Sektorübergreifende Zusammenarbeit hinsichtlich alternativer Strafen und Maßnahmen im Bereich des Jugendstrafrechts
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 01. Dezember 2022

In Kosovo werden noch immer überproportional viele Strafen ohne Aussetzung zur Bewährung verhängt. Gemäß der „Strategy on Rule of Law 2021–2026“ der kosovarischen Regierung und des kosovarischen Justizministeriums werden alternative Strafmaßnahmen im Durchschnitt nur in etwa 3 % der Fälle verhängt und dies meist nur an minderjährige Straftäterinnen und Straftäter.
Vor diesem Hintergrund veranstaltete die IRZ vom 25. bis 26. Oktober 2022 einen hybriden Fachaustausch in Kooperation mit der Bewährungshilfe Kosovo und der kosovarischen Justizakademie zum Thema „Jugendstrafrecht: (Alternative-) Strafen und Maßnahmen für Minderjährige“.
An der Veranstaltung nahmen sechs Richterinnen und Richter, fünf Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie neun Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer teil.
Zu den wichtigsten Diskussionsthemen zählten:
- Verhängung von Diversionsmaßnahmen und Erziehungsmaßregeln
- Maßnahmen und Strafen bei Jugendlichen mit psychischen Problemen
- Verhängung von Zuchtmitteln und Jugendstrafen
- Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens
- Funktion der Jugendgerichtshilfe / Bewährungshilfe im Ermittlungs- und Gerichtsverfahren von Jugendlichen sowie bei der Vollstreckung
- Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft
Im Laufe der zweitägigen Veranstaltung ermöglichten Nesrin Lushta, Richterin am Obersten Gerichtshof der Republik Kosovo und Shpetim Peci, Staatsanwalt (Staatsanwaltschaft Mitrovica) eine umfassende Darstellung des kosovarischen Rechtsrahmens und der aktuellen Praxis im Bereich des Jugendstrafrechts. Von deutscher Seite brachten Michael Grunwald, Oberstaatsanwalt (Staatsanwaltschaft Berlin) und Brigitte Koppenhöfer, Vorsitzende Richterin am Landgericht Düsseldorf a.D. den Teilnehmenden den deutschen Rechtsrahmen und bewährte Herangehensweisen näher. Im Vordergrund des Austauschs lag dabei jeweils die sektorübergreifende Zusammenarbeit zwischen Richterschaft, Staatsanwaltschaft und Bewährungshilfe im Bereich des Jugendstrafrechts.
Das Ziel des Seminars war die Stärkung der Netzwerkbildung zwischen der kosovarischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft sowie die Konsolidierung des gemeinsamen Bestrebens häufiger Bewährungsstrafen zu verhängen. Dabei sollte eine dafür unabdingbare offene Kommunikation in der täglichen Praxis mithilfe deutscher Erfahrungen und Expertise gefördert und für eine Kooperation der eingebundenen Institutionen auf Augenhöhe geworben werden. Dies soll langfristig auch die Bereitschaft zur Verhängung von Bewährungsstrafen und weiterer alternativer Strafen beitragen.
Die Veranstaltung ist Teil des Projekts „Unterstützung mehrerer Staaten des Westbalkans bei der Konsolidierung rechtsstaatlicher und europäischer Standards“ und wurde vom Auswärtigem Amt finanziert. Die Kooperation mit der kosovarischen Bewährungshilfe unter Einbeziehung weiter Berufsgruppen aus der Justiz soll auch in 2023 in Form von Rundtischgesprächen weiter ausgebaut werden.