Serbien - Jahresbericht 2017

Promotion der Zeitschrift „Kontinentales Recht“ an der Juristischen Fakultät Belgrad: Prof. Dr. Miloš Živković, Professor an der Juristischen Fakultät Belgrad; Dr. Stefan Pürner, IRZ; Alexander Jung, Ständiger Vertreter des deutschen Botschafters; Prof. Dr. Sima Avramović, Dekan der Juristischen Fakultät Belgrad; Prof. Dr. Milan Škulić, Verfassungsrichter am serbischen Verfassungsgericht und Professor an der Juristischen Fakultät Belgrad (v.l.n.r.)
Promotion der Zeitschrift „Kontinentales Recht“ an der Juristischen Fakultät Belgrad: Prof. Dr. Miloš Živković, Professor an der Juristischen Fakultät Belgrad; Dr. Stefan Pürner, IRZ; Alexander Jung, Ständiger Vertreter des deutschen Botschafters; Prof. Dr. Sima Avramović, Dekan der Juristischen Fakultät Belgrad; Prof. Dr. Milan Škulić, Verfassungsrichter am serbischen Verfassungsgericht und Professor an der Juristischen Fakultät Belgrad (v.l.n.r.)

Rechtspolitische Ausgangslage

Die Republik Serbien, mit der die EU im Januar 2014 offiziell Beitrittsverhandlungen aufgenommen hat, eröffnete im Juli 2016 die Verhandlungskapitel 23 (Justiz und Grundrechte) und 24 (Justiz, Freiheit und Sicherheit). Deshalb hat sich der Bedarf an Beratung bei der Harmonisierung des Rechts und für Unterstützung bei der Schulung der praktischen Rechtsanwendung noch verstärkt. Nach Auffassung der EU bedarf es zudem besonderer Anstrengung in den Bereichen Judikative und Grundrechte sowie in den Themengebieten Justiz, Freiheit und Sicherheit.

Konzeption

Die IRZ begann die rechtliche Zusammenarbeit mit Serbien 2000 im Rahmen des Stabilitätspakts für Südosteuropa. Einen besonderen Schwerpunkt in der Zusammenarbeit mit Serbien bildet die langjährige Kooperation mit dem serbischen Verfassungsgericht, die mit der Beratung bei der erfolgreichen Einführung der Verfassungsbeschwerde begann und nun mit der gemeinsamen Ausrichtung regionaler Verfassungsgerichtskonferenzen fortgesetzt wird. Ergänzt werden diese und andere bilaterale Aktivitäten durch EU-finanzierte Projekte (Technical Assistence und Twinning). Zu den Partnern der IRZ gehören das Verfassungsgericht, die Juristischen Fakultäten der Universitäten Belgrad und Kragujevac, die Gesellschaft für Versicherungsrecht, die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Serbien, die Gesellschaft für die Erforschung des deutschen Rechts und seiner Rezeption sowie das Harmonius-Netzwerk junger Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler.

Hauptziel der IRZ in Serbien ist die Unterstützung des Landes auf dem Weg in die EU. Hierbei liegt der Fokus auf einer effektiven Gesetzesanwendung, die rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht. Die IRZ betont dabei die Bedeutung einer klaren Orientierung an kontinentaleuropäischen Rechtsgrundsätzen und rechtlichen Modellen, um hybride Lösungen zu verhindern. Außerdem stärkt sie die Zusammenarbeit zwischen Juristinnen und Juristen aus Serbien und dessen Nachbarländern.

Tätigkeitsschwerpunkte 2017

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Regionale Verfassungskonferenz „Verfassungsgerichtlicher Schutz im Strafrecht“ in Zlatibor
  • Teilnahme serbischer Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter an der in Zusammenarbeit mit dem montenegrinischen Verfassungsgericht ausgerichteten regionalen Konferenz „Gleichbehandlungsgrundsatz in der verfassungsgerichtlichen Praxis“ in Budva, Montenegro
  • Teilnahme der serbischen Verfassungsgerichtspräsidentin und eines weiteren Verfassungsrichters an der regionalen Verfassungsgerichtskonferenz „Theorie und Praxis der Unabhängigkeit von Verfassungsgerichten“ in Jahorina, Bosnien und Herzegowina
  • Publikation: „Jahrbuch für Verfassungsrecht 2017/Band 2“, Belgrad, darin auch Veröffentlichung von Referaten der vorstehend genannten Konferenz

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Jährliche Versicherungsrechtskonferenz der serbischen Vereinigung für Versicherungsrecht zum Thema „Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit im Versicherungsrecht“ zusammen mit dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in Palić
  • Konferenz „Konfliktmanagement – Vorbereitung und Vermeidung von Schiedsverfahren“ zusammen mit der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer und der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Belgrad
  • Übersetzung und Druck des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nebst kommentierender Einleitung, Belgrad

Rechtspflege

  • Regionale Konferenz „Recht und Transformation“ an der Juristischen Fakultät der Universität Belgrad
  • Konferenz „Justiz und Medien“ zusammen mit dem serbischen Richterverein in Belgrad
  • Arbeitsbesuch von juristischen Wissenschaftlern zum Thema „Methoden der Vergangenheitsbewältigung“ in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ostrecht München in München, Nürnberg und Regensburg
  • Beratung des serbischen Justizministeriums durch „Erstellung eines Gutachtens zur Organisation der Justiz und zur organisatorischen Stellung der Staatsanwaltschaft“, Belgrad
  • Symposium „Rechtstransformation in Südosteuropa am Beispiel des ehemaligen Jugoslawiens – Vorbedingung, Akteure und Misserfolge“ in Berlin in Zusammenarbeit mit der Südosteuropa-Gesellschaft

