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- Veröffentlicht: Mittwoch, 01. Juli 2020
Russische Föderation - Jahresbericht 2019

Strategische Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Ausgangslage
Nach wie vor überschattet der Konflikt zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und der EU. Beim Normandie-Gipfel im Dezember 2019 wurde mit Hilfe deutsch-französischer Vermittlung ein Waffenstillstand in der Ostukraine bis Ende des Jahres vereinbart. Damit unternahmen Russland und Ukraine zumindest einen Versuch, wieder aufeinander zuzugehen.
Auch innenpolitisch war das Jahr 2019 für Russland von Konflikten und Widerstand geprägt. So fanden Protestwellen im Hinblick auf die Verhaftungen bei Demonstrationen statt. Des Weiteren ging es bei den Protesten um den Ausschluss unabhängiger Kandidatinnen und Kandidaten bei den Regionalparlamentswahlen, falsche Beschuldigungen gegen Journalistinnen und Journalisten durch die Polizei sowie um neue gesetzliche Vorschriften wie z.B. das Internet-Gesetz, die Ausweitung des Begriffs „ausländischer Agent“ oder die Rentenreform.
Ungeachtet dieser schwierigen politischen Lage und diplomatischen Herausforderungen, die noch bewältigt werden müssen, ist Russland für Deutschland weiterhin ein wichtiger Partner. Daher ist es von Bedeutung, den fachlichen Dialog auf der Arbeitsebene weiter aufrechtzuerhalten und auf den allmählichen Wiederaufbau des gegenseitigen Vertrauens zu hoffen.
Konzeption
In der Zusammenarbeit der IRZ mit den russischen Partnern ist es wichtig, auf einen partnerschaftlichen Austausch von Sachkenntnissen und Erfahrungen und nicht auf einseitige Beratungen zu setzen. Mit diesem Ziel liegt der Schwerpunkt, wie auch in den Jahren davor, auf dem Zivil- und Wirtschaftsrecht, insbesondere im Bereich des geistigen Eigentums. Weitere wichtige Themen sind die kommunale Selbstverwaltung, das Medizinrecht sowie umfangreiche Aspekte des Berufsrechts, insbesondere betreffend Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare sowie Patentanwältinnen und Patentanwälte.
Weiterhin wichtig bleibt die Zusammenarbeit mit dem juristischen Nachwuchs im Rahmen der Kooperation mit den Rechtsakademien des Justizministeriums und der Hochschule für Privatrecht beim Präsidenten der Russischen Föderation. Im Berichtsjahr konnte die IRZ neben Seminaren und Runden Tischen erneut den Sprachkurs „Übersetzung deutscher Rechtstexte“ anbieten und den Studierenden Zugang zu deutscher Rechtsliteratur ermöglichen.
Die Kooperation mit der Russischen Föderation erfolgt zum Teil im Rahmen der vom Auswärtigen Amt getragenen Initiative zur Rechtszusammenarbeit.
Tätigkeitsschwerpunkte 2019
Zivil- und Wirtschaftsrecht
- Vortragsveranstaltung mit Diskussion zum Thema „Außergerichtliche und gerichtliche Mediation“ im Rahmen der 16. Deutschen Woche 2019 in St. Petersburg
- Konferenz „Aktuelle Probleme der rechtlichen Regulierung im Medizinrecht: Probleme der Theorie und Praxis“ in Ischewsk
- Internationale Konferenz für den juristischen Nachwuchs zum Medizinrecht in Moskau
- Teilnahme von Vertreterinnen der IRZ am IX. St. Petersburg International Legal Forum und deutsche Expertenbeteiligung am Runden Tisch „Right on Information Distribution: Public vs. Private“ in St. Petersburg
- Russisch-deutscher Workshop „Gerichtlicher Schutz sozialer Rechte“ in St. Petersburg
- Wissenschaftlich-praktische Konferenz „Ost-West: Partnerschaft im Gerichtssachverständigenwesen. Bessere Sachverständigenwesen. Bessere Sachverständigenuntersuchungen als Schutzfaktor des geistigen Eigentums“ in Moskau
- Studienreise zum Thema Medizinrecht nach Marburg und Bonn
- 15. Internationale Konferenz „Derzhavin-Lesungen“ in Kazan und Teilnahme einer deutschen Expertin und eines deutschen Experten an Runden Tischen „Medizinrecht in Russland und im Ausland: moderne Methodologie der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Mechanismen“ und „Verfassungsversorgung der Entwicklung von der Zivilgesellschaft und den internationalen Integrationsprozessen
- Studienreise für Patentanwältinnen und Patentanwälte zum Thema „Sachverständigenwesen in Deutschland“ nach München
- Beck-online-Zugang für Angehörige der Russischen Hochschule für Privatrecht beim Präsidenten der Russischen Föderation in Moskau
Öffentliches Recht
- Nordkaukasisches Forum „Öffentliche Verwaltung und die Zivilgesellschaft“ in Pyatigorsk
- Studienreise für Studierende des Master-Studiengangs des Instituts für Humanwissenschaften der RANEPA „Projektmanagement in der Raumentwicklung und Raumplanung“ nach Nordrhein-Westfalen und Hessen
- Runder Tisch „Stadt entwickeln und Kulturerbe erhalten. Erfahrung Russlands und Europas. Recht und Praxis“ beim ersten russischen Festival der lokalen Kulturmarken „Lebendiges Erbe“ in Moskau
- Studienreise von russischen Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Selbstverwaltung zum Thema „Identität und Mobilität – der rechtliche Rahmen der Bewahrung und Modernisierung des kulturellen Erbes im Wandel der Zeit“ nach Aachen, Trier, Koblenz, Mainz und Frankfurt
Rechtspflege
- Unterstützung des 4. Internationalen Anwaltsforums in Berlin
- Beteiligung an der X. Internationalen Konferenz zur Zwangsvollstreckung in Moskau
- 5. Deutsch-russisches Anwaltsforum „Deutsch-russische grenzüberschreitende Familienstreitigkeiten“ in Hamburg
- Deutsch-russisches Seminar zur Zwangsvollstreckung in Berlin
Straf- und Strafvollzugsrecht
- Beteiligung am IV. Internationalen Strafvollzugsforum „Verbrechen, Strafe, Besserung“ in Ryazan
Aus- und Fortbildung
- Sprachkurs „Übersetzung deutscher Rechtstexte“ für russische Juristinnen und Juristen an der Hochschule für Privatrecht in Moskau
- Beteiligung von russischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der neunten „IRZ-Sommerschule Deutsches Recht“ in Bonn
- Teilnahme von drei russischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten am Hospitationsprogramm für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
- Teilnahme von zwei russischen Notarinnen am Hospitationsprogramm für Notarinnen und Notare
Ausblick
Die Entwicklung der politischen Lage bleibt weiter abzuwarten. Die IRZ beabsichtigt dennoch, auch 2020 mit der Russischen Föderation weiterhin bilateral und im Rahmen der Projektförderung auf der Arbeitsebene zu kooperieren. Wichtige Rechtsgebiete für die Zusammenarbeit bleiben dabei das Zivil- und Wirtschaftsrecht, das Anwaltsrecht und das Notarrecht. Außerdem wird es weiter darum gehen, die Effektivität der Zwangsvollstreckung zu steigern und die kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in anderen Rechtsbereichen wird die IRZ ebenfalls fortsetzen.