Während des Runden Tisches: Ludmila Novoselova (ganz links), Präsidentin des IP-Courts der Russischen Föderation; Karin Friehe (Mitte), Vorsitzende Richterin am BPatG; Matthias Schmid (rechts daneben), Referatsleiter im BMJV Russische Föderation
Die IRZ war wie in den Vorjahren auch beim IX. Legal Forum in St. Petersburg vertreten, das vom 14. bis zum 18. Mai 2019 stattfand. An der Veranstaltung nahmen ca. 5.000 Vertreterinnen und Vertreter aus 95 Ländern, u.a. aus Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Schweden, Spanien und Portugal teil.
Folgende internationale Organisationen waren am IX. Legal Forum beteiligt:
die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL),
der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen,
die Welthandelsorganisation (WTO),
der Europarat sowie
die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.
Das Legal Forum beschäftigte sich auch in diesem Jahr mit der Frage, wie die Globalisierung der Wirtschaft und die Modernisierung des Rechts in Einklang miteinander gebracht werden können. Dabei ging es insbesondere darum, einheitliche rechtliche Lösungen für die durch die Globalisierung auftretenden Probleme zu finden. In diesem Themenkomplex stand die Entwicklung einer modernen Rechtswissenschaft und Justizausbildung in der Russischen Föderation aber auch in anderen Ländern im Fokus der Veranstaltungen. Ein wichtiges weiteres Thema war die Modernisierung des russischen Rechts und dessen Angleichung an weltweite Rechtsschutzstandards mit dem Ziel, die beste Rechtsanwendung ausländischer Gesetzgebungen zu berücksichtigen und dabei die Interessen aller Subjekte eines Rechtsverhältnisses zu wahren, also z.B. die Interessen von Unternehmen, ausländischen Investoren oder auch Urheberinnen und Urhebern.
Diese und weitere aktuelle Rechtsfragen wurden in den mehr als siebzig Einzelveranstaltungen thematisiert.
Für die IRZ beteiligten sich Karin Friehe, Vorsitzende Richterin am Bundespatentgericht, und Matthias Schmid, Referatsleiter im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, an einem runden Tisch zum Thema „Right on information distribution: public vs. private“. Bei dieser Veranstaltung wurden die Probleme der Integration von Digitaltechnologien in verschiedenen Bereichen des menschlichen Lebens aus rechtlicher Sicht besprochen, insbesondere der Umgang von Software-Unternehmen und Anbietern sozialer Netzwerke mit den Nutzerdaten. Es wurde diskutiert, unter welchen Bedingungen Unternehmen Nutzerdaten für ihre Produkte verwenden dürfen, wem diese Informationen gehören und ob diese Nutzerdaten dem geistigen Eigentum unterfallen. Außerdem wurde dargestellt, wie Benutzerinnen und Benutzer von Internetanwendungen ihre Personalangaben schützen können. Während der Diskussion tauschten Vertreterinnen und Vertreter russischer und ausländischer Gerichte, russischer Ministerien und Unternehmen der Informationstechnologie ihre Ansichten aus und versuchten, eine gemeinsame Position zu diesem Schlüsselthema zu finden.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz mit den deutschen Experten Markus Schlüter (3.v.r.) und Dirk Benkendorff (links daneben)
Auch in diesem Jahr setzte die IRZ die Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Partner, der Rechtsakademie des Justizministeriums der Russischen Föderation, fort. In diesem Rahmen fand am 18. April 2019 in Ischewsk die internationale wissenschaftlich-praktische Konferenz mit dem Thema „Aktuelle Regelungsprobleme der medizinischen Versorgung: Theorie und Praxis“ statt.
Die Konferenz richtete sich an folgende Zielgruppen:
Vertreterinnen und Vertreter des Gesundheitsministeriums der Republik Udmurtien,
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizministeriums der russischen Föderation
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filiale Ischewsk der Rechtsakademie sowie
Chefärztinnen und Chefärzte.
Auf deutscher Seite referierten Markus Schlüter, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Dresden, und Ministerialrat Dirk Benkendorff, Referatsleiter „Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz“ im Sächsischen Staatsministerium des Innern. Markus Schlüter widmete sich der zivilrechtlichen Seite des Themas und referierte zum Thema „Ärzte vor Gericht – aktuelle Fragestellungen der zivilrechtlichen Arzthaftung in Deutschland“. Den strafrechtlichen Teil der Arzthaftung erläuterte Dirk Benkendorff in seinem Vortrag „Arztstrafrecht und Rettungsdienst in Deutschland“.
Die Konferenz war von einem regen Austausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geprägt. Die russischen Medizinerinnen und Mediziner waren an der Auslegung juristischer Begriffe sowie an Fortbildungen im juristischen Bereich sehr interessiert. Dass die Rechtsakademie in Ischewsk eine Zusatzqualifikation für Ärztinnen und Ärzte im Bereich des Arzthaftungsrechts anbietet, war für die deutschen Experten interessant. Zurück in Deutschland wollen sie überprüfen, ob auch im Freistaat Sachsen ein Bedarf an juristischen Fortbildungen für Notärztinnen und Notärzte besteht und wie man diese ggf. realisieren könnte. Darüber hinaus stellte die russische Seite in Aussicht, dass einige Anregungen aus Vorträgen der deutschen Experten in anstehende Gesetzgebungsvorhaben eingebracht werden sollen.