Aus- und Fortbildung

  • Unterstützung des Masterstudiengangs „Europäische Integration“ an der Juristischen Fakultät der Universität Belgrad
  • Kurs in deutscher Rechtsterminologie für deutsch sprechende Richterinnen und Richter sowie junge Juristinnen und Juristen an der Juristischen Fakultät der Universität Belgrad
  • Beteiligung deutsch sprechender serbischer Studierender an der „IRZ-Sommerschule Deutsches Recht“ in Brühl und Bonn
  • Unterstützung der sechsten Ausgabe der Zeitschrift „Harmonius – Journal of Legal and Social Studies in South East Europe“ in Zusammenarbeit mit dem Harmonius-Netzwerk junger Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler
  • Unterstützung der Webseite des Harmonius-Netzwerks mit umfangreichen Download-Materialien
  • Herausgabe der ersten Ausgabe der Zeitschrift „Kontinentales Recht Zeitschrift für nachhaltige und zweckmäßige Rechtsentwicklung“ in Zusammenarbeit mit Belgrader Rechtswissenschaftlern
  • Veranstaltung zur öffentlichen Vorstellung der vorgenannten Zeitschrift in Belgrad
  • Einrichtung einer Homepage dieser Zeitschrift (http://kontinentalnopravo.info)
  • Beteiligung serbischer Studentinnen und Studenten am regionalen Blockseminar „Einführung in das deutsche Recht“ an der Juristischen Fakultät der Universität Zenica, Bosnien und Herzegowina
  • Zwei Vorlesungen zum Recht im Nationalsozialismus an der Juristischen Fakultät der Universität Kragujevac

Von der Europäischen Union finanzierte Projekte

IPA-Projekt: Policy and Legal Advice Centre (PLAC II)

Die IRZ unterstützt seit 2016 in einem vom spanischen Unternehmen Altair Asesores geführten Konsortium im Rahmen des IPA-Projekts „Policy and Legal Advice Centre“(PLAC II) das Europäische Integrationsministerium der Republik Serbien sowie weitere serbische Institutionen bei der EU-Annäherung insbesondere im Bereich der Gesetzgebung. Das Projekt, das auf ein vorangegangenes PLAC-Projekt aufbaut, hat ein Volumen von rund 2,6 Mio. Euro sowie eine Laufzeit von 30 Monaten. Im Zentrum stehen die bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU eröffneten wichtigen Kapitel.

EU-Twinning-Projekt: Improving capacities and capabilities within the prison system in the Republic of Serbia

Dieses EU-Twinning-Projekt führt die IRZ mit Unterstützung der österreichischen AED als Juniorpartner durch. Es ist Teil der von der serbischen Regierung am 23. Dezember 2013 verabschiedeten „Strategy for the Improvement of the System of Execution of Criminal Sanctions in the Republic of Serbia until 2020“ und umfasst ein Gesamtbudget von einer Mio. Euro.

Das Projekt zielt ab auf die Unterstützung in drei Schlüsselbereichen:

  • Organisatorische und technische Institutionenförderung für das „Zentrum für Training und berufliche Ausbildung von Inhaftierten“
  • Verbesserung von Fachkenntnissen und Kompetenzen von im Strafvollzug Tätigen
  • Aus- und Weiterbildung von Insassinnen der Frauenhaftanstalt von Požarevac

Die Implementierung des Projekts begann am 4. Juli 2017 mit der Ankunft des Resident Twinning Adviser beim „Centre for Training and Vocational Education of the Administration for Enforcement of Penal Sanctions“ in Niš und wurde im September 2017 im Palata Srbije (Palast Serbiens in Belgrad) mit einem Festakt eröffnet.

Mit den ersten Aktivitäten im Jahr 2017 ist es uns gelungen, eine solide Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung der zukünftigen Missionen aufzubauen, da einige der wichtigen und verbindlichen Ergebnisse bereits erzielt wurden:

  • Analyse der Rechtslage mit Empfehlungen zur Verbesserung der organisatorischen und technischen Kapazitäten für das „Centre for Training and Vocational Education of the Administration for Enforcement of Penal Sanctions“
  • Bildungsbedarfsanalyse für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Strafvollzug
  • Analyse des aktuellen Standes des Bewährungshilfesystems in Serbien mit Empfehlungen zu den effektivsten „post-release“-Modalitäten
  • Organisation und Durchführung eines Studienaufenthalts in Österreich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des serbischen Justizministeriums.

Projektbegünstigter ist das serbische Justizministerium (Direktorat für die Vollstreckung im Justizvollzug), Auftraggeber ist die Zentralstelle für Finanzierungen und Vertragsvergabe am serbischen Finanzministerium (CFCU).

Ausblick

Die IRZ setzt die Seminarreihen und Fortbildungsveranstaltungen mit den oben genannten Partnerorganisationen insbesondere im Hinblick auf die Kapitel 23 und 24 der EU-Beitrittsverhandlungen fort. Sie verstärkt die Zusammenarbeit mit Institutionen und einzelnen nationalen Expertinnen und Experten, die sich der kontinentaleuropäischen Rechtstradition sowie der Erforschung des deutschen Rechts und seiner Rezeption widmen. Außerdem wird der juristische Nachwuchs weiterhin unterstützt.

Im Rahmen der EU-Projekte wird die IRZ in den kommenden Jahren weiterhin in Beratungsprojekten für das Justizministerium, andere juristische Organisationen und Vollzugsbehörden aktiv sein, insbesondere im Hinblick auf EU-Beitrittsverhandlungen, institutionelle und organisatorische Förderung sowie Aus- und Fortbildungsprogramme.