Kasachstan - Jahresbericht 2017

Arbeitsbesuch einer Delegation des Verfassungsrats der Republik Kasachstan zum Thema „Landesverfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland“ beim Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz: Präsident des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz, Dr. Lars Brocker (3.v.l.)
Arbeitsbesuch einer Delegation des Verfassungsrats der Republik Kasachstan zum Thema „Landesverfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland“ beim Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz: Präsident des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz, Dr. Lars Brocker (3.v.l.)

Rechtspolitische Ausgangslage

Bereits im Jahre 2015 haben sich die EU und Kasachstan auf ein Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit geeinigt, das in Kasachstan am 25. März 2016 ratifiziert wurde. Wesentliche Inhalte der darin vereinbarten Kooperation beziehen sich auf die Außen-und Sicherheitspolitik, nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, Gesetzgebung und Rechtsstaatlichkeit, Finanzen, Wissenschaft und Technik.

Die Kooperation bei diesem Partnerschafts- und Zusammenarbeitsabkommen geht ihrerseits zurück auf die bereits 2007 verabschiedete Zentralasienstrategie der EU. Vor diesem Hintergrund fand am 10. November 2017 die 13. EU-Zentralasien-Ministerkonferenz in Samarkand (Usbekistan) statt, bei der die Strategie auf den Prüfstand gestellt und Fragen zu ihrer Fortschreibung und künftigen Ausgestaltung erörtert wurden.

Im Ergebnis wurde zum 10. Jahrestag der Zentralasienstrategie der Wille zur Fortsetzung der Zusammenarbeit der zentralasiatischen Staaten mit der EU unterstrichen. Zudem wurden bereits Prioritäten der Kooperation erörtert, welche Eingang in die künftige EU-Zentralasienstrategie finden sollen, deren Verabschiedung bis 2019 vorgesehen ist.

Am 10. März 2017 wurde eine Verfassungsreform in Kasachstan verabschiedet, die eine Kompetenzverlagerung vom Präsidenten hin zum Parlament und zur Regierung zur Folge hatte. Das Ziel dieser Reform ist die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz. Doch auch nach der Reform ist der Präsident mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet: So ist er dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich und behält auch nach Ende seiner Amtszeit eine verfassungsmäßig garantierte, umfangreiche Immunität.

Konzeption

Seit Ende 2009 unterstützt die IRZ die Republik Kasachstan bei umfassenden Justizreformen. Hervorzuheben ist insbesondere die Reform des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordung, welche sich beide erkennbar an deutschen Normen orientieren. Eine intensive Beratung zu Einzelthemen im Straf- und Strafprozessrecht war ausdrücklich von den kasachischen Partnern gewünscht. Daneben lagen die Schwerpunkte im Berichtsjahr in den Bereichen Verfassungsrecht, Zivilprozessrecht, Patent- und Markenrecht, Gesetzgebungsverfahren sowie bei der Aus- und Fortbildung.

Im Zuge der Verfassungsreform unterstützte die IRZ u. a. auch eine internationale Konferenz zur „Verfassung und Modernisierung der Gesellschaft und des Staates“ mit dem Verfassungsrat der Republik Kasachstan in Astana.

Die IRZ hat weiterhin intensiv mit der Generalstaatsanwaltschaft, dem Obersten Gerichtshof und dem Verfassungsrat zusammengearbeitet. Den Fokus der Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft bildeten die Beratungen zur Strafprozessordnung sowie zum neuen Gesetzesentwurf über die Staatsanwaltschaft in Kasachstan. Das Hauptaugenmerk der gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Obersten Gerichtshof lag bei den Grundsätzen der Strafgerichtsbarkeit.

