politiker befreit.

Wegen unübersehbarer Wahlfälschungen wurden die Parlamentswahlen für ungültig erklärt.

Daraufhin ließ sich der rechtskräftig verurteilte und befreite Oppositionspolitiker Sadyr Dschaparow handstreichartig zum Premierminister ernennen und übernahm auch kommissarisch das Amt des Staatspräsidenten. Er trat von beiden Ämtern zurück, um für die Präsidentschaftswahlen Anfang 2021 zu kandidieren, aus denen er als Sieger hervorging. Bei dem zeitgleich mit der Wahl stattfindenden Referendum entschieden sich die Wählerinnen und Wähler für ein präsidentielles Regierungssystem – das vor mehr als zehn Jahren abgeschafft worden war. Infolgedessen sind Änderungen der Verfassung und bei der Staatsorganisation zu erwarten.

Konzeption

Die im Herbst mit den politischen Tumulten einhergehenden Vorgänge zeigten, dass die kirgisische Justiz unter starkem politischem Druck fragwürdige rechtliche Legitimierungen verantwortete. So wurden hochrangige Regierungsämter überstürzt neu besetzt. Angesichts dessen sind die auf die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit zielenden Beratungsprojekte der IRZ neu zu justieren. Diese beschränkt sich derzeit auf die Beteiligung an einem umfassenden EU-Grant. Auch wenn es auf Arbeitsebene ganz überwiegend Fortschritte für die IRZ in ihren Komponenten dieses EU-Projekts gab, erzeugten die politischen Verwerfungen große Unsicherheiten bei den Projektpartnern. Diesen muss konstruktiv begegnet werden, um weiterhin im rechtsstaatlichen Sinn beraten zu können.

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt

EU-Grant-Projekt: “The Rule of Law Programme in the Kyrgyz Republic – 2 nd phase (ROLPRO2)

In der seit Mai 2018 laufenden zweiten Phase des Projekts zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit wurden die Zielvorgaben erweitert und decken nun neben einer Verfestigung eines rechtsstaatlich ausgerichteten Justiz- und Gerichtswesens und der Förderung des Gesetzgebungsverfahrens als weiteren Schwerpunkt die Stärkung der Staatsanwaltschaft ab. Das Projekt wird von einem europäisch besetzten Konsortium unter Führung der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) implementiert. Die IRZ ist mit zwei Langzeitexperten beteiligt, die in ihrer Beratungsleistung für das Projekt durch fachlich spezialisierte Kurzzeitexpertinnen und Kurzzeitexperten gezielt ergänzt werden.

Die Projektkomponenten teilen sich auf wie folgt: 

  • Komponente 1: Modernisierung des Gesetzgebungsverfahrens 
  • Komponente 2: Unterstützung der Justiz/des Gerichtssystems 
  • Komponente 3: Unterstützung der Staatsanwaltschaft

IRZ und GIZ sind überwiegend in den ersten beiden Komponenten tätig. Auf dem Gebiet der Gesetzgebung wurde das Internetportal für die öffentliche Beratung von Gesetzentwürfen live geschaltet und vom Justizminister im Rahmen einer Online-Veranstaltung offiziell vorgestellt. Die kirgisischen Gesetzgebungsorgane werden künftig auf dieser Website alle Gesetzentwürfe veröffentlichen, die von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden sowie anderen Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft kommentiert werden können. Da die Beantwortung dieser Kommentare durch die Gesetzgebungsorgane verpflichtend ist, wird das Gesetzgebungsverfahren insgesamt transparenter.

Bei der digitalen Unterstützung des Gesetzgebungsverfahrens, bei der die entwickelte Software Rechtsvorschriften in einer vorgegebenen Form und nach einem bestimmten Aufbau erfasst, wurden ebenfalls Fortschritte erzielt. Jedoch musste eine geplante Studienreise zur Förderung einer Zusammenarbeit mit der EU-Kommission im Rahmen eines ähnlichen europäischen Projekts („Legislation Editing Open Software“) pandemiebedingt verschoben werden.

Im Bereich E-Justice konnte das elektronische Gerichtsinformationssystem „AIS Suda“ an einigen Gerichten der 2. Instanz installiert werden – aufgrund der COVID-19-Pandemie war es leider nicht an allen Gerichten möglich. Nach der landesweiten Einführung auf erstinstanzlicher Ebene wurde „AIS Suda“ 2020 kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert. Die Entwicklung eines E-Learning-Tools für Anwenderinnen und Anwender ist in Planung. Bei der Weiterentwicklung der IT-Schnittstelle zwischen Staatsanwaltschaft und Justiz wurden ebenfalls Fortschritte erzielt. Im Bereich Gerichtsverwaltung wird ein Entwurf für ein neues Geschäftsprüfungsmodell an Gerichten („Court Audit“) derzeit durch den Richterrat erörtert.

Die genannten Arbeitsergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Effektivität in der Justizverwaltung, Schaffung von Transparenz und Glaubwürdigkeit der Justiz.

Ausblick

Die IRZ wird das EU-Projekt in Absprache mit den Projektpartnern und auf Basis der bislang erreichten Resultate fortführen. Besonderes Augenmerk wird sie auf nutzerfreundliche Instrumente und deren sachgerechte Anwendung legen.