Anwaltliche Rolle beim Schutz von vulnerablen Gruppen

Teilnehmende der Studienreise im Landgericht Berlin.
Teilnehmende der Studienreise im Landgericht Berlin.
Algerien und Tunesien

Die Rolle des Rechtsbeistands beim Schutz von vulnerablen Gruppen in der Justiz war das Thema einer Studienreise, welche der Projektbereich Afrika der IRZ gemeinsam mit der Bundesrechtsanwaltskammer vom 27. bis 29. November 2023 durchführte.  

Das Thema wurde rechtsvergleichend und unter Berücksichtigung der praktischen, anwaltlichen Perspektive sowie der richterlichen und staatsanwaltlichen Erfahrungen im Rahmen von Fachgesprächen mit deutschen Expertinnen und Experten umfassend diskutiert.

Auch Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesjustizministeriums und den sozialen Diensten Brandenburg führte zu einem regen Austausch über Bewährungshilfe, Prozesskostenhilfe und den Täter-Opfer-Ausgleich.

Besonders anschaulich war der Besuch einer Gerichtsverhandlung im Bereich Jugendstrafrecht am Landgericht Berlin sowie der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Berlin.

Die Teilnehmenden zeigten sich besonders interessiert an Gesprächen mit deutschen Anwältinnen und Anwälten sowie an dem interdisziplinären Austausch zwischen allen relevanten Akteuren zum Schutz von vulnerablen Gruppen in der Justiz.

Expertengespräch zur Implementierung internationaler Standards im algerischen Strafvollzug

Dr. Stefan Cassone, Leiter der Strafvollzugsbehörde Duisburg Hamborn, bei seinem Vortrag über die Ausbildung des Strafvollzugspersonals
Dr. Stefan Cassone, Leiter der Strafvollzugsbehörde Duisburg Hamborn, bei seinem Vortrag über die Ausbildung des Strafvollzugspersonals
Algerien

Am 23. und 24. Mai 2023 veranstaltete die IRZ in Zusammenarbeit mit der algerischen Strafvollzugsbehörde eine Konferenz zum Thema „Implementierung internationaler Standards im algerischen Strafvollzug“ in Algier. Teilgenommen haben rund 30 algerische Beamte aus dem Justizvollzug und der Ministerialebene.

Erfahrungsaustausch zwischen Algerien und Deutschland

Die zweitätige Veranstaltung bildet die Nachhaltigkeitsphase eines Tandemprojekts, welches durch Mittel des Auswärtigen Amts sowie des Bundesministeriums der Justiz finanziert wurde. In dem Projekt erarbeiteten algerische und deutsche Expertinnen und Experten in Arbeitsgruppen ein Handbuch mit Empfehlungen für den algerischen Strafvollzug. Nach Abschluss des Projekts kamen nun Expertinnen und Experten zusammen, um von ihren Erfahrungen in der praktischen Umsetzung zu berichten bzw. die Implementierung der Handbücher zu fördern.

Von deutscher Seite nahmen Herr Kai Abraham, Leider der Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin sowie Herr Dr. Stefan Cassone, Leiter der Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn teil, die bereits im vorherigen Tandemprojekt involviert waren und maßgeblich zu dessen Erfolg beigetragen haben.

Zu Beginn der Veranstaltung richtete der Leiter der algerischen Strafvollzugsbehörde Herr Essaïd Zreb ein Grußwort an alle Teilnehmenden und betonte den Wert der Zusammenarbeit und des Austauschs zwischen Deutschland und Algerien. Anschließend gab es von algerischer und deutscher Seite eine Einführung zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der aktuellen Rechtspraxis im Strafvollzug.

Nachfolgend wurden 4 Themenschwerpunkte behandelt:

  1. die menschenrechtskonforme Behandlung von Inhaftierten während des Aufnahmeverfahrens,
  2. die Erstellung eines individuellen Vollzugsplans und Klassifizierung von Inhaftierten,
  3. bisherige Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit externen Akteuren sowie
  4. aktuelle Entwicklungen der Aus- und Weiterbildung des Strafvollzugspersonals.