Die IRZ setzte ihre erfolgreiche Kooperation mit dem Verfassungsrat im Bereich des Verfassungsrechts und des Straf- und Zivilrechts mit Hinblick auf die Wahrung der Menschenrechte fort. So fand etwa vom 8. bis 10. November 2017 in Koblenz ein Arbeitsbesuch einer hochrangigen Delegation des Verfassungsrates zum Thema „Landesverfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland“ statt, in dessen Verlauf sich die Delegationsteilnehmer zusammen mit den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz über verschiedene Fragestellungen der Verfassungsgerichtsbarkeit auf Bundes- und Landesebene in Deutschland austauschen konnten.

In der Zusammenarbeit mit dem Justizministerium organisierte die IRZ für eine Delegation des Justizministeriums der Republik Kasachstan einen Arbeitsaufenthalt zum Ordnungswidrigkeitenrecht im November 2017 in Berlin.

Tätigkeitsschwerpunkte 2017

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Internationale Konferenz zur „Verfassung und Modernisierung der Gesellschaft und des Staates“ in Astana
  • Arbeitsbesuch zum Thema „Landesverfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland“ in Koblenz
  • Übersetzung des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes ins Russische

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Studienreise für vier Vertreter des Patentamts der Republik Kasachstan zum Deutschen Patent- und Markenamt und zum Europäischen Patentamt in München

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Studienreise zum Thema „Recht und Sicherheit am Flughafen“ nach Frankfurt und Braunschweig
  • Internationale Konferenz zum Thema „Effiziente Strafpolitik und optimales gerichtliches Strafverfahrensmodell als prioritäre Entwicklung eines modernen Rechtsschutzsystems“ in Ak-Bulak
  • Internationale Konferenz zum Thema „Strafverfahren zu Betrugsdelikten“ in Astana
  • Arbeitsbesuch „Strafrechtliches Ermittlungsverfahren“ in Frankfurt/Main
  • Internationaler Runder Tisch zur Reform der Strafprozessordnung der Republik Kasachstan in AlmatySeminar zum Thema „Strafvollstreckung“ in Astana
  • Studienreise zum Thema „Straftaten gegen die Gerichtsbarkeit und Strafvollzugsordnung“ nach Kempten
  • Runder Tisch „Entwicklungsperspektiven des Strafprozesses im Zuge der Modernisierung der strafprozessualen Gesetzgebung“ in Astana
  • Runder Tisch zum Thema „Internetkriminalität und Datenschutz“ in Astana
  • Arbeitsbesuch von vier Vertreterinnen und Vertretern des Justizministeriums der Republik Kasachstan zum Thema „Herausforderungen bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten“ in Berlin

Aus- und Fortbildung

  • Teilnahme des Vorsitzenden des Richterbundes der Republik Kasachstan sowie seines Beraters an der Veranstaltung der Memorandumgruppe der Richterassoziationen in Tiflis
  • Teilnahme einer Verwaltungs- und Strafrichterin aus Almaty sowie eines Zivilrichters aus dem Kreisgebiet des Rayons Naurzum Kostanaj an dem multilateralen Hospitationsprogramm für deutschsprachige Richter und Staatsanwälte

Ausblick

Die Zusammenarbeit mit den kasachischen Partnerinstitutionen für das Jahr 2018 wird sich an den anstehenden Gesetzesreformen in Kasachstan orientieren. Dementsprechend werden insbesondere das Straf- und Strafprozessrecht sowie das Zivilrecht einen breiten Raum im Hinblick auf die Aktivitäten der IRZ einnehmen. Ferner werden die Kooperationen mit dem Verfassungsrat sowie dem Fortbildungsinstitut bei der Generalstaatsanwaltschaft fortgesetzt. Darüber hinaus ist geplant, die in den letzten Jahren mit dem kasachischen Justizministerium aufgenommene Kooperation zum geistigen Eigentum weiter zu vertiefen und auch auf andere Fachgebiete auszuweiten. Neben der Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Obersten Gerichtshof soll auch die Partnerschaft mit kasachischen Anwälten und Notaren weiter ausgebaut werden.