Besuch der kosovarischen Richterschaft und Staatsanwaltschaft in Bonn

Fachgespräch bei der Staatsanwaltschaft Bonn im Rahmen der Studienreise für kosovarische Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 12. bis 16. Dezember 2022 in Bonn.
Fachgespräch bei der Staatsanwaltschaft Bonn im Rahmen der Studienreise für kosovarische Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 12. bis 16. Dezember 2022 in Bonn.
Kosovo

Vom 12. bis 16. Dezember 2022 erhielt eine Delegation von 22 kosovarischen Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie Vertreterinnen und Vertretern der kosovarischen Justizakademie einen praktischen Einblick in die Arbeitsweise deutscher Gerichte und Staatsanwaltschaften.

Ziel war es auch, einen Fach- und Erfahrungsaustausch mit deutschen Kolleginnen und Kollegen zu etablieren und somit die Kontakte zwischen den Institutionen zu stärken. Dabei lag der Fokus auf dem Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Im Zuge der Studienreise tauschte sich die Delegation mit Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichts Köln über den Aufbau und die Rolle der ordentlichen Gerichtsbarkeit, das deutsche Zivilprozessrecht, die Grundlagen des familiengerichtlichen Verfahrens sowie die Möglichkeiten der alternativen Streitbeilegung in Deutschland aus. Diese Themen waren für die Teilnehmenden – angesichts aktueller Bemühungen, das kosovarische Zivilprozessrecht nach deutschem Vorbild zu reformieren – von besonderem Interesse.

Weitere praktische Erfahrungen sammelte die Delegation im Rahmen eines Besuchs am Land- und Amtsgericht in Bonn. Nach der Begrüßung durch Herrn Dr. Stefan Weismann, dem Präsidenten des Landgerichts, nahm die Delegation an verschiedenen Gerichtsverhandlungen in Strafsachen teil. Im Anschluss fand eine ausführliche Besprechung mit einer Richterin des Landgerichts statt, wobei die Teilnehmenden konkrete Fragen zum Verfahrensablauf und der richterlichen Verhandlungsführung stellen konnten. Nach einer Führung durch das Gerichtsmuseum erhielt die Delegation eine Einführung in das deutsche Strafprozessrecht.

Ein weiterer Höhepunkt der Studienreise war der Besuch der Staatsanwaltschaft Bonn. Hier erhielt die Delegation einen umfassenden Einblick in die Rolle, Aufgaben und Organisation der Staatsanwaltschaft in Deutschland und Informationen über Ausbildung und Berufsbild eines Staatsanwaltes oder einer Staatsanwältin. Ein weiterer Schwerpunkt des Fachaustauschs lag zudem auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe.

Die dreitägige Studienreise prägten intensive Diskussionen und ein lebhafter fachlicher Austausch. Die aktive Beteiligung der Teilnehmenden bekräftigte erneut das große Interesse und die Bedeutung des deutsch-kosovarischen Fach- und Erfahrungsaustauschs.

Die Veranstaltung finanzierte das Auswärtige Amt im Rahmen der Projektförderung „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards“. Die Kooperation mit der kosovarischen Justizakademie soll auch 2023 fortgeführt und intensiviert werden.

Sektorübergreifende Zusammenarbeit hinsichtlich alternativer Strafen und Maßnahmen im Bereich des Jugendstrafrechts

Hybrides Seminar zum Thema „Jugendstrafrecht: (Alternative-) Strafen und Maßnahmen für Minderjährige“ in Kooperation mit der kosovarischen Bewährungshilfe und Justizakademie am 25. und 26. Oktober 2022.
Hybrides Seminar zum Thema „Jugendstrafrecht: (Alternative-) Strafen und Maßnahmen für Minderjährige“ in Kooperation mit der kosovarischen Bewährungshilfe und Justizakademie am 25. und 26. Oktober 2022.
Kosovo

In Kosovo werden noch immer überproportional viele Strafen ohne Aussetzung zur Bewährung verhängt. Gemäß der „Strategy on Rule of Law 2021–2026“ der kosovarischen Regierung und des kosovarischen Justizministeriums werden alternative Strafmaßnahmen im Durchschnitt nur in etwa 3 % der Fälle verhängt und dies meist nur an minderjährige Straftäterinnen und Straftäter.

Vor diesem Hintergrund veranstaltete die IRZ vom 25. bis 26. Oktober 2022 einen hybriden Fachaustausch in Kooperation mit der Bewährungshilfe Kosovo und der kosovarischen Justizakademie zum Thema „Jugendstrafrecht: (Alternative-) Strafen und Maßnahmen für Minderjährige“.

An der Veranstaltung nahmen sechs Richterinnen und Richter, fünf Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie neun Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer teil.

