Kasachstan - Jahresbericht 2015
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 18. Mai 2016
Strategische Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Ausgangslage
Im Frühjahr 2015 fand in der Republik Kasachstan die vorgezogene Präsidentenwahl statt. Dabei wurden im Rahmen des „100-Schritte-Programms" fünf institutionelle Reformen angekündet. Diese sehen neben einer Modernisierung des Staatsapparats und der Förderung von Industrialisierung und Wirtschaftswachstum die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Bildung eines transparenten und rechenschaftspflichtigen Staates vor. Dabei wurde auf nationaler Ebene öffentlich kritisiert, dass dieses Programm kaum Raum für politische Reformen vorsieht.
Am 1. Oktober wurde das Protokoll über den Beitritt Kasachstans zur Welthandelsorganisation, das im Sommer unterzeichnet worden war, vom Parlament ratifiziert. Somit ist für Kasachstan der Weg frei, zum Ende des Jahres offiziell der 162. WTO-Mitgliedstaat zu werden.
Damit soll das ehrgeizige Ziel, im Jahr 2050 zu den 30 am weitesten entwickelten Ländern der Welt zu gehören, weiter verfolgt werden.
Konzeption
Seit sechs Jahren begleitet die IRZ die Republik Kasachstan bei umfassenden Justizreformen. Zu Beginn des Jahres 2015 sind u.a. das neue Strafgesetzbuch, die neue Strafprozessordnung, die Strafvollstreckungsordnung sowie das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in Kraft getreten. Im September wurde die neue Zivilprozessordnung vom Parlament verabschiedet, die ab Januar 2016 in Kraft tritt.
Den Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft sowie dem Obersten Gerichtshof bildeten die Beratungen zur Anwendung der neuen Strafrechtsnormen. Während die IRZ die Themen Terrorismus- und Korruptionsbekämpfung sowie strafrechtliche Vergehen in Kooperation mit der Generalstaatsanwaltschaft intensiv behandelte, lag das Hauptaugenmerk der gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Obersten Gerichtshof auf der Einführung von Ermittlungsrichterinnen und Ermittlungsrichtern im Strafprozess sowie auf Straftaten im Bereich der Wirtschaftskriminalität.
Ihre erfolgreiche Kooperation mit dem Verfassungsrat setzte die IRZ im Bereich des Verfassungsrechts und der Verwaltungsgerichtsbarkeit fort.
In Zusammenarbeit mit dem Justizministerium intensivierte die IRZ die Beratungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums und des Patentrechts. Im Herbst fand in Astana eine multilaterale Konferenz zu den Haager Übereinkommen statt, an der auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Tadschikistan, Turkmenistan und Russland mitgewirkt haben.
Tätigkeitsschwerpunkte 2015
Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit
- IV. Internationale Konferenz der parlamentarischen Rechtsausschüsse zum Thema „Grundrechtsschutz und mögliche Einschränkungen sowie Verbraucherschutz im Netz" in Berlin
- Internationale Konferenz „Verfassung – Einigkeit des Volkes, Stabilität und Wohlstand" mit dem Verfassungsrat in Astana
Zivil- und Wirtschaftsrecht
- Seminar „Patentinformationsressourcen, Zugang der Behörden zu den entsprechenden Datenbanken sowie Erfahrungsaustausch bei der Schaffung von Patentinformationszentren" mit dem Justizministerium in Almaty
- Runder Tisch zu den Themen:
- Parallelimport von als geistiges Eigentum geschützten Gütern
- Maßnahmen der Zollbehörden gegen Produktpiraterie bzw. Produktfälschung
- Gerichtliche und rechtsanwaltliche Praxis bei der Behandlung von Streitigkeiten nach dem Prinzip der Rechtswegerschöpfung mit dem Justizministerium in Astana
- Multilaterale Konferenz "International Family Law, Legal Cooperation and Commerce: Promoting the Rule of Law and cross-border Trade in Central Asia through the Hague Conventions" mit dem Justizministerium und HCCH in Astana
Rechtspflege
- Studienreise zum Thema „Das Gesetzgebungsverfahren und rechtliches Monitoring von normativen Rechtsakten" mit dem BMJV nach Berlin
Öffentliches Recht
- Beteiligung an der internationalen Konferenz „Verwaltungsgerichtsbarkeit als Instrument des Rechtsstaates" mit dem Richterbund der Republik Kasachstan in Chișinău
Strafrecht und Strafvollzugsrecht
- Internationale Konferenz zum Thema „Rechtsinstrumente im Ausland im Bereich des öffentlichen Dienstes und der Korruptionsbekämpfung" mit der Agentur der Republik Kasachstan für den öffentlichen Dienst und Korruptionsbekämpfung in Kostanai
- Internationale Konferenz mit der Generalstaatsanwaltschaft und dem Verfassungsrat zum Thema „Modernisierung des Strafverfahrens als Gewährleistung für die Effektivität des Rechtsschutzsystems und Realisierung des Menschenrechtspotenzials der Verfassung der RK" in Ak-Bulak / Almaty
- Arbeitsbesuch der Generalstaatsanwaltschaft der RK zum Thema „Ermittlung und Untersuchung von strafrechtlichen Vergehen bei Strafsachen" in Frankfurt a.M. und Wiesbaden
- Zwei Veranstaltungen zum Thema „Einführung der Ermittlungsrichter im Strafprozess" mit dem Obersten Gerichtshof in Astana und Bremen
- Internationale Konferenz „Wirtschaftssicherheit des Staates. Straftaten im Bereich der Wirtschaftskriminalität" mit dem Obersten Gerichtshof in Schuchinsk
- Studienreise zur Bekämpfung des Terrorismus und des religiösen Extremismus mit der Generalstaatsanwaltschaft und in Kooperation mit der Botschaft der Republik Kasachstan nach Berlin
- Studienreise zum Thema „Straffälle im Bereich des Medizinstrafrechts sowie Jugendstrafrechts" mit der Generalstaatsanwaltschaft nach Kiel
- Runder Tisch zum Thema „Informationstechnologien: Verstärkte Rolle beim Kampf mit Extremismus und Terrorismus" in Taraz
Aus- und Fortbildung
- Teilnahme einer kasachischen Juristin am Kurs des Goethe-Instituts „Deutsch für Juristen" in Bonn
Ausblick
Die Zusammenarbeit mit kasachischen Partnerinstitutionen für das Jahr 2016 sieht als Schwerpunkt weiterhin Beratungen zur Anwendung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung vor. Auch wird die IRZ zur Anwendung der neuen ZPO-Normen beraten. Die Kooperation mit der Generalstaatsanwaltschaft, dem Verfassungsrat, dem Obersten Gerichtshof und dem Justizministerium soll fortgesetzt werden. Mit dem Richterbund, der 2016 den Vorsitz übernimmt, werden Veranstaltungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeit stattfinden. Intensiviert werden soll die Kooperation mit der Notarkammer sowie der Rechtsanwaltskammer.
Weitere Themen der Beratungen werden die Optimierung des Gerichtssystems von einem fünfstufigen zu einem dreistufigen Instanzensystem und die Einführung einer obligatorischen Krankenversicherung sein.