Am 1. Juli 2021 wird in Kasachstan das Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrechtsgesetz in Kraft treten. Vor diesem Hintergrund veranstaltete die IRZ in Kooperation mit der Rechtsakademie des Obersten Gerichtshofs der Republik Kasachstan bereits mehrere Fortbildungsseminare für kasachische Richterinnen und Richter, zuletzt am 3. März 2021.
Dieses Online-Seminar, für das die IRZ mit Dr. Christian Schaich und Dr. Christian Reitemeier zwei Experten mit langjähriger Erfahrung gewinnen konnte, richtete sich an angehende Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter.
Dr. Christian Schaich, Administrativer Geschäftsführer im Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien, eröffnete die Veranstaltung mit dem Thema „Allgemeines Verwaltungsrecht“. Dabei beleuchtete er insbesondere folgende Punkte:
Quellen des Verwaltungsrechts und ihre Klassifizierung
Begriff und Arten des Verwaltungsaktes
Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt
Dr. Christian Reitemeier, Leitender Ministerialrat im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, setzte die Veranstaltung mit der Darstellung des Verwaltungsgerichtsverfahrens mit folgenden Themen fort:
Verwaltungsklage
Richterliche Behandlung der verwaltungsgerichtlichen Klage
Verwaltungsgerichtsurteil
Beide IRZ-Experten vermittelten das Thema exzellent und illustrierten ihre Vorträge, die bei den kasachischen Teilnehmenden auf großes Interesse stießen, mit vielen Fallbeispielen. Da an dem Seminar ausschließlich zukünftige Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen teilnahmen, bewegte sich die Fachdiskussion auf entsprechend hohem Niveau.
Die IRZ plant weitere Fortbildungen für Richterinnen und Richter in Kasachstan, u.a. zu den Themen Mediation und gerichtlicher Vergleich im Verwaltungsprozess.
Der 10. Dezember ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Aus diesem Anlass tagte am 10. Dezember 2020 das II. Eurasische Forum zu diesem Thema. Das Forum, das von der IRZ gemeinsam mit der Rechtsakademie des Obersten Gerichtshofs der Republik Kasachstan und der Universität KAZGUU organisiert wurde, fand als sogenannte Hybridveranstaltung in der Rechtsakademie und online statt.
Die Rektorin der Rechtsakademie, Zauresch Baimoldina, eröffnete das Forum und führte durch die Veranstaltung, die auf YouTube übertragen wurde und rund 700 Interessierte erreichte.
Grußworte sprachen neben dem deutschen Botschafter in Kasachstan, Dr. Tilo Klinner, auch Professor Sergey Pen, Rektor der Universität KAZGUU, und Aslan Tukiyev, Richter am Obersten Gerichtshof der Republik Kasachstan. Die Vortragenden erwähnten in ihren Ansprachen unter anderem das Vorhaben der Regierung Kasachstans zur Abschaffung der Todesstrafe, die Reform des Wahlrechts mit der Dreißig-Prozent-Quote für Frauen und Jugendliche auf den Parteilisten sowie ein im Frühjahr 2020 erlassenes Gesetz, das friedliche Kundgebungen zulässt.
Die IRZ war mit zwei Expertinnen vertreten:
Isabelle Biallaß, Richterin am Amtsgericht und Referentin im Ministerium der Justiz NRW, widmete sich dem Thema „The Ethical Charter on the use of artificial intelligence in judicial systems (CEPEJ)“.
Dr. Kerstin Ashauer, Abteilungsleiterin bei der Senatorin für Justiz und Verfassung des Landes Bremen, referierte zum Thema „Protection of Human Rights in Prison in the COVID-19 Context“.
Die übrigen Vorträge des Forums hielten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Hochschulen in Kasachstan, der Russischen Föderation und der Ukraine. Die Referate waren thematisch breit gefächert und widmeten sich aktuellen Aspekten des Menschenrechtsschutzes.
