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- Veröffentlicht: Montag, 04. September 2023
Türkei - Jahresbericht 2022
Strategische Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Ausgangslage
Deutschland und die Türkei verbinden äußerst vielfältige und enge Beziehungen. Aufgrund verschiedener innenpolitischer Entwicklungen seit 2013 ist eine Zusammenarbeit mit dem Land auf dem Gebiet des Rechts jedoch nach wie vor nur eingeschränkt möglich. So wurden durch die Verfassungsänderung von 2018 die Kompetenzen des Staatspräsidenten erheblich erweitert. Der Türkei-Bericht der Europäischen Kommission für das Jahr 2021 spricht von einer Bündelung der Befugnisse aufseiten der Exekutive ohne die Gewährleistung einer wirksamen Gewaltenteilung.[1] Auch die seit 2016 beobachteten Rückschritte im türkischen Justizsystem setzen sich laut Europäischer Kommission fort. So wird von einem systembedingten Mangel an Unabhängigkeit der Justiz sowie deutlichem politischem Druck auf die Richter- und Staatsanwaltschaft gesprochen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Massenentlassungen im Justizwesen durch die Regierung, was die Rechtsstaatlichkeit weiter aushöhlt und die Unparteilichkeit der Justiz in der Türkei infrage stellt.[2]
Die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei sind ins Stocken geraten, auch wenn vertragliche Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei bereits seit vielen Jahrzehnten bestehen.[3] Nichtsdestotrotz hat die Türkei ein großes wirtschaftliches sowie politisches Gewicht und ist von zentraler Bedeutung für die Stabilität in der europäischen Nachbarschaft.
Zudem spielt das Land eine wichtige Rolle im interkulturellen Dialog zwischen Europa und den Nachbarstaaten im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika. Nicht zuletzt unterstreicht die Zusammenarbeit im Zuge des EU-Türkei-Migrationspakts, welch wichtiger Partner die Türkei für die Europäische Union ist. Aufgrund der engen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei hat Deutschland ein besonderes Interesse an einer weiteren Heranführung an die Europäische Union.[4]
Die nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind für das Jahr 2023 angesetzt.
Konzeption
Zwischen 2007 und 2013 kooperierte die IRZ mit ihren türkischen Partnern in vielfältigen Maßnahmen. Die Zusammenarbeit umfasste insbesondere Twinning-Projekte und Beratungen im Zusammenhang mit der türkischen Justizreformstrategie des Jahres 2009. Aufgrund der innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei ruhte die Zusammenarbeit, bis die IRZ die Kooperation 2019 im Rahmen eines von der Europäischen Union finanzierten Projekts mit dem türkischen Justizministerium wiederaufgenommen hat. Vor dem oben dargestellten Hintergrund konnte die Zusammenarbeit mit der Türkei im Berichtsjahr nicht fortgeführt werden.
Ausblick
Inwiefern eine Zusammenarbeit im Jahr 2023 möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
Den gesamten Jahresbericht 2022 finden Sie auf unserer Website unter Mediathek – Jahresberichte.
[1] Europäische Kommission: Wichtigste Ergebnisse des Türkei-Berichts 2021:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/QANDA_21_5282
[2] Europäisches Parlament: Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Bericht 2021 der Kommission über die Türkei: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2022-0149_DE.html (Abruf: 31. Januar 2023).
[3] Vgl. Landeszentrale für politische Bildung, Baden-Württemberg: EU-Beitritt Türkei, Entwicklung im Beitrittsprozess – aktueller Stand:
[4] Deutsche Botschaft in der Türkei, EU-Erweiterung: Türkei:
https://tuerkei.diplo.de/tr-de/themen/politik/-/1670418 (Abruf: 23. Februar 2023).