EUKOJUST

Kosovo

Die IRZ implementiert seit Oktober 2020 federführend das großvolumige EU geförderte Grant Projekt „European Programme/ Kosovo Justice Reform (EUKOJUST)“ in einem internationalen Konsortium gemeinsam mit den niederländischen Partner CILC und dem kroatischen Ministerium für Justiz und öffentliche Verwaltung (MoJPA).

Mit einem Volumen von 7 Millionen Euro und einer Laufzeit von 40 Monaten unterstützt EUKOJUST die kosovarischen Institutionen bei der Umsetzung der Justizreform und der Strategie für Rechtsstaatlichkeit, welche als Ergebnis einer zuvor umfassenden Überprüfung des Justizsektors im Kosovo hervorging.

Mit dem Ziel das kosovarische Justizsystem im Einklang mit europäischen und internationalen Standards zu bringen und das Vertrauen der Bevölkerung in das Justizsystem zu stärken, knüpft EUKOJUST an Ergebnisse aus vorangegangenen Projekten an und setzt konsolidiert und bedarfsorientiert Reforminitiativen für den gesamten Justizsektor unter einem Dach um.

Zu den Begünstigten des Projektes zählen das Justizministerium, der kosovarische Staatsanwaltschaftsrat, der kosovarische Justizrat, die kosovarische Justizakademie, die Rechtsabteilungsbüros des Premierministeriums, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Gerichten und Staatsanwaltschaften und freien juristischen Berufen sowie Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und auch Organisationen der Zivilgesellschaft im Justizsektor.

Das EUKOJUST-Projektteam, bestehend aus einem 19-köpfigen internationalem Team, einer großen Zahl internationaler und nationaler Experten vor Ort unter der Leitung des Teamleiters, implementiert eine Vielzahl an geplanten Aktivitäten mit einem Fokus auf die Stärkung der Kapazitäten und der interinstitutionellen Koordinierung im Justizsektor, die Stärkung der Unabhängigkeit und der Transparenz der Justiz, Konsolidierung und Angleichung des rechtlichen und institutionellen Rahmens und die Verbesserung des Zugangs zur Justiz insbesondere für Frauen und marginalisierte oder benachteiligte Gruppen.

Ein Lenkungsausschuss des Projekts, das „Steering Committee“ setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der EU-Delegation im Kosovo, der einzelnen kosovarischen Ministerien und der Konsortiums Mitglieder der IRZ, CILC sowie des kroatischen Justizministeriums zusammen. Der Ausschuss tagt in regelmäßigen Abständen und steuert und überwacht den Fortschritt des Projektes.

Funded by the European Union

Fachaustausch zum Thema „konkrete Normenkontrolle“

Kosovo

Am 22. Februar 2022 veranstaltete die IRZ in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht der Republik Kosovo einen Online-Fachaustausch zum Thema „konkrete Normenkontrolle“.

Gresa Caka-Nimani, Präsidentin des Verfassungsgerichts, Enver Peci, Präsident des Obersten Gerichts und Frank Hupfeld, IRZ, eröffneten die Veranstaltung, welche über 45 Richterinnen und Richter und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts versammelte. Die Referierenden hoben bereits in den Eröffnungsreden die Bedeutung des deutsch-kosovarischen Fach- und Erfahrungsaustauschs angesichts der vergleichsweisen jungen Rechtsprechung des kosovarischen Verfassungsgerichts hervor.

Radomir Laban, Richter am kosovarischen Verfassungsgericht, stellte zunächst den rechtlichen Rahmen und die Praxis des Verfassungsgerichts im Umgang mit der konkreten Normenkontrolle vor. Anhand einer detaillierten Darstellung der, bis dato sieben rechtswirksamen Urteile, erörterte er die Rechtsprechung des kosovarischen Verfassungsgerichts im Hinblick auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer konkreten Normenkontrolle. Shukri Sylejmani, Richter am Obersten Gericht, beleuchtete nachfolgend das Verfahren der konkreten Normenkontrolle aus der Sicht des vorlegenden Gerichts. Dabei veranschaulichte er, neben der Rolle und Anforderungen an die Gerichte und Parteien, auch die Herausforderungen die sich in diesem Zusammenhang stellen.

