Die IRZ führt auch Projekte zur Rechts- und Justizreform durch, die die EU im Rahmen verschiedener Finanzierungsprogramme ausschreibt. Dabei handelt es sich thematisch um ähnliche Vorhaben wie im Rahmen der Bundeszuwendungen. Die Projektvolumina sind jedoch meist größer, und die Vergabe der Mittel erfolgt in Form von Ausschreibungsverfahren. Von besonderer Relevanz sind für die IRZ folgende Finanzierungsinstrumente:

  • IPA II (Instrument for Pre-Accession Assistance): für potentielle EU-Beitrittskandidaten, insbesondere in den Staaten des Westbalkans
  • ENI (European Neighbourhood Instrument): zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten in der Region der Östlichen Partnerschaft und im Mittelmeerraum
  • DCI (Development Cooperation Instrument): von Relevanz insbesondere in Bezug auf Zentralasien

Die IRZ arbeitet in diesem Kontext gemäß den folgenden fünf Grundprinzipen:

  • Die IRZ übernimmt ausschließlich EU-Projekte in ihren Partnerstaaten.
  • Die IRZ nutzt Synergien zwischen der bilateralen Tätigkeit und EU-geförderten Vorhaben in einem Partnerstaat.
  • Die IRZ vermeidet Doppelberatungen.
  • Die IRZ berät ihre Partnerinstitutionen auf Augenhöhe.
  • Die IRZ setzt ihre Mittel effizient ein, um das bestmögliche Ergebnis für ihre Partner zu erzielen.

EU-Twinning

Um Partnerschaften zwischen Behörden der EU-Mitgliedstaaten und denen der Staaten mit EU-Beitrittsperspektive zu fördern, hat die Europäische Union Ende der 1990er Jahre das Förderinstrument Twinning ins Leben gerufen. Die EU unterstützt dadurch seit mehr als 20 Jahren den Aufbau von öffentlichen Strukturen im Einklang mit europäischen Werten und Standards. Wie der Name Twinning bereits impliziert, verfolgen die Projekte dabei einen partnerschaftlichen Ansatz. Gemeinsam mit Beschäftigten aus den jeweiligen Behörden der EU-Mitgliedstaaten werden die Länder bei der Übernahme des gemeinsamen Besitzstands der EU (acquis communautaire) unterstützt und beraten.

Die oder der Resident Twinning Adviser (RTA), eine Person aus der öffentlichen Verwaltung eines EU-Mitgliedstaats mit Arbeitserfahrungen im relevanten Sektor sowie hoher interkultureller Kompetenz, leitet das in der Regel zweijährige Projekt vor Ort und dient als tägliche Ansprechpartnerin bzw. täglicher Ansprechpartner für die zu beratende Behörde. Unterstützt und beraten wird die/der RTA dabei von der Heimatbehörde aus von einer Projektleiterin oder einem Projektleiter (PL). Diese Funktion übernimmt eine Beamtin/ein Beamter mit viel Erfahrung auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet. Sie oder er trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt.

Sowohl in der Antragsphase als auch während der Durchführung der Projekte arbeiten die/der RTA und die/der PL eng mit den Verantwortlichen der jeweiligen Projekt-Komponenten zusammen. Zahlreiche Bedienstete aus der öffentlichen Verwaltung der EU-Mitgliedstaaten mit spezifischen und projektrelevanten Kenntnissen unterstützen die Projekte ferner als Kurzzeitexpertinnen und Kurzzeitexperten.

Die IRZ vertritt seit 1998 das BMJV bei der Bewerbung und Durchführung von EU-Twinning-Projekten („mandated body“) im Justizbereich und hat seitdem an ca. 80 Projekten mitgewirkt. In den letzten Jahren konnten auch zahlreiche Projekte in Konsortien mit neuen EU-Mitgliedstaaten wie beispielsweise Kroatien und Lettland erfolgreich durchgeführt werden. Länder, die die IRZ früher durch Twinning-Projekte bei ihrem Beitritt zur EU unterstützt hat, sind somit zu Partnern geworden, die oftmals nicht nur regionale Expertise einbringen, sondern auch auf ähnliche rechtliche Traditionen zurückgreifen können und dadurch ein besonderes Verständnis für die spezifischen Herausforderungen der Länder im Hinblick auf die Angleichung an EU-Recht haben. 2019 konnte die IRZ insgesamt sieben EU-Twinning-Projekte in Kosovo, Moldau, Nordmazedonien, Serbien und in der Ukraine durchführen. Diese Projekte werden in den Länderberichten näher vorgestellt.