Zu den wichtigsten Diskussionsthemen zählten:

  • Verhängung von Diversionsmaßnahmen und Erziehungsmaßregeln
  • Maßnahmen und Strafen bei Jugendlichen mit psychischen Problemen
  • Verhängung von Zuchtmitteln und Jugendstrafen
  • Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens
  • Funktion der Jugendgerichtshilfe / Bewährungshilfe im Ermittlungs- und Gerichtsverfahren von Jugendlichen sowie bei der Vollstreckung
  • Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft

Im Laufe der zweitägigen Veranstaltung ermöglichten Nesrin Lushta, Richterin am Obersten Gerichtshof der Republik Kosovo und Shpetim Peci, Staatsanwalt (Staatsanwaltschaft Mitrovica) eine umfassende Darstellung des kosovarischen Rechtsrahmens und der aktuellen Praxis im Bereich des Jugendstrafrechts. Von deutscher Seite brachten Michael Grunwald, Oberstaatsanwalt (Staatsanwaltschaft Berlin) und Brigitte Koppenhöfer, Vorsitzende Richterin am Landgericht Düsseldorf a.D. den Teilnehmenden den deutschen Rechtsrahmen und bewährte Herangehensweisen näher. Im Vordergrund des Austauschs lag dabei jeweils die sektorübergreifende Zusammenarbeit zwischen Richterschaft, Staatsanwaltschaft und Bewährungshilfe im Bereich des Jugendstrafrechts.

Das Ziel des Seminars war die Stärkung der Netzwerkbildung zwischen der kosovarischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft sowie die Konsolidierung des gemeinsamen Bestrebens häufiger Bewährungsstrafen zu verhängen. Dabei sollte eine dafür unabdingbare offene Kommunikation in der täglichen Praxis mithilfe deutscher Erfahrungen und Expertise gefördert und für eine Kooperation der eingebundenen Institutionen auf Augenhöhe geworben werden. Dies soll langfristig auch die Bereitschaft zur Verhängung von Bewährungsstrafen und weiterer alternativer Strafen beitragen.

Die Veranstaltung ist Teil des Projekts „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards“ und wurde vom Auswärtigem Amt finanziert. Die Kooperation mit der kosovarischen Bewährungshilfe unter Einbeziehung weiter Berufsgruppen aus der Justiz soll auch in 2023 in Form von Rundtischgesprächen weiter ausgebaut werden.

Interne und externe Kommunikation von Justizbehörden

Seminar zum Thema „Interne und externe Kommunikation“ in Kooperation mit dem Kosovo Prosecutorial Council (KPC) am 19. und 20. Dezember 2022 in Pristina.
Seminar zum Thema „Interne und externe Kommunikation“ in Kooperation mit dem Kosovo Prosecutorial Council (KPC) am 19. und 20. Dezember 2022 in Pristina.
Kosovo

Am 19. und 20. Dezember 2022 diskutierten Pressesprecherinnen und Pressesprecher des Kosovo Prosecutorial Councils (KPC) und verschiedene kosovarische Staatsanwaltschaften sowie Gerichte aktuelle Fragen der internen und externen Kommunikation von Justizbehörden. Der Austausch war das Ergebnis eines Austauschs im Rahmen der Kooperation zwischen der IRZ und dem KPC und knüpfte an die langjährige Zusammenarbeit beider Institutionen im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Justizsektor an.

Die Veranstaltung bot den 19 Teilnehmenden die Möglichkeit sich zu verschiedenen Aspekten der internen und externen Kommunikation auszutauschen, aktuelle Herausforderungen aufzuzeigen und dabei Impulse und Handlungsempfehlungen für den Praxisalltag zu identifizieren. Neben allgemeinen Grundlagen einer guten Kommunikation thematisierten die Referierenden die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, Datenschutzregelungen im Strafverfahren, die Möglichkeiten der Litigation PR und die Nutzung von sozialen Medien durch öffentliche Institutionen.

Frau Brigitte Koppenhöfer, Vorsitzende Richterin am Landgericht Düsseldorf a.D. und Frau Katrin Latki-Baier, PR- und Kommunikationsberaterin stellten in diesem Zusammenhang den deutschen und teils europäischen Rechtsrahmen, vorhandene Richtlinien sowie Erfahrungen und Beispiele aus der Praxis vor.

Im Laufe der zweitägigen Veranstaltung entstand zwischen dem Expertenteam und den Teilnehmenden verschiedener Berufsgruppen und Institutionen ein engagierter Erfahrungsaustausch.

Das Auswärtige Amt finanzierte die Veranstaltung, welche Teil des Projekts „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards“ ist.

Die IRZ wird 2023 die Kooperation mit KPC zu Fragen der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit im Justizsektor weiter ausbauen und vertiefen.