Austausch mit Vertretern der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer: Sabir Kekhlerov (Kopfseite, Mitte), Berater des Generalstaatsanwalts, Stellvertreter des Generalstaatsanwalts der RF a.D. und Mitglied des Rates beim Präsidenten der Russischen Föderation für Kodifizierung und Vervollkommnung der zivilrechtlichen Gesetzgebung Russische Föderation
Die IRZ führte in der Zeit vom 5. bis 7. Dezember 2018 eine Studienreise für eine hochrangige Delegation aus der Russischen Föderation (RF) nach Hamburg durch. Auf der russischen Seite wurde der Besuch von der Assoziation der Juristen der RF organisiert, die hochrangige Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Organisationen und Behörden der RF einluden, um sich mit deutschen Kolleginnen und Kollegen zu den Themen Insolvenz von juristischen Personen, Steuerrecht und geistiges Eigentum auszutauschen. Der Delegationsleiter war Sabir Kekhlerov, Berater des Generalstaatsanwalts, Stellvertreter des Generalstaatsanwalts der RF a.D. und Mitglied des Rates beim Präsidenten der Russischen Föderation für Kodifizierung und Vervollkommnung der zivilrechtlichen Gesetzgebung.
Als Auftakttermin wurde die Delegation im Hamburger Rathaus von Finanzsenator Dr. Andreas Dressel begrüßt. Anschließend erläuterten die deutschen Referenten die Themenblöcke „Steuerliche Aspekte in Regelinsolvenzverfahren“ und „Korruptionsbekämpfung“:
Melf Christian Volquardsen, Abteilungsleiter Abgabenordnung, Erhebung;
Michael Jahn, Referent Erhebung und Vollstreckung sowie
Hans Randl, stellvertretender Amtsleiter, Hamburgweite Dienste und Organisation.
Im Rahmen dieses Termins nahmen außerdem zwei Vertreter des Föderalen Steuerdienstes der RF die Gelegenheit wahr, Präsentationen zum Umgang mit Steuerschulden und zu den neuesten Entwicklungen in der Steuerverwaltung in der RF zu halten.
Im Landgericht Hamburg wurde die Gruppe durch dessen Präsidenten, Dr. Marc Tully, begrüßt, der nach einem Überblick über die Aufgaben des Landgerichts gemeinsam mit Heike Hummelmeier, Vorsitzende Richterin am Landgericht, und Malte Hansen, Vorsitzender Richter am Landgericht, u.a. die Möglichkeit erörterte, dass internationale Wirtschaftsstrafsachen am Landgericht Hamburg auch auf Englisch verhandelt werden könnten.
Dr. Holger Schatz, Amtsleiter für Justizvollzug und Recht, begrüßte die Delegation in der Justizbehörde Hamburg. Im Anschluss führten Richter am Amtsgericht Dr. Axel Herchen, Leiter des Insolvenzgerichts Hamburg, und Dieter Gerichhausen, Rechtspfleger und Dezernatsgeschäftsleiter des Insolvenzgerichts, durch das Fachgespräch zu ausgewählten Fragen zum Insolvenzrecht mit den Delegationsmitgliedern.
Beim Treffen in der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von deren Präsidenten, Dr. Christian Lemke, begrüßt. Nach dem Überblick über die Aufgaben der Kammer, konnten sich die Delegationsmitglieder mit den anwesenden Vortragenden, Rechtsanwältin Tatjana Baki, Rechtsanwalt Dr. Rolf-Eckart Schultz-Süchting und Rechtsanwalt Dr. Thorsten Klinger, auch zu den Themen Juristenausbildung in Deutschland und geistiges Eigentum austauschen.
Nach der Begrüßung durch Generalstaatsanwalt Dr. Jörg Fröhlich und einem Überblick über die Arbeitsweise der Staatsanwaltschaften in Hamburg, hielten Staatsanwalt John Oliver Strutz und Regierungsdirektor Alfred Knütter einen Vortrag zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen juristische Personen im Zuge von Insolvenzverfahren.
Im letzten Besuchstermin mit dem Gerichtsvollzieherverband Hamburg e.V. tauschten sich die russischen Gäste mit Obergerichtsvollzieher Jonny Krautwurst, Vorsitzender des Verbandes, und dessen Kollegen Wilkowsky, Geschäftsführer des Gerichtsvollzieherverbandes, zum Tätigkeitsprofil des Gerichtsvollziehers aus.
Die Delegationsmitglieder zeigten ein großes Interesse an den Ausführungen und dem Austausch mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen, was sich auch in den vielen Fragen widerspiegelte, die sie den deutschen Partnern stellten.
Der erfolgreiche deutsch-russische Dialog soll auch weiterhin in diesem Format fortgesetzt werden.