Fachgespräch mit dem kosovarischen Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht

Fachkonferenz in Kooperation mit dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht der Republik Kosovo zum Thema „Recht auf ein faires Verfahren“, 18. bis 19. Juli 2023 in Thessaloniki (Griechenland).
Fachkonferenz in Kooperation mit dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht der Republik Kosovo zum Thema „Recht auf ein faires Verfahren“, 18. bis 19. Juli 2023 in Thessaloniki (Griechenland).
Kosovo

Zum Thema „Recht auf ein faires Verfahren" veranstaltete die IRZ vom 18. bis 19. Juli 2023 in Thessaloniki eine zweitägige Konferenz mit dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht der Republik Kosovo. Dieser gemeinsame Fach- und Erfahrungsaustausch sollte dazu beitragen eine einheitliche Kompetenz- und Rechtsauffassung zwischen dem Obersten Gericht und dem Verfassungsgericht in Kosovo zu fördern. Gleichzeitig unterstützte dieses Format den Austausch zwischen den beiden Gerichten.

Dazu tagten 15 Richterinnen und Richter sowie 9 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Gerichte zwei Tage zu Themen wie „Recht auf Zugang zur Justiz“, „Recht auf Freiheit und Sicherheit“ und „Recht auf eine begründete Entscheidung“.

Die Präsidentin des Verfassungsgerichts, Frau Gresa Caka-Nimani, der Präsident des Obersten Gerichts, Herr Fejzullah Rexhepi, der Vorsitzende des Obersten Justizrats, Herr Albert Zogaj sowie der Leiter des Projektbereichs Südosteuropa II/Südkaukasus, Herr Frank Hupfeld, eröffneten die Konferenz und betonten in ihren Grußworten die Bedeutung eines solchen regelmäßigen Austausch und eines harmonischen Zusammenspiels beider Gerichte.

Von deutscher Seite wirkte auf Einladung der IRZ Herr Winfried Schubert, Präsident des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalts sowie Präsident des Oberlandesgerichts in Naumburg a. D. an der Veranstaltung mit und läutete die Konferenz mit einem Impulsvortrag über das Verhältnis zwischen Verfassungsgerichten und Obersten Gerichten anhand deutscher Erfahrungen ein.  

Nach einführenden Vorträgen von jeweils einem Richter des kosovarischen Verfassungsgerichts und einem Richter des Obersten Gerichts debattierten die Teilnehmenden im Rahmen von drei Paneldiskussionen intensiv und teils kontrovers über die Grundsätze, Entwicklungen und Herausforderungen des Rechts auf ein faires Verfahren unter Bezugnahme auf die kosovarische Rechtsprechung. Begleitend dazu beleuchtete Herr Schubert die Themen im Hinblick auf die deutsche Praxis sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Der zweitägige Fachaustausch ermöglichte es den Teilnehmenden, von den Fachkenntnissen und Perspektiven ihrer Kolleginnen und Kollegen – flankiert durch die deutschen Erfahrungen – zu profitieren und ein vertieftes Verständnis sowohl für die Bedeutung des Rechts auf ein faires Verfahren als auch für grundsätzliche Kompetenzen und Pflichten beider Gerichte bei der Anwendung und Auslegung von verfassungsrechtlich verankerten Grundrechten zu gewinnen.

Die Veranstaltung ist Teil des vom Auswärtigem Amt finanzierten Projekts „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards".  Der Austausch zwischen dem Obersten Gericht und dem Verfassungsgericht der Republik Kosovo wird im Herbst 2023 mit albanischen Counterparts fortgesetzt, um den Dialog und den Austausch von Best Practices auch auf regionaler Ebene zu fördern.

Alternative Maßnahmen im Jugendstrafrecht: Rundtischgespräche zwischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft

Rundtischgespräch zum Thema „alternative Maßnahmen und Strafen im Jugendstrafrecht“ in Kooperation mit der Bewährungshilfe Kosovo, 6. Juni 2023, Peja (Kosovo).
Rundtischgespräch zum Thema „alternative Maßnahmen und Strafen im Jugendstrafrecht“ in Kooperation mit der Bewährungshilfe Kosovo, 6. Juni 2023, Peja (Kosovo).
Kosovo

Auch in diesem Jahr organisierte die IRZ in Zusammenarbeit mit der kosovarischen Bewährungshilfe Rundtischgespräche zu ausgewählten Fragestellungen im Zusammenhang mit alternativen Maßnahmen im Jugendstrafrecht – eine optimale Plattform, um einen fachlichen Austausch und die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen der kosovarischen Bewährungshilfe, der Richterschaft und der Staatsanwaltschaft zu fördern sowie das Bewusstsein für die Bedeutung alternativer Maßnahmen im Hinblick auf die Resozialisierung von jugendlichen Straftäterinnen und Straftätern zu stärken.

Die Rundtischgespräche fanden am 5. Juni 2023 in Pristina und am 6. Juni 2023 in Peja  statt und verzeichneten eine Beteiligung von rund 45 Vertreterinnen und Vertretern aus den drei Berufsgruppen, aber auch aus dem Justizvollzug, der Rechtsanwaltschaft und dem Gremium für bedingte Entlassungen.

