Dr. Angela Reitmaier, Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland e.V./ Expertin Internationale Antikorruptionsabkommen (4. von rechts), Prof. Dr. Marat Bashimov, Abgeordneter des Parlaments der Republik Kasachstan (3. von rechts) und Altynai Myrzabekova, für Kasachstan zuständige Mitarbeiterin im internationalen Sekretariat von Transparency International (2. von rechts) Kasachstan
Derzeit wird in der Madschlis, dem Unterhaus des Parlaments der Republik Kasachstan, intensiv ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung diskutiert. Die politischen Auseinandersetzungen verdeutlichen nach wie vor den Bedarf an weiterer Unterstützung durch die IRZ auf diesem Rechtsgebiet.
Vor diesem Hintergrund organisierte die IRZ im August 2025 im Anschluss an ihre Beratungen der Antikorruptionsagentur – diese war im Juni 2025 in den Dienst zur Bekämpfung der Korruption des Nationalen Sicherheitsrats integriert worden – eine Studienreise mit Fachgesprächen in Berlin. Hieran waren Vertreterinnen und Vertreter des kasachischen Parlaments, der Präsidialverwaltung, der Agentur für Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes u.a. beteiligt. Ziel war es, deutsche Erfahrungen und best practices einer effektiven Korruptionsbekämpfung und -prävention zu teilen sowie relevante Gesetzesinitiativen und Praktiken im Dialog mit deutschen Kolleginnen und Kollegen zu analysieren.
Während der 3-tägigen Studienreise führten die kasachischen Delegierten Fachgespräche unter anderem beim Deutschen Bundestag, dem BMJV, der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und Transparency International zur Parteienfinanzierung, zu rechtlichen Grundlagen der Korruptionsbekämpfung und zum Erfordernis der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Korruptionsbekämpfung. Besonderen Raum nahmen hierbei z. B. die Themen der Haftung, nicht nur privater sondern auch juristischer Personen bei Korruptionshandlungen im Bankensektor, in der Wirtschaft und in Unternehmen ein sowie die Bestimmungen des deutschen Strafrechts in Bezug auf Bestechung und Begünstigung von Amtsträgerinnen und Amtsträgern. Hier diskutierte man über deutsche Richtlinien im Bereich des öffentlichen Dienstes und im quasi-öffentlichen Sektor bzw. die strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Haftung für das Versprechen von Bestechungsgeldern.
Die Teilnehmenden des Antikorruptions-Seminars in Astana (9. v.r. Staatsanwalt Wolf-Tilman Baumert, 8. v.r. Staatsanwalt Markus Menzel); Copyright des Fotos: Antikorruptionsagentur Kasachstan Kasachstan
Korruption ist eine Gefahr für den Rechtsstaat, sie behindert sowohl das Wirtschaftswachstum als auch politische Reformen. Kasachstan hat dies erkannt und unternimmt ernsthafte Anstrengungen diesem Problem Abhilfe zu schaffen. Der Bericht der Staatengruppe gegen Korruption des Europarates „GRECO“ aus 2024 bestätigt, dass Kasachstan dessen Empfehlungen teilweise umgesetzt hat und der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) von Transparency International für Kasachstan im Vergleich zum Vorjahr um einen Punkt auf insgesamt 40 Punkte angestiegen ist. Die Skala des CPI beginnt bei 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) und endet bei 100 (keine wahrgenommene Korruption). Im Vergleich zu Spitzenländern (Dänemark: 90 Punkte, Finnland 88 Punkte) oder Deutschland mit 75 Punkten zeigt sich aber auch weshalb die Korruptionsbekämpfung weiterhin eine bedeutende Priorität auf der politischen Agenda des Landes bleibt und von den kasachischen Behörden ein entschlosseneres Handeln erfordert.
Seit 2009 pflegt die IRZ einen intensiven Kontakt mit ihren Partnerinstitutionen in der Republik Kasachstan und verfolgt das Ziel, die Rechtsstaatlichkeit sowie die Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz im Land zu fördern. Um einen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung zu leisten, arbeitet sie seit 2023 auch mit der erst in 2019 gegründeten Antikorruptionsagentur zusammen.
Gemeinsam mit der Antikorruptionsagentur richtete die IRZ vom 13. bis 15. Mai 2025 in Astana ein Seminar aus, das sich an Vertretende der Antikorruptionsagentur richtete. Zwei deutsche Staatsanwälte der Wuppertaler Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsdelikte erörterten zahlreiche Fälle aus der Praxis und gaben vertiefte Einblicke in die deutschen Strategien zur Korruptionsprävention und -bekämpfung. Darüber hinaus wurden auch wichtige Themen wie der Umgang mit Interessenkonflikten, die Aufhebung von Immunitäten und die Bekämpfung von Einflussnahme eingehend diskutiert. Das Seminar erwies sich als sinnvolle Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen kasachischen und deutschen Kollegen im Bereich der Korruptionsbekämpfung und trug zur Stärkung der Fachkompetenzen aller beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei.
Teilnehmende während des Arbeitsbesuchs beim Ministerium der Justiz des Landes NRW in Düsseldorf. Mitte: Prof. Dr. Marat Bashimov, Abgeordneter des Parlaments der Republik Kasachstan, 2. v. links: Dr. Christian Reitemeier, Stv. Leiter der Abteilung für Zivilrecht, Öffentliches Recht und Internationales des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen. Kasachstan
Die IRZ unterstützt ihre kasachischen Partner bei der Umsetzung der Entwicklungsstrategie „Kasachstan 2030/2050“: Das dort unter anderem beinhaltete Konzept der Rechtspolitik strebt eine weitere Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Weiterentwicklung der Demokratie in Kasachstan an. Im Rahmen dieses Konzepts hat die IRZ die Verwaltungsgerichtsbarkeit als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Republik Kasachstan identifiziert.
Bereits im August 2024 hatte die IRZ in Deutschland Fachgespräche zur Konsolidierung der kasachischen Verwaltungsgerichtsbarkeit organisiert. Daran anknüpfend begrüßte sie im April 2025 Vertretende des Parlaments der Republik Kasachstan in Düsseldorf, Bonn und Mainz. Ziel war die Förderung eines Erfahrungsaustauschs zwischen kasachischen und deutschen Kolleginnen und Kollegen, um die kasachische Gesetzgebung zur Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine neue rechtsstaatliche und moderne Grundlage zu stellen.
Zum Auftakt der Studienreise wurde die Delegation im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen von dem Minister der Justiz, Dr. Benjamin Limbach, begrüßt und tauschte sich im Folgenden über die Mediation in Verwaltungssachen sowie zum System des vorgerichtlichen Widerspruchsverfahrens aus. Es folgten ein Austausch zur alternativen Streitbeilegung im Verwaltungsrecht in Bonn und schließlich Einblicke in die Arbeit und Funktionsweise des Stadtrechtsausschusses, der Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz und der Beauftragten für die Landespolizei in Mainz.
Die während des Besuchs gesammelten Erfahrungen sollen in wissenschaftlichen Beiträgen und Publikationen für die kasachische Öffentlichkeit aufbereitet und Vorschläge zur Änderung und Ergänzung bestimmter Rechtsakte der Republik Kasachstan unterbreitet werden.