„Evolution statt Revolution“ – Konferenz zum kontinentaleuropäischen Recht

Teilnehmende der Konferenz zum kontinentaleuropäischen Recht am 2. Dezember 2022 in Belgrad.
Teilnehmende der Konferenz zum kontinentaleuropäischen Recht am 2. Dezember 2022 in Belgrad.
Serbien

Ziel der Arbeit der IRZ ist es, die Rechtssysteme in ihren Partnerstaaten anwenderfreundlich weiterzuentwickeln.

„Hybride“ Gesetze mit Regelungen, die sich aus verschiedenen Rechtstraditionen speisen, zum Beispiel dem Common Law und dem kontinentaleuropäischen Recht, überfordern die Rechtsanwendenden. Dies ist eine der Hauptprobleme der Rechtstransformation

Auf diesen Umstand weist die IRZ jährlich durch eine gemeinsam mit der Juristischen Fakultät Belgrad organisierte Konferenz zum kontinentaleuropäischen Recht hin, die – nach dreijähriger Unterbrechung – am 2. Dezember 2022 erstmals wieder in Präsenz stattfinden konnte.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen Referate von Verfassungsrichter Prof. Dr Milan Škulic und Prof. Dr Milos Živković, die auch in der von der IRZ mitherausgegebenen Zeitschrift „Kontinentalno pravo: časopis za održiv i skladan razvoj prava (KoPra)“ / „Kontinentales Recht: Zeitschrift für nachhaltige und zweckmäßige Rechtsentwicklung“ publiziert werden.

Professor Škulić stellte in seinem Vortrag rechtsvergleichend die Haltung verschiedener Rechtssysteme des kontinentaleuropäischen Rechts und des Common Law zu sogenannten Lügendetektoren dar. Dabei führte er aus, dass diese Apparaturen nur körperliche Reaktionen erfassen, die lügende Personen zwar häufig zeigen. Diese Geräte können aber nicht den Wahrheitsgehalt einer Aussage erkennen. Die Ergebnisse diesbezüglicher Überprüfungen können in Rechtssystemen, die keine gesetzlichen Regelungen zur Verwendung von Lügendetektoren im Strafprozess kennen, nicht im Wege der freien richterlichen Beweiswürdigung verwendet werden, da auch dort „irrationale Methoden jeder Art“ im Rahmen einer Beweiserhebung ausgeschlossen sind.

Professor Živković beschäftigte sich in seinem Vortrag mit dem Nachweis dinglicher Rechte an Immobilien. Unter Herausarbeitung der Unterschiede zwischen dem kontinentaleuropäischen Recht und dem Common Law ging er auf die Regelungen der verschiedenen Systeme ein. Dabei hob er hervor, dass diese Systeme am besten innerhalb der Rechtstradition, die sie hervorgebracht hat, funktionieren. Der „Transplantierbarkeit“ seien Grenzen gesetzt. Insgesamt beurteilte er das kontinentaleuropäische Grundbuchsystem als das sicherste und funktionsfähigste, jedoch sei seine Einführung mit den höchsten Kosten verbunden. Darüber hinaus zeigte er Vollzugsdefizite bei den diesbezüglichen Reformen in Serbien auf.

Die Teilnehmenden, unter denen sich Verfassungsrichter, Präsidentinnen und Präsidenten von Gerichten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studentinnen und Studenten befanden, verfolgten die Vorträge mit großem Interesse. Es wurde lebhaft diskutiert und kommentiert, wobei eine stärkere Beachtung der eigenen Traditionen bei der Rechtstransformation angemahnt wurde.

Deutsches Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung sind Vorbild

Prof. Dr. Stanko Bejatović während seines Vortrags
Prof. Dr. Stanko Bejatović während seines Vortrags
Serbien

Die traditionelle Konferenz der serbischen Vereinigung für Theorie und Praxis des Strafrechts fand vom 22. bis 24. September 2022 in Zlatibor (Serbien) statt. Die IRZ richtet die Veranstaltung zusammen mit dem Justizministerium, der Justizakademie und dem Institut für kriminologische und soziologische Forschungen aus.

Rund 300 Teilnehmende – Ministerialbeamtinnen und -beamte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Studierende kamen zur Veranstaltung. Auf Initiative der Veranstalter wurden ihnen in diesem Jahr die von der IRZ herausgegebenen Übersetzungen des deutschen StGB und der StPO mit fachlicher Einleitung vorgestellt.

