Fortbildung zur Geschäftsprüfung an kirgisischen Gerichten in Bischkek im Oktober 2021 mit dem von der IRZ entsandten Langzeitexperten Christoph Kopecky (2.v.l.); rechts daneben die Referentinnen Elmira Baitikova, Direktorin der Justizakademie und Anarchan Bazaralieva, Richterin und Vizevorsitzende des Obersten Gerichts i.R.
Fortbildung zur Geschäftsprüfung an kirgisischen Gerichten in Bischkek im Oktober 2021 mit dem von der IRZ entsandten Langzeitexperten Christoph Kopecky (2.v.l.); rechts daneben die Referentinnen Elmira Baitikova, Direktorin der Justizakademie und Anarchan Bazaralieva, Richterin und Vizevorsitzende des Obersten Gerichts i.R.

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Infolge des gewaltsamen Machtwechsels im Oktober 2020 hatte der Oppositionspolitiker Sadyr Dschaparow vorübergehend die Geschäfte des Präsidenten und des Premierministers übernommen. Im Januar 2021 fanden dann Präsidentschaftswahlen statt, aus denen Sadyr Dschaparow als Sieger hervorging; die Wahlbeteiligung lag bei 33 %.

Eines der zentralen Vorhaben der neuen Führung war die Änderung der Verfassung, die im April durch ein Referendum (bei einer Beteiligung von ca. 39 %) mit 81 % angenommen wurde. Die Neuerungen räumen dem Präsidenten erweiterte Befugnisse für die Besetzung von Ämtern in der Regierung und in der Justiz ein und schwächen das Parlament. Ein Ausfluss dieser neuen Machtverteilung war die Regierungsumbildung im Oktober, als der Präsident die Regierung entließ und das Parlament am nächsten Tag die neu ernannte Regierung bestätigt.

Konzeption

Die IRZ ist als Juniorpartner am EU-Projekt „Rule of Law in the Kyrgyz Republic“ beteiligt. Die politischen Umwälzungen wirken sich teilweise auf die Projektaktivitäten aus. Die Stellung der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden wird stärker ausgebaut, was zu erhöhter Kontrolle in allen Bereichen führt.

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt

EU-Grant-Projekt: “The Rule of Law Programme in the Kyrgyz Republic – 2 nd phase (ROLPRO2)

Das Projekt zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit in Kirgisistan mit einer Laufzeit bis 2022 befindet sich seit Mai 2018 in seiner zweiten Phase. Die IRZ beteiligt sich neben mehreren Konsortialpartnern unter Führung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) mit zwei Langzeitexperten am Projekt, die von Kurzzeitexpertinnen und Kurzzeitexperten fachlich unterstützt werden.

Die Konsortialpartner teilen sich die umfangreichen Aufgabengebiete in den Komponenten auf, wobei die deutschen Organisationen GIZ und IRZ Schwerpunktaufgaben in den ersten beiden Komponenten übernehmen:

  • Komponente 1: Modernisierung des Gesetzgebungsverfahrens 
  • Komponente 2: Unterstützung der Justiz/des Gerichtssystems 
  • Komponente 3: Unterstützung der Staatsanwaltschaft

In der Komponente „Gerichtsverwaltung/Gerichtssystem“ wurde neben der Richterbeurteilung und dem Handbuch für Gerichtspräsidenten mit dem Thema Geschäftsprüfung („Court Audit“) an den Gerichten ein wichtiger Meilenstein erreicht. Ende 2020 nahm der Richterrat erfreulicherweise die Einführung eines neuen Geschäftsprüfungsmodells an und 2021 wurde ein neues Schulungsmodell für Auditoren mit Beteiligung des Projekts erarbeitet. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Kirgisistan kein vergleichbares Instrument, bei dem ein kirgisisches Gericht regelmäßig einer standardisierten Detailprüfung zu Fragen der Verwaltung, Infrastruktur und Rechtsprechung unterzogen wurde. Neben dem Obersten Gericht kommt nach dem neuen Modell den zweitinstanzlichen Gerichten eine wesentliche Rolle bei der Geschäftsprüfung zu. Bei den ersten Schulungen hierzu im Herbst in Bischkek und Osch zeigten die Teilnehmenden eine große Resonanz. Die ersten Geschäftsprüfungen sind geplant; eine landesweite Implementierung ist vorgesehen.

In der Komponente „e-Justice“ wurden ebenfalls wichtige Fortschritte erzielt, indem das IT-Audit des gerichtsinternen elektronischen Akten- und Informationssystems „AIS Suda“ abgeschlossen wurde. Die Installation von „AIS Suda“ an weiteren Gerichten der zweiten Instanz, die sich pandemiebedingt verzögerte, ist geplant. Die kirgisische Justiz plant die eigenverantwortliche Weiterentwicklung und Optimierung des Systems inklusive Ausbau der IT-Schnittstellen mit anderen IT-Systemen inner- und außerhalb der Justiz. Dabei wird das Projekt Unterstützung leisten.

In der Komponente „Gesetzgebung“ wurden die laufenden Vorhaben weiter ausgebaut. So wurden die Gesetzesdatenbank und die Datenbank für das Monitoring von Gesetzesimplementierungen für das Justizministerium weiterentwickelt. Auch die digitale Unterstützung des Gesetzgebungsverfahrens wurde ausgeweitet. Mit projektseitiger Unterstützung führte das Justizministerium Schulungen zum Gesetzgebungsverfahren, fokussiert auf neue Staatsbedienstete, durch. So fand z. B. für Beamtinnen und Beamte des Justizministeriums eine Sommerschule am Issyk-kul zur Erstellung von Gesetzentwürfen statt. Ebenso wurden weitere Schulungen für die neue einheitliche Website des Justizministeriums durchgeführt, auf der Bürge- rinnen und Bürger, Verbände und weitere Vertreter der Zivilgesellschaft Gesetzesentwürfe kommentieren und Vorschläge unterbreiten können. In Verbindung mit einer App für mobile Endgeräte rechnet man mit einer größeren Beteiligung, verstärkter Transparenz und mehr Kommentaren zu Gesetzentwürfen.

Ausblick

Bis zum Abschluss des EU-Projekts im Oktober 2022 sollen die genannten Komponenten kontinuierlich weiterentwickelt und erfolgreich abgeschlossen werden. Dabei wird angestrebt, die Kompetenz der kirgisischen Partner auszubauen und die Kapazitäten zu professionalisieren.