TAIEX

Das Technical Assistance and Information Exchange Instrument (TAIEX) setzt die Europäische Kommission für Kurzzeitmaßnahmen ein, die, ähnlich wie die Twinning-Projekte, dem direkten Austausch zwischen Behörden dienen. Im Rahmen von Workshops und Studienreisen in die EU-Mitgliedstaaten sowie Expertenreisen in die entsprechenden Länder können Beschäftigte der öffentlichen Verwaltungen zu bestimmten Themen in einen Erfahrungsaustausch treten. Die Anfragen können hierfür direkt aus den jeweiligen Ländern, die Teil der EU-Programme ENI und ENPI sind, gestellt werden. Die IRZ erhält die Anfragen, die den Justizbereich betreffen, von der Nationalen Kontaktstelle für Twinning und TAIEX, dem NCP (National Contact Point) im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Diese Anfragen setzt die IRZ in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus dem Justizbereich sowie den deutschen Justizinstitutionen um. 2019 konnte die IRZ so einen Besuch einer Delegation des türkischen Justizministeriums nach Deutschland sowie die Teilnahme eines deutschen Richters an einem Workshop in Bosnien und Herzegowina organisieren.

EU-Grant

Die Ausschreibungen für die meist mehrjährigen EU-Grants richten sich, ähnlich wie Twinning, nur an einen beschränkten Bewerberkreis, zu dem die IRZ als „mandated body“ des BMJV zählt. Die „Grants“ umfassen üblicherweise die Finanzierung der gesamten Projektkosten mit Ausnahme von Eigenanteilen, die von der durchführenden Organisation gedeckt werden müssen. Dies sind insbesondere hausinterne (Personal)Kosten. Damit ermöglicht der Einsatz eines verhältnismäßig geringen Betrags von Eigenmitteln die Umsetzung eines Budgets von mehreren Millionen Euro. Dort, wo die IRZ solche Vorhaben umsetzt, derzeit etwa in Albanien in Form des Projekts EURALIUS V (siehe Länderbericht Albanien), können die bilateralen Aktivitäten entsprechend reduziert, das Budget der Bundeszuwendungen also entlastet werden.

Grants richten sich im Übrigen mitunter auch an EU-Mitgliedstaaten, zum Beispiel im Rahmen eines Justizprogramms 2014 bis 2020, das die EU im Hinblick auf die bessere Vernetzung und auf einen Erfahrungsaustausch, etwa bei der Umsetzung von EU-Richtlinien, zwischen EU-Mitgliedstaaten aufgesetzt hat. Entsprechende Programme führte die IRZ in der Vergangenheit etwa mit Bulgarien und Rumänien durch. Insgesamt ist ein deutlicher Trend der EU-Ausschreibungen in Richtung Grants zu beobachten.

EU-Technical-Assistance

Die IRZ ist zudem weiterhin im Rahmen von EU-Technical-AssistanceProjekten aktiv. Die entsprechenden Ausschreibungen richten sich an einen weitaus größeren Bewerberkreis. Dieser Markt ist deshalb hart umkämpft, wobei die Projektvolumina zuletzt geringer waren als in der Vergangenheit, vor allem aufgrund der oben skizzierten Tendenz der EU, sektorumfassende Reformvorhaben als Grants auszuschreiben.

Dennoch stellt dieser Geschäftsbereich für die IRZ eine wichtige Betätigungsmöglichkeit dar. Als hochspezialisierte Einrichtung mit langjähriger Erfahrung bei der Implementierung solcher gewinnorientierten Projekte im Bereich der Justizreformen ist die IRZ ein begehrter Kooperationspartner. Der regionale Schwerpunkt von laufenden Projekten sowie interessanten Projektausschreibungen lag zuletzt weiterhin im Westbalkan und in den Ländern der Östlichen Partnerschaft. Doch auch in den Ländern Nordafrikas werden vermehrt Justizprogramme ausgeschrieben, und in Anknüpfung an die mittlerweile etablierten bilateralen Aktivitäten der IRZ in der Region rücken diese Projekte stärker in den Fokus.

Die derzeit laufenden EU-finanzierten Vorhaben, an denen die IRZ beteiligt ist, werden im Rahmen der Länderberichte vorgestellt.