Die deutschsprachigen Strafrechtsexperten Verfassungsrichter Prof. Dr. Milan Škulić und Prof. Dr.  Stanko Bejatović hielten jeweils eine Laudatio auf die Publikationen und lobten dabei übereinstimmend die Qualität der Übersetzungen. Sie hoben hervor, dass diese Texte bei künftigen gesetzgeberischen Reformvorhaben als Orientierung herangezogen werden sollten, um damit der in den letzten Jahren häufig zu beobachtenden Tendenz zu hybriden Gesetzen im Straf- und Strafprozessrecht, die unter US-amerikanischem Einfluss zustande kamen, entgegenzuwirken.

Der zuständige Projektbereichsleiter der IRZ, Rechtsanwalt Dr. Stefan Pürner – der fließend Serbisch spricht – verwies auf die umfassenden Erfahrungen der IRZ. Diese seien hilfreich, um gesetzgeberische Irrwege, wie etwa die Übernahme systemfremder Rechtsinstitute, zu vermeiden.

Die Übersetzungen sind in der Region insgesamt auf ein sehr positives Echo gestoßen. Sowohl die Vereinigung der Ständigen Gerichtsübersetzer und -dolmetscher Serbiens als auch die Vereinigung der Übersetzer und Dolmetscher im Nachbarland Bosnien und Herzegowina empfehlen die Bände ihren Mitgliedern auf der Internetplattform LinkedIn.

IRZ für Engagement ausgezeichnet

Dekan Prof. Dr. Dragana Vujčić (links) überreicht Dr. Stefan Pürner, Projektbereichsleiter der IRZ (rechts) die Dankesurkunde.
Dekan Prof. Dr. Dragana Vujčić (links) überreicht Dr. Stefan Pürner, Projektbereichsleiter der IRZ (rechts) die Dankesurkunde.
Serbien

Am 7. Oktober 2022 feierte die Juristische Fakultät der Universität Kragujevac in Serbien ihr 50. Jubiläum. Im Rahmen des akademischen Festakts wurden Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen, die die Fakultät in den vergangenen Jahren in besonderer Weise unterstützt haben, ausgezeichnet. Neben der Juristischen Fakultät der Universität Belgrad, der Stadt Kragujevac und dem Kultusministerium der Republik Serbien gehörte auch die IRZ zu den Geehrten.

Die IRZ leistet durch Beiträge zum Lehrangebot Unterstützung beim Aufbau des dortigen Zentrums für deutsches Recht unter Leitung von Prof. Dr. Slavko Djordjević. Außerdem fördert sie die Fakultät durch die Einrichtung einer "Bibliothek des deutschen Rechts" im Wert von mehreren zehntausend Euro, deren Grundstock auf Vermittlung von Prof. Dr. Rolf Wagner aus dem Bundesministerium der Justiz aus dem Nachlass des ehemaligen Richters am Gericht erster Instanz der europäischen Gemeinschaft Prof. Dr. Jörg Pirrung gelegt werden konnte.

Rechtsanwalt Dr. Stefan Pürner – als Projektbereichsleiter bei der IRZ zuständig für Serbien – wurde persönlich ebenfalls mit einer Auszeichnung geehrt. Dass in Kragujevac so intensiv am deutschen Recht gearbeitet wird, ist besonders erfreulich, betonte Dr. Pürner in seiner Dankesrede. Schließlich war die Stadt während des Zweiten Weltkriegs Schauplatz der größten Massenerschießung von Zivilisten (darunter auch Hunderten von Schulkindern) durch die Wehrmacht. Deshalb ist die IRZ in besonderer Weise dankbar, mit der Fakultät in Kragujevac zusammenarbeiten zu können.

Bücherspenden

Die Bibliothek wird kontinuierlich durch Sachspenden ergänzt. Personen und Institutionen, die mit ihrer Bücherspende die Bibliothek des deutschen Rechts in Kragujevac fördern möchten, wenden sich bitte direkt an den zuständigen Projektbereichsleiter Dr. Stefan Pürner per E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Gesucht werden Publikationen zum deutschen, aber auch europäischen Recht in den Sprachen Deutsch und Englisch. Neben aktuellen Werken und Zeitschiften, auch von juristischen Berufsverbänden und Organisationen mit juristischen Bezügen, sind auch ältere, komplette Jahrgänge deutscher juristischer Zeitschriften und Einführungswerke zu bestimmten Rechtsgebieten gefragt.

Weitere Informationen:

Artikel zur Übergabe einer Bibliothek zum deutschen Recht in Kragujevac