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- Veröffentlicht: Donnerstag, 01. Juni 2017
Türkei - Jahresbericht 2016
Strategische Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Ausgangslage
Seit der Aufnahme der Beziehungen mit der Türkei 2007 konnte zunächst über mehrere Jahre hinweg eine fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut und in Folge intensiviert werden. Bis 2013 wurden auf dieser Grundlage vielfältige Maßnahmen durchgeführt, sei es im Rahmen von Twinning-Projekten, im Zusammenhang mit der türkischen Justizreformstrategie des Jahres 2009, der Fortsetzung und Intensivierung der EU-Beitrittsverhandlungen durch Eröffnung zahlreicher Beitrittskapitel oder aber im Rahmen verschiedener Studienreisen türkischer Partner nach Deutschland.
Ab 2013 änderten sich, bedingt durch politische Turbulenzen in der Türkei, die durch die Kontroverse im Zusammenhang mit den Gezi-Park-Protesten ausgelöst worden waren, die Parameter der Zusammenarbeit mit bis heute spürbaren Konsequenzen. Diese Schwächung der Zusammenarbeit setzte sich auch 2014 fort und führte dazu, dass das Jahr 2015 im Wesentlichen davon geprägt war, bereits laufende Projekte zum Abschluss zu bringen und mit häufig wechselnden Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern Eckwerte für die weitere Kooperation zu eruieren.
Auch die 2015 durchgeführten türkischen Parlamentswahlen mitsamt ihrer kurz darauf erfolgten Wiederholung blieben nicht ohne Auswirkung auf die Zusammenarbeit, da mit ihnen weitere zahlreiche Wechsel von bisherigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in den türkischen Institutionen einhergingen. Gegen Ende 2015 war, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise, eine Aufwertung der Beziehungen mit der Türkei sowohl seitens der Bundesregierung als auch durch Aktivitäten der EU und des Europäischen Rats zu verzeichnen. Nichtsdestotrotz wurde im EU-Fortschrittsbericht 2015 deutliche Kritik mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung geäußert. Der Bericht bemängelt neben dem hohen politischen Druck auf Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zahlreiche weitere rechtliche und rechtspolitische Defizite. Vor diesem Hintergrund wurden zwar Anfang 2016 die Kooperationsmaßnahmen seitens der IRZ zunächst fortgeführt. Im weiteren Verlauf des Berichtsjahres spitzte sich die politische Situation in der Türkei jedoch so zu, dass die Zusammenarbeit zum Erliegen kam.
Konzeption
Nachdem schon 2015 die Zusammenarbeit im Wesentlichen auf den Abschluss bereits laufender Projekte konzentriert werden musste und sich die politische Situation im Vergleich zu den Vorjahren noch deutlich verschlechterte, konnten in der ersten Jahreshälfte 2016 lediglich drei Maßnahmen realisiert werden. Diese betrafen strafrechtliche Fachthemen (Cyberkriminalität), aber auch prozessuale Themenbereiche wie die Einführung von Berufungsgerichten sowie Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren. Mehrere weitere bereits geplante und in Vorbereitung befindliche Kooperationsprojekte wurden im Laufe der politischen Ereignisse seit dem Sommer 2016 seitens der türkischen Partner suspendiert.
Zwischenzeitlich ist sowohl bundespolitisch als auch auf europäischer Ebene die Situation von Überlegungen geprägt, in welchem Umfang eine weitere fachliche Zusammenarbeit und Unterstützung bei einer möglichen Fortsetzung von Reformprozessen geleistet werden kann. Die IRZ wird die politische Situation aufmerksam verfolgen und prüfen, ob und inwieweit die Kooperation im Jahr 2017 wieder aufgenommen werden kann.
Tätigkeitsschwerpunkte 2016
Rechtspflege
- Symposium zur Errichtung von Berufungsgerichten in Antalya
Strafrecht und Strafvollzugsrecht
- Arbeitsbesuch einer Delegation der Generalstaatsanwaltschaft am Kassationshof zum Thema „Cyberkriminalität“ in Berlin
- Workshop „Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren“ mit der Universität Istanbul und der Justizakademie im Rahmen der
- 11. Strafrechtstage 2016 in Istanbul
Ausblick
Die Zusammenarbeit mit den türkischen Partnerinstitutionen 2017 wird abhängig sein von politischen Entwicklungen innerhalb der Türkei, aber auch vom Umfang der Zusammenarbeit auf bundesdeutscher sowie europäischer Ebene.
Laden Sie hier den gesamten Jahresbericht der IRZ im PDF-Format herunter: Jahresbericht 2016.