Im nächsten Jahr wird die IRZ die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Rechtsakademie beim Obersten Gerichtshof der Republik Kasachstan fortsetzen.
Die IRZ veranstaltete gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan am 9. Dezember 2020 ein Online-Seminar zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (HKÜ). Das Ziel des Übereinkommens ist, den Status quo durch die sofortige Rückgabe widerrechtlich verbrachter oder zurückgehaltener Kinder mithilfe der Zusammenarbeit der zentralen Behörden wiederherzustellen.
Das HKÜ ist in Kasachstan am 1. September 2013 in Kraft getreten, und der Europäische Rat ermächtigte durch seinen Beschluss vom 8. Dezember 2016 die Mitgliedstaaten im Interesse der Europäischen Union, den Beitritt Kasachstans zum HKÜ anzunehmen. Im Verhältnis zu Deutschland trat das Übereinkommen zum 1. Mai 2017 in Kraft.
Im Jahr 2015 hatte bereits eine HKÜ-Konferenz mit Kasachstan stattgefunden, an welche die jetzige Zusammenarbeit anknüpfen konnte.
Die IRZ konnte für das Online-Seminar folgende europäische und deutsche Expertinnen und Experten gewinnen:
Dr. Christophe Bernasconi, Generalsekretär der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht
Dr. Gérardine Goh Escolar, Erste Sekretärin des ständigen Büros der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht
Ulrike Kluth, Referentin Internationale Sorgerechts-, Kindesentführung-, Kinder- und Erwachsenenschutzangelegenheiten im Bundesamt für Justiz
Dr. Joanna Guttzeit, Richterin am Amtsgericht Pankow/Weißensee, Verbindungsrichterin im Internationalen Haager Verbindungsrichternetzwerk, Verbindungsrichterin im Europäischen Justiziellen Netzwerk
Dr. Christophe Bernasconi umriss in seinem Beitrag „40 Jahre Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980“ die wesentlichen Errungenschaften des HKÜ und betonte die damit einhergehende Verantwortung für das Kindeswohl in HKÜ-Verfahren. Dr. Goh Escolar ging in ihrem Vortrag detailliert auf den Ausnahmetatbestand des Art. 13 Abs. 1 b HKÜ „schwerwiegende Gefahr eines körperlichen und seelischen Schadens für das Kind“ ein und stellte die Anwendung dieser in der Praxis am häufigsten vorkommenden Ausnahmetatbestände und die sich im Einzelfall damit ergebenden Schwierigkeiten näher vor.
Ulrike Kluth stellte die Best Practices des Bundesamts für Justiz im Zusammenhang mit dem Seminarthema vor. Denn das Bundesamt nimmt seine Aufgaben nach den Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts als zentrale Behörde in Deutschland wahr.
Dr. Joanna Guttzeit referierte über die praktische Arbeit und Aufgaben der Richterinnen und Richter in internationalen Kindschaftsverfahren. Dabei ging sie auch auf das Modellprojekt „Mediator im Gericht“ ein. Dort sind Mediatorinnen und Mediatoren bei internationalen Kindschaftsverfahren im Gericht anwesend und informieren die Eltern umfassend über das Mediationsverfahren.
Die kasachischen Referentinnen und Referenten stellten u.a. die aktuelle Lage in Kasachstan, die Rolle der zuständigen Behörde bei internationalen Kindesentführungen sowie die Sicherstellung der grenzüberschreitenden Kooperation in diesem Bereich vor.
Das Seminar war ein voller Erfolg. Die Teilnehmenden hatten viel Gelegenheit, offene Fragen zu besprechen. Auf beiden Seiten ist das Interesse sehr groß, die Zusammenarbeit zum HKÜ fortzusetzen und weiter zu intensivieren. Die IRZ ist gerne bereit, weitere Veranstaltungsformate auf diesem Gebiet auch zukünftig zu unterstützen.