Im Anschluss an die kosovarischen Vorträge vermittelten im Auftrag der IRZ Prof. Dr. Dr. hc. Gertrude Lübbe-Wolff (Richterin des Bundesverfassungsgerichts a.D. / Professorin für Öffentliches Recht der Universität Bielefeld) und Prof. Dr. Michael Eichberger (Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. / Honorarprofessor an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen) den deutschen Rechtsrahmen, Praxis und Erfahrungen mit der konkreten Normenkontrolle. Prof. Dr. Lübbe-Wolff setzte dabei zunächst das Instrument der konkreten Normenkontrolle in seinen historischen und rechtsvergleichenden Kontext und präsentierte den Verfahrensablauf vor dem Bundesverfassungsgericht. Prof. Dr. Eichberger befasste sich näher mit dem Verfahrensgegenstand, den Zulässigkeitsvoraussetzungen und dem Prüfungsumfang und zeigte mögliche Entscheidungsinhalte und Entscheidungswirkungen im Zuge einer konkreten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht auf.

Das virtuelle Fachgespräch war von einer aktiven Mitwirkung der teilnehmenden Richter und Richterinnen und einer insgesamt sehr vertrauensvollen Atmosphäre geprägt. Die Beteiligung deutscher Expertinnen und Experten ermöglichte dabei eine umfassende Betrachtung der rechtlichen Grundlagen, Verfahrensabläufe, Zulässigkeitsvoraussetzungen und Handhabung der konkreten Normenkontrolle in Kosovo unter Bezugnahme der deutschen Rechtspraxis. Zudem bot der Fach- und Erfahrungsaustausch zwischen den deutschen und kosovarischen Richterinnen und Richtern und Rechtspraktikerinnen und Rechtspraktikern die Möglichkeit neben den Herausforderungen auch Best Practices und Lösungsansätze für den kosovarischen Kontext zu identifizieren.

Rundtischgespräche zur Sektor-übergreifenden Zusammenarbeit hinsichtlich alternativer Strafen und Maßnahmen

Kosovo

Auch 2021 führte die IRZ in Kosovo die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den regionalen Bewährungshilfestellen des Landes fort. Im Zuge von drei Online-Rundtischgesprächen mit wechselnden Teilnehmergruppen aus den Regionen Pristina, Prizren, Mitrovica, Peja und Gjilan fand ein reger und vertrauensvoller Austausch statt. Dessen Fokus lag auf alternativen Maßnahmen und Strafen im Bereich des Jugendstrafrechts.

Der jeweils erste Veranstaltungstag widmete sich der Sektor-übergreifenden Zusammenarbeit zwischen Richterschaft, Staatsanwaltschaft und Bewährungshilfe und thematisierte, neben der Funktion und den gesetzlichen Grundlagen der Bewährungsstrafe, die Bewährungsüberwachung in der Praxis. 

Teilnehmende waren:

  • Richterinnen und Richter,
  • Staatsanwältinnen und Staatsanwälte,
  • Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer sowie
  • Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

Sie hatten Gelegenheit, aktuelle Herausforderungen, bewährte Methoden sowie das Zusammenwirken der für alternative Maßnahmen zuständigen Institutionen näher zu betrachten. 

Der zweite Veranstaltungstag bot den Vertreterinnen und Vertretern der regionalen Bewährungshilfestellen die Möglichkeit einer vertieften und praxisnahen Diskussion über die Organisation, Rolle und Aufgaben von Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern, insbesondere im Umgang mit jugendlichen Straftäterinnen und Straftätern. Dabei standen die Themen Resozialisierung, Verhinderung von Rückfällen sowie das Übergangsmanagement unter Berücksichtigung besonderer Problemlagen wie Arbeitslosigkeit, Verschuldung, häusliche Gewalt oder fehlende familiäre Strukturen im Mittelpunkt.

Von deutscher Seite führte ein mehrköpfiges Team von Expertinnen und Experten durch die Veranstaltungsreihe:

  • Oberstaatsanwalt Michael Grunwald, Staatsanwaltschaft Berlin
  • Staatsanwalt Matthias Betschner, Staatsanwaltschaft Duisburg
  • Richter Alexander Conrad, Amtsgericht Oberhausen
  • Stefan Thier, Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein
  • Bewährungshelferin Viola Würffel, Dienstgruppenleitung Sicherheitsmanagement, Soziale Dienste der Justiz Berlin

Die vom Auswärtigen Amt finanzierten Rundtischgespräche ermöglichten, zusätzlich zu einem intensiven und praxisorientierten Fach- und Erfahrungsaustausch, vor allem eine breitere Netzwerkbildung zwischen Bewährungshilfe, Richterschaft und Staatsanwaltschaft der verschiedenen Regionen. Die insgesamt sechs Veranstaltungstage waren geprägt von lebhaften und engagierten Diskussionen und stießen bei allen Beteiligten auf sehr positive Resonanz.