Die deutschen Experten, Herrn Stefan Scherrer, Jugendrichter am Amtsgericht Göttingen und Herrn Stefan Thier, Referent für soziale Dienste der Justiz im Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein unterstützten und moderierten den Austausch. Sie berichteten über erprobte Herangehensweisen und Lösungsansätze, Erfahrungen sowie Herausforderungen aus der deutschen Praxis und ihrem persönlichen Berufsalltag.

Die engagierten und lebhaften Diskussionen fokussierten auf die individuellen Herausforderungen bei der Verhängung und Umsetzung alternativer Maßnahmen und die Rolle und Aufgaben der Bewährungshilfe. Dabei stand stets auch die sektorübergreifende Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft im Mittelpunkt der Gespräche.

Obwohl das kosovarische Jugendstrafgesetzbuch zahlreiche Diversions- und alternative Maßnahmen vorsieht, ist die Zahl der von den Gerichten verhängten alternativen Maßnahmen mit etwa 3,1 % weiterhin sehr gering. Der durch die IRZ geförderte kontinuierliche Austausch von Expertise und Erfahrungen zwischen den verschiedenen Institutionen in Kosovo, begleitet durch deutsche Expertenteams, markiert einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Förderung alternativer Maßnahmen im kosovarischen Jugendstrafrecht.

Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Projekts „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards" durchgeführt und durch das Auswärtige Amt finanziert. Im Rahmen dieses Projekts setzt sich die IRZ gemeinsam mit der kosovarischen Bewährungshilfe und weiteren Vertreterinnen und Vertretern aus der Justiz für die Stärkung rechtstaatlicher Strukturen und die Umsetzung europäischer Standards in Kosovo ein.

Suchthelferausbildung für den kosovarischen Strafvollzug

Train-the-Trainer Suchthelferausbildung in der Justizvollzugsanstalt Lipjan (Kosovo) vom 6.-8. März 2023.
Train-the-Trainer Suchthelferausbildung in der Justizvollzugsanstalt Lipjan (Kosovo) vom 6.-8. März 2023.
Kosovo

Die IRZ arbeitet seit 2017 im Bereich des Jugendstrafvollzugs eng mit der Justizvollzugsanstalt in Lipjan zusammen. Seit 2020 liegt der Schwerpunkt der Zusammenarbeit auf dem Umgang mit suchtkranken Jugendlichen. Eine Schulung des Vollzugspersonals zu Suchthelferinnen und Suchthelfern nach deutschem Vorbild soll dabei helfen, den Umgang mit Jugendlichen mit Suchtproblemen im Vollzug zu erlernen, um ihnen einen Ausstieg aus der Abhängigkeit zu ermöglichen und so perspektivisch die Chancen auf eine gesellschaftliche Wiedereingliederung nach der Entlassung zu verbessern. In 2021 und 2022 wurde daher ein gemeinsames Konzept zum „Umgang mit suchtkranken Jugendlichen im Strafvollzug“ entworfen.

Vor diesem Hintergrund fand vom 6.-8. März 2023 ein Train-the-Trainer Workshop zur Suchthelferausbildung in der Justizvollzugsanstalt in Lipjan (Kosovo) statt. An der Veranstaltung nahmen jeweils zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Jugendvollzug, dem Jugendarrest, dem Mädchen- und Frauenvollzug, der Diagnoseeinheit für den Justizvollzug sowie der Bewährungshilfe teil. Frau Katja Liebmann, Vollzugsabteilungsleiterin Sozialtherapie und Psychologieoberrätin bei der Jugendanstalt Hameln, und Herr Siegfried Löprick, Vorstandsvorsitzender des Jugendhilfe Göttingen e.V., vermittelten den Teilnehmenden in einem gemeinsamen Austausch umfassende theoretische und praktische Kenntnisse zu den Schwerpunkten „Suchtanamnese" und „Behandlungsmaßnahme Sucht".

Das Ziel des Trainings war es, den Teilnehmenden die nötigen fachlichen Kompetenzen für eine eigenständige Durchführung der Suchtmaßnahme in ihren jeweiligen Institutionen zu vermitteln. Die Teilnehmenden verstehen sich in Zukunft als Multiplikatoren für das Thema „Suchthilfe" in ihrer Institution und können somit auch weitere geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schulen. Zudem wurden mit den Teilnehmenden und dem Anstaltsleiter des Jugendvollzugs Hospitationsmöglichkeiten bei geeigneten Einrichtungen der stationären Suchtbehandlung im Kosovo besprochen, um eine kontinuierliche fachliche Weiterbildung der Teilnehmenden auch nach dem Workshop zu ermöglichen.

Die Veranstaltung zeichnete sich insgesamt durch eine besonders vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, eine lebendige und aktive Mitwirkung aller Teilnehmenden sowie eine äußerst praxisorientierte und interaktive Durchführung des Workshops aus.

Die Kooperation mit der Justizvollzugsanstalt in Lipjan findet im Rahmen der Projektförderung „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards" statt und wird vom Auswärtigen Amt finanziert. Nach ersten eigenständigen Durchführungen einer Suchtmaßnahme und Hospitationen vor Ort soll in der zweiten Jahreshälfte eine Folgeveranstaltung als Reflexionseinheit angeboten werden.