Multilaterale Fortbildung für das Hohe Antikorruptionsgericht

Ukraine

Für die Richterinnen und Richter des Hohen Antikorruptionsgerichts der Ukraine führte die IRZ gemeinsam mit der Nationalen Richterschule der Ukraine vom 20. bis 23. März 2023 eine Fortbildungsveranstaltung durch, eine weitere wird am 3. April 2023 folgen.

Das Thema Geldwäschebekämpfung stand im Mittelpunkt der – für die Richterschaft der Ukraine gesetzlich vorgeschriebenen – Fortbildung. Walter Selter, Generalstaatsanwalt a.D., erörterte als Experte der IRZ die Definition, Erscheinungsformen, gesetzliche Regelungen und Internationalität der Geldwäsche.

Insgesamt 38 Richterinnen und Richter des Hohen Antikorruptionsgerichts und der Berufungskammer des Hohen Antikorruptionsgerichts nahmen an der Fortbildung teil.

Das Phänomen Korruption untergräbt Rechtsstaatlichkeit sowie marktwirtschaftliche Strukturen und ist somit ein großes Investitionshemmnis. Deshalb steht das Thema Korruptionsbekämpfung auch im Rahmen der Arbeit der IRZ besonders im Fokus, zumal die Empfehlungen der EU-Kommission zum Beitrittskandidatenstatus der Ukraine diese Punkte benennen.

Die IRZ wird die Zusammenarbeit mit der Ukraine auch auf diesem Themengebiet fortsetzen.

Reform des ukrainischen Insolvenzrechts

Prof. Dr. Madaus und Dr. Ɖurić im Insolvenzrechts-Fachgespräch mit dem Stellvertretendem Justizminister der Ukraine, Banchuk, und der Stellvertretenden Justizministerin der Ukraine, Kolomiets.
Ukraine

Die Ukraine setzt ihre rechtsstaatlichen Reformen trotz des gegen sie geführten Kriegs unablässig fort, auch im Bereich des Insolvenzrechts. Das Insolvenzrecht spielt mittel- bis langfristig für die Ukraine hinsichtlich des Wiederaufbaus und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes eine bedeutende Rolle. Auf Anfrage des Justizministeriums der Ukraine ist die IRZ in die Beratungen zur Insolvenzrechtsreform eingestiegen und organisierte dazu am 9. März 2023 ein erstes Online-Fachgespräch mit dem Justizministerium der Ukraine.

Als Experten wirkten Prof. Dr. Stephan Madaus, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozess- und Insolvenzrecht sowie Dr. Ɖuro Ɖurić, Gastwissenschaftler am dortigen Lehrstuhl mit.

Schwerpunkt des Fachgesprächs waren Zweck und Kernpunkte der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren.

Es wurde die Anwendung dieser EU-Richtlinie in Deutschland besprochen und diskutiert, inwiefern das derzeitige ukrainische Insolvenzrecht mit dieser Richtlinie übereinstimmt und an welchen Stellen Änderungen vorzunehmen sind.

Im Juni 2022 erhielt die Ukraine den EU-Beitrittskandidatenstatus. Seitdem steht die EU-Rechtsharmonisierung noch mehr im Fokus der ukrainischen Reformbestrebungen. Entsprechend hochrangig besetzt nahmen seitens des Justizministeriums der Ukraine der Stellvertretende Justizminister Oleksandr Banchuk und die Stellvertretende Justizministerin Valeria Kolomiets an dem Fachgespräch teil.

Die IRZ wird die Reform des ukrainischen Insolvenzrechts weiterhin beratend begleiten. Geplant sind unter anderem Fachgespräche und die Erstellung von schriftlichen Gutachten.

Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Fokus

Fachgespräche am 3. und 4. November 2022 mit dem Verfassungsgericht der Ukraine
Ukraine

Die IRZ setzte die bewährte Tradition der deutsch-ukrainischen verfassungsrechtlichen Fachgespräche am 3. und 4. November 2022 mit dem Verfassungsgericht der Ukraine online fort. Bereits im Juni 2022 hatte sich die IRZ an einer multilateralen Online-Fachtagung des Verfassungsgerichts der Ukraine beteiligt.

Die aktuellen Fachgespräche führten auf deutscher Seite die Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. Prof. Dr. Reinhard Gaier und Prof. Dr. Udo Steiner – beide seit vielen Jahren für die Ukraine im Einsatz. Seitens des Verfassungsgerichts der Ukraine wirkte während der gesamten zweitägigen Tagung der amtierende Vorsitzende des Gerichts, Vizepräsident Prof. Serhiy Holovaty mit sowie zahlreiche weitere Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter der Ukraine.

Auch die Verwaltungsleitung sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter des Gerichtsapparats nahmen teil.

Zunächst berichtete Prof. Holovaty über die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung unter den Bedingungen des Krieges. Sodann wurden die Möglichkeiten der Vollstreckung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen sowie die Frage der disziplinarrechtlichen Verantwortung von Verfassungsrichtern erörtert. Nach einleitenden Vorträgen zur Thematik durch Verfassungsrichter Prof. Oleh Pervomaiskyi und Verfassungsrichterin Dr. Halyna Jurov’ska (zur Vollstreckung) sowie durch Herrn Prof. Verfassungsrichter Prof. Vasyl Lemak (zum Disziplinarrecht) folgte eine Fachdiskussion mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen. Sie berichteten von ihren deutschen Erfahrungen. Schließlich stellte Herr Prof. Gaier das Auswahlverfahren der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts vor und betonte, wie wichtig der Konsenswille aller daran beteiligten Akteure sei.

Das Auswahlverfahren für das Verfassungsgericht der Ukraine ist von hoher Relevanz, da im Rahmen der Stellungnahme der EU-Kommission zur Verleihung des EU-Kandidatenstatus an die Ukraine eine Reform dieses Verfahrens angemahnt wird. Ein entsprechender Reform-Gesetzentwurf wird derzeit im ukrainischen Parlament für die zweite Lesung vorbereitet. Ein Gutachten der Venedig-Kommission des Europarats zu diesem Entwurf wird erwartet.

Es ist zu hoffen, dass der fachliche Austausch bald wieder im Präsenzformat in Deutschland oder in der Ukraine stattfinden kann.