Schutz von Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren“ am 29. und 30. September 2025 in Pristina Kosovo
Fachleute aus Deutschland und Kosovo diskutierten Ende September in Pristina über aktuelle rechtliche Herausforderungen und Lösungen rund um Zeugenschutz, Kronzeugenregelungen und Jugendstrafverfahren.
Während der intensiven Dialoge tauschten Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ihr Fachwissen aus, hinterfragten bestehende Systeme und entwickelten gemeinsam neue Ansätze. So vertiefte sich für die Teilnehmenden nicht nur das Verständnis für den internationalen Umgang mit Zeugen- und Angeklagtenrechten, sondern trug auch zur Verbesserung der Justizpraxis im Kosovo bei. Unserer Meinung nach ist dies ein wichtiger Schritt bei der Fortbildung von Fachkräften und der Weiterentwicklung des kosovarischen Rechtssystems.
Unser herzlicher Dank gilt nicht nur unserem Mitorganisator, der Justizakademie in Kosovo (KJA), sondern auch Prof. Dr. Georg Güntge, Leitender Oberstaatsanwalt und Ständiger Vertreter des Generalstaatsanwalts des Landes Schleswig-Holstein, sowie Prof. Dr. Michael Gubitz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Ihre Vorträge lieferten spannende Einblicke in das deutsche Strafrecht, insbesondere in die praxisnahen Aspekte des Zeugenschutzes und der Absprachen mit Kronzeugen. Auch die Besonderheiten des deutschen Jugendstrafverfahrens und der Umgang mit minderjährigen Angeklagten wurden intensiv behandelt.
Selbstverständlich profitierten die kosovarischen Teilnehmer auch von den Erfahrungen lokaler Experten: Herr Ali Kutllovci, Richter am Berufungsgericht, und Herr Agron Qalaj, Staatsanwalt im Büro des Generalstaatsanwalts des Kosovo, bereicherten die Diskussion mit wertvollen Perspektiven aus dem kosovarischen Justizalltag.
Die Teilnehmenden des Workshops „Umgang und Schutz von vulnerablen Gruppen im Freiheitsentzug” Kosovo
Die Herausforderungen denen sich Drogenabhängige, psychisch Kranke sowie weibliche und jugendliche Inhaftierte im Justizvollzug konfrontiert sehen, sind immens. Insbesondere während ihrer Haftzeit benötigen diese vulnerablen Gruppen einen gezielten Schutz und eine adäquate Betreuung, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Und sie kämpfen auch nach der Zeit ihres Strafvollzugs mit vielen Problemen: unerlässlich sind deshalb stabile Unterstützungsstrukturen für ihre Resozialisierung, um ihnen einen erfolgreichen Übergang in die Gesellschaft zu ermöglichen.
Die IRZ hat sich diesem wichtigen Thema im Rahmen der fortlaufenden Zusammenarbeit mit dem Justizvollzug und der Bewährungshilfe des Kosovo mittels eines zweitägigen Workshops für Fachkräfte des kosovarischen Justizvollzugs angenommen.
Der kosovarische Generaldirektor des Strafvollzugsdienstes, Ismail Dibrani, der Generaldirektor des Bewährungsdienstes des Kosovo, Arsim Tahiri und der stellvertretende Leiter der Deutschen Botschaft in Pristina, Christian Böttcher hoben zum Auftakt die Bedeutung des sorgsamen Umgangs mit vulnerablen Gruppen im Freiheitsentzug hervor. Maßnahmen des kosovarischen Justizsystems zur Verhinderung von Gewalt, Missbrauch und Diskriminierung, aber auch generell eine menschenwürdige Behandlung, sind unerlässlich. Die rechtlichen Rahmen des Strafvollzugs in Deutschland sowie die besonderen Bedürfnisse gefährdeter Inhaftierter erläuterten die deutsche Expertin und der deutsche Experte der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Berlin. Sie gaben zudem praxisorientierte Einblicke in Resozialisierungsstrategien und die enge Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, auch im Bereich der Bewährungshilfe.
Mittels dieser Veranstaltung im Juni 2025 konnte auf die Vorzüge einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Strafvollzug und Bewährungshilfe hingewiesen werden und die Teilnehmenden wurden für die Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Gefangener sensibilisiert. Die IRZ wird auf jeden Fall weiter daran arbeiten, bestehende rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen fortzuentwickeln!
Teilnehmende des Workshops zur Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen im Februar 2025 in Pristina Kosovo
Gemeinsam mit der kosovarischen Polizei führte die IRZ vom 20. bis 21. Februar 2025 den oben genannten Workshop als Auftakt des vom Auswärtigen Amt geförderten überregionalen Projekts „Förderung der Rechtsstaatlichkeit auf dem Westbalkan“ in Pristina durch.
Die knapp 40 Polizeibeamtinnen und -beamten aus ganz Kosovo sowie Vertreterinnen und Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Bewährungshilfe erhielten zunächst von der kosovarischen Seite einen Überblick über den Aufbau neuer Kapazitäten bei den zuständigen Polizeistellen für häusliche Gewalt. Beispielsweise gibt es zum Schutz der Opfer speziell eingerichtete Räume, Informationskarten mit Kontakt- und Unterstützungsmöglichkeiten, verstärkte Präventionskampagnen und den Aufbau einer zentralen Datenbank zu Fällen häuslicher Gewalt. Auch ist die Einführung elektronischer Fußfesseln geplant. Die deutschen Expertinnen und Experten erläuterten die polizeiliche Bearbeitung von Fällen häuslicher Gewalt und polizeiliche Maßnahmen in Deutschland. Sie beschrieben die Täter- und Opferarbeit sowie die Zusammenarbeit mit Familiengerichten und straf- und zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten. Anhand der dargestellten Regelungen des deutschen Gewaltschutzgesetzes im Vergleich zum 2023 verabschiedeten kosovarischen Gesetz ergaben sich zum Teil rege Diskussionen und Nachfragen zu Punkten wie z.B. Opferschutz, Gewaltschutzanordnungen und Suchtproblematiken.
Die Probleme und Herausforderungen bei der Umsetzung des Gesetzes zur häuslichen Gewalt wurden konstruktiv und zum Teil auch kontrovers diskutiert, förderten aber schließlich das gegenseitige Verständnis für die weitere Umsetzung des Gesetzes. Als positiv hervorzuheben ist zudem eine erhöhte Sensibilisierung und Transparenz bei Fällen häuslicher Gewalt in Kosovo. Die Dunkelziffer an Übergriffen ist allerdings – wie in Deutschland -– nach wie vor hoch. Während des Austausches wurde deutlich, dass viele Fälle in Kosovo nicht zur Anzeige gebracht werden, da – insbesondere auf dem Land – die Zahl nicht erwerbstätiger Frauen vergleichsweise hoch sei und oft auch eine „Kultur der Verharmlosung“ häuslicher Gewalt vorherrsche, so die Teilnehmenden.