Algerien - Jahresbericht 2017
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- Veröffentlicht: Freitag, 01. Juni 2018
Rechtspolitische Ausgangslage
Im Gegensatz zu anderen arabischen Ländern der Region gelten die Verhältnisse in Algerien als stabil. Das Land blieb von der Revolution im Nachbarland Tunesien weitestgehend unberührt, was u. a. auf die anhaltende kollektive Erinnerung an den blutigen Bürgerkrieg von 1991 bis 2002 zurückzuführen ist. Nun gilt es, entsprechende Zukunftsperspektiven unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft zu entwickeln.
Das algerische Rechtssystem orientiert sich im Wesentlichen am französischen Vorbild. Die Verwaltungsgerichtbarkeit ist gut ausgebaut, der Rechtsweg wird jedoch nur selten in Anspruch genommen. Bereits im Jahr 2000 wurde von Präsident Bouteflika eine Justizreformkommission eingesetzt, woraufhin mehrere Umbesetzungen im Justizsystem erfolgt sind. Erforderlich sind nun weitere strukturelle Verbesserungen, u.a. zur Festigung der Unabhängigkeit der Gerichte sowie der Richterinnen und Richter sowie zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung. Dies bildet auch eine Grundlage für eine Stärkung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz.
Auch auf dem Gebiet des Strafvollzugs besteht entsprechender Beratungsbedarf für einen Fortgang der Reformen u.a. im Bereich menschenrechtskonformer Haftbedingungen im Vollzug, beim Ausbau der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen wie auch bei der Resozialisierung und Betreuung von Inhaftierten. Hier gibt es gibt bereits entsprechende Initiativen zur Entwicklung von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen für Haftinsassen und zur psychologischen und sozialen Betreuung der Häftlinge. Darüber hinaus kann hier die Strafvollzugsbehörde noch zusätzliche wertvolle Unterstützung durch weitere staatliche und behördliche Akteure wie das Bildungs-, Arbeits- und Gesundheitsministerium, aber auch durch zivilgesellschaftliche Organisationen erhalten.
Die genannten Themen sind auch für Deutschland von großem Interesse. Eine Zusammenarbeit der IRZ mit algerischen Partnern wäre ein Gewinn für beide Seiten. Mittelfristig soll das Projekt die Kooperation zwischen deutschen und algerischen Behörden erleichtern und beschleunigen.
Konzeption
Neben der Zusammenarbeit mit dem Justizministerium und der algerischen Strafvollzugsbehörde soll eine verstärkte Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen erfolgen und so die begonnene Zusammenarbeit abhängig von der politischen Lage und Entwicklung – erweitert werden.
Tätigkeitschwerpunkte 2017
Rechtspflege
Im Frühjahr 2017 fanden in Algier Gespräche mit dem algerischen Justizministerium statt, um den Beratungsbedarf im Bereich der Rechtspflege zu eruieren. Es hat sich herausgestellt, dass ein großes Interesse an der Vermittlung deutscher Sachkenntnisse auf dem Gebiet besteht. Wenige Monate später konnte die IRZ bereits zehn algerische Gäste im Rahmen einer Delegationsreise in Berlin begrüßen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen Termine bei der Deutschen Richterakademie, dem Deutschen Richterbund, dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Amtsgericht Tiergarten wahr und bekamen einen ersten Einblick in das Thema „Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Richterinnen und Richter in Deutschland“.
Strafrecht und Strafvollzugsrecht
Im Bereich des Straf- und Strafvollzugsrechts wurde mit Unterstützung und unter Anleitung deutscher Expertinnen und Experten eine Reformkommission gegründet, die Vorschläge und Strategien zur Umsetzung von Reformen im algerischen Strafvollzug erarbeiten soll. Zudem fand eine Studienreise für den Direktor und weitere Vertreter der algerischen Strafvollzugsbehörde statt. Im Rahmen dieser Reise konnten die Teilnehmer einen ersten Einblick in die Situation und Arbeitsweise des Berliner Strafvollzugswesens bekommen.
Ausblick
Neben dem Aufbau der Zusammenarbeit mit dem Justizministerium und der Strafvollzugsbehörde plant die IRZ die Ausweitung der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zu menschenrechtlich relevanten Themen.