Kasachstan – Jahresbericht 2024
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 04. September 2025
Strategische Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Ausgangslage
Kasachstan ist bestrebt, sein politisches System zu demokratisieren und umfassende rechtliche, politische sowie wirtschaftliche Reformen durchzuführen, um die Modernisierung und Weiterentwicklung des Landes voranzutreiben. Im Februar 2024 wurde ein nationaler Entwicklungsplan vorgestellt, der bis 2029 Prioritäten für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die Verbesserung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung festlegt.
Um diese Ziele zu erreichen, sind die Steigerung der Qualität, Schnelligkeit, Effizienz und Unabhängigkeit der Justiz sowie die Fortführung der Reformen unter anderem bei den Strafverfolgungsbehörden notwendig. Zudem stehen die Optimierung der Arbeitsabläufe in den öffentlichen Einrichtungen, die Professionalisierung des Staatsapparats sowie die Weiterentwicklung der Antikorruptionspolitik im Fokus. So wurde beispielsweise Mitte 2024 ein wichtiges Reformgesetz verabschiedet, mit dem häusliche Gewalt zukünftig nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat eingestuft wird – ein Schritt in Richtung Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung.
Konzeption
In Kooperation mit den kasachischen Partnerinstitutionen verfolgt die IRZ das Ziel, Rechtsstaatlichkeit und insbesondere die Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz in Kasachstan zu fördern. So hat sie im Jahr 2024 das im Januar 2023 neu gegründete Verfassungsgericht der Republik Kasachstan beratend unterstützt und das Bestreben des kasachischen Partners, das neu eingeführte Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Praxis umzusetzen, aufgegriffen. Die Beratung zielt langfristig darauf ab, die Qualität der Verfassungsrechtsprechung zu verbessern und die Anwendung europäischer und internationaler Menschenrechtsstandards in der Praxis zu gewährleisten. Dies soll auch das Vertrauen der kasachischen Bevölkerung in das Verfassungsgericht stärken. Hier arbeitet die IRZ intensiv mit dem Programmbüro der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zusammen.
Durch die Fortführung der Beratungen zu zivilrechtlichen Themen soll der Wissenstransfer zwischen deutschen und kasachischen Juristinnen und Juristen gefördert und zur Erleichterung der internationalen zivilrechtlichen Zusammenarbeit sowie des Rechtshilfeverkehrs beigetragen werden.
Korruption stellt in der Republik Kasachstan nach wie vor ein erhebliches Problem dar. Im Jahr 2024 veröffentlichte die Staatengruppe gegen Korruption (Group of States against Corruption – GRECO) des Europarates ihren ersten Bericht über Kasachstan. Darin wird festgestellt, dass das Land zwar einige Empfehlungen von GRECO umgesetzt hat, was durch die im Berichtszeitraum ergriffenen legislativen und institutionellen Maßnahmen belegt ist. Dennoch bleibt die Bekämpfung von Korruption eine bedeutende Priorität der politischen Agenda des Landes und erfordert seitens der kasachischen Behörden ein entschlosseneres Handeln. Die IRZ ist daher auch weiterhin in diesem Bereich beratend tätig.
Tätigkeitsschwerpunkte 2024
Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit
- Mitwirkung an der in hybrider Form durchgeführten internationalen Konferenz „Constitution: the embodiment of the values of the Rule of Law, civil society and the modern state“ des Verfassungsgerichts der Republik Kasachstan in Astana
- Schulungsreihe zum Thema „Die verfassungsmäßigen Menschen- und Bürgerrechte in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre. Teil 1: Allgemeine Handlungsfreiheit“ in Astana gemeinsam mit dem Verfassungsgericht der Republik Kasachstan und dem Zentrum für deutsches Recht an der Maqsut Narikbayev Universität (MNU)
- Vorlesung für die Richterschaft des Verfassungsgerichts der Republik Kasachstan zum Thema „Die verfassungsmäßigen Menschen- und Bürgerrechte in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre. Teil 1: Allgemeine Handlungsfreiheit“ in Astana
- Kick-off-Meeting mit dem Verfassungsgericht der Republik Kasachstan und dem Programmbüro der OSZE zur Erarbeitung der Guidelines zum Thema „Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde“ in Astana
- Fachlicher Austausch mit der Richterschaft und mit wissenschaftlichen Mitarbeitenden des Verfassungsgerichts der Republik Kasachstan und dem Programmbüro der OSZE zum Thema „Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde“ in Astana
Zivil- und Wirtschaftsrecht
- Seminar zur Anwendung des Haager Übereinkommens über das internationale Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen von Kindern und anderen Familienangehörigen (vom 23. November 2007) und des Haager Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (vom 18. März 1970) in Borovoe
- Studienreise einer Delegation der Gerichtsverwaltung der Republik Kasachstan zum Thema „Internationaler Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen“ nach Den Haag und Bonn in Zusammenarbeit mit dem Ständigen Büro der Haager Konferenz und dem Programmbüro der OSZE
Öffentliches Recht
- Fachgespräche zur Konsolidierung der kasachischen Verwaltungsgerichtsbarkeit und zu fachbezogener Gesetzgebung in Koblenz
Straf- und Strafvollzugsrecht
- Online-Beratungsgespräch zum Thema „Entwicklung neuer Konzepte für Ordnungswidrigkeiten und Straftaten“ mit dem Obersten Gerichtshof in Astana
Ausblick
Kasachstan bleibt weiterhin ein wichtiger Partnerstaat der IRZ, die gute und vertrauensvolle Kooperation mit den kasachischen Partnerinstitutionen wird auch im Jahr 2025 fortgesetzt. Die thematischen Schwerpunkte der Beratungen werden nach wie vor in den Bereichen Verfassungsrecht, Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht sowie Zivil- und Wirtschaftsrecht liegen. Die bisherige Arbeit der IRZ im Justizbereich, die einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung rechtsstaatlicher Grundsätze im Straf- und Strafverfahrensrecht leistet, soll mit Fokus auf Strafpolitik und Korruptionsprävention/-bekämpfung ebenfalls weiter vorangetrieben werden.