Nach Impulsvorträgen und Erfahrungsberichten tauschten sich die Teilnehmenden mit den deutschen Experten aus. Insbesondere in Bezug auf die Zusammenarbeit mit externen Akteuren sowie die Weiterbildung des Strafvollzugspersonals deckten sich viele Erfahrungen. So wurde der Einbeziehung externer Akteure (z.B. religiöse und kulturelle Akteure sowie Bildungseinrichtungen) eine wichtige und unersetzliche Rolle im Hinblick auf die Resozialisierung von Inhaftierten zugesprochen und die Wichtigkeit insbesondere bzgl. der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt betont. Der Nutzen von Schulungen zu Soft Skills – wie etwa Kommunikationsfähigkeit und Konfliktmanagement – für das Vollzugspersonal durch Rollen- und Simulationsspiele wurde von beiden Seiten ebenfalls hervorgehoben. Unterschiedliche Herangehensweisen in Deutschland und Algerien – wie zum Beispiel im Bereich der Klassifizierung Inhaftierter – wurden umfassend diskutiert und abgewogen.

Auch viele Medien vor Ort berichteten über die Veranstaltung, sodass die Ergebnisse der Konferenz über den Teilnehmendenkreis hinaus bekannt wurden.

Interesse an einer intensiven und praxisorientierten Weiterarbeit am Thema wurde von allen Seiten bekundet.

Internationale Menschenrechtskonventionen in der algerischen Rechtsprechung

Eröffnung der Schulung „Praktische Anwendung von internationalen Menschenrechtskonventionen – Menschenrechtsschutz auf Justizebene“ vom 27. bis 28. Februar 2023 in Algier.
Eröffnung der Schulung „Praktische Anwendung von internationalen Menschenrechtskonventionen – Menschenrechtsschutz auf Justizebene“ vom 27. bis 28. Februar 2023 in Algier.
Algerien

Die IRZ veranstaltete vom 27. bis 28. Februar 2023 in Algier in Zusammenarbeit mit dem dortigen Justizministerium eine Schulung zum Thema „Praktische Anwendung von internationalen Menschenrechtskonventionen – Menschenrechtsschutz auf Justizebene“, zu der algerische und deutsche Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender zusammenkamen.

Austausch zwischen Algerien und Deutschland fördern

Die Maßnahme richtete sich vor allem an die Richterschaft und an Ministerialbeamtinnen und Ministerialbeamte. Ziel war es, einen fachlichen Austausch über die Bedeutung internationaler Menschenrechtskonventionen und deren Implementierung auf nationaler Ebene sowie über die Rolle der Justiz beim Menschenrechtsschutz zu ermöglichen. Dadurch sollen die Teilnehmenden darin geschult werden, Menschenrechtsstandards in der täglichen juristischen Praxis stärker zu berücksichtigen.

Zu Beginn gaben Herr Ahmed Berrich, Richter der Regionaldirektion für spezialisierte Strafjustiz und Jonas Hein, LL.M., Referent im Referat Menschenrechte des Bundesministeriums der Justiz einen Überblick über die historische Entwicklung der Menschenrechte und internationaler Menschenrechtskonventionen. Nach diesem Einstieg vertieften Laalaa Chokri, Staatsanwalt am Gericht Boudouaou und Prof. Dr. Reinhard Gaier, Bundesverfassungsrichter a.D., die Informationen durch weitere Beiträge zur Verankerung und Umsetzung der Menschenrechte in der jeweiligen nationalen Rechtsprechung. Neben der Besonderheit der Menschenrechte thematisierten die Referierenden auch aktuelle Herausforderungen, wobei deutlich wurde, dass der Justiz eine besondere Rolle dabei zukommt die Menschenrechte in der Rechtsprechung zu wahren und weiterhin zu stärken. Diese Themen hoben Prof. Dr. Gaier und Said Abbes, Untersuchungsrichter am Gericht Tizi Ouzou in ihren Vorträgen besonders hervor. Die Teilnehmenden und die Referenten diskutierten auch rechtsphilosophische Fragestellungen.

Praktische und rechtsphilosophische Fragen zum Menschenrechtsschutz

Die Teilnehmenden zeigten sich sehr interessiert an der Umsetzung der Menschenrechte in ihrer juristischen Praxis sowie an der Berücksichtigung lokaler Besonderheiten bei der effektiven und menschenrechtssensiblen Rechtsprechung.

Insgesamt profitierten 30 Personen von dem Austausch mit den zwei deutschen Experten. Die IRZ plant weitere Veranstaltungen in Kooperation mit dem Justizministerium Algeriens.