Usbekistan – Jahresbericht 2024

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Usbekistan setzt innenpolitisch weiterhin die im September 2023 erarbeitete ambitionierte „Strategie Usbekistan 2030“ um. Darin sind 100 Ziele formuliert, hierzu zählen wirtschaftliches Wachstum, Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Aufbau einer öffentlichen Verwaltung und die Fortführung einer sicherheits- und friedensbasierten Politik. Im Justizbereich ist vor allem die Einführung des Instituts der Ermittlungsrichterschaft an den Bezirks- und Stadtstrafgerichten, die ab Januar 2025 ihre Arbeit aufnimmt, ein wichtiger Reformschritt.

Im Sinne der sich intensivierenden deutsch-usbekischen Beziehungen besuchte Bundeskanzler Scholz in Begleitung einer großen Wirtschaftsdelegation Mitte September 2024 Usbekistan und im Anschluss daran den sogenannten Z5+1-Gipfel für Zentralasien in Astana, Kasachstan.

Auch das usbekische Justizministerium strebt für die Zukunft eine etwas engere Zusammenarbeit mit dem BMJV an.

Seit Januar 2024 verstärkt zudem die EU ihr Engagement in Zentralasien: Das Europäische Parlament aktualisierte seine Strategie zur Förderung von Kooperation, demokratischen Werten und Handel.

Konzeption

Vor dem Hintergrund der langfristigen rechtspolitischen Reformvorhaben Usbekistans ergeben sich zahlreiche Themen für die internationale Rechtsberatung und die IRZ.

Ein zentraler Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist das Straf- und Strafprozessrecht, weshalb die Kooperation mit der Generalstaatsanwaltschaft fortgeführt wird. Weiterhin berät die IRZ zum Justizvollzug und zum neuen Institut der Ermittlungsrichterschaft, bei dessen Einführung dem Obersten Gericht eine federführende Rolle zukommt.

Die Einführung dieses neuen Instituts ab Januar 2025 erfordert umfangreiche Schulungen. Die IRZ zielt darauf ab, durch deutsches Know-how Mechanismen zum Schutz der Beschuldigtenrechte zu stärken und das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem zu verbessern.

Tätigkeitsschwerpunkte 2024

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Beratung der usbekischen Kommission zur Ausarbeitung einer nationalen Strategie zur Bekämpfung des Betäubungsmittelhandels und -missbrauchs durch Fachgespräche mit der deutschen Staatsanwaltschaft und Polizei in Berlin
  • Zwei Fortbildungsseminare für die Ermittlungsrichterschaft zum Schutz der Beschuldigtenrechte im Ermittlungsverfahren in Taschkent
  • Studienreise nach Berlin zur Reform des Strafvollzugs unter Einbeziehung internationaler Standards
  • Folgeseminar zur Reform des Strafvollzugs unter Einbeziehung internationaler Standards in Taschkent
  • Seminar zum Ausbau des Schutzes und der Durchsetzung sozialer Rechte mit besonderem Fokus auf Jugendliche (Prävention Jugendkriminalität) in Taschkent

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt
EU-Twinning-Projekt „Systematisierung und Vereinfachung des Rechtsrahmens in Usbekistan“

Am 1. April 2024 konnte in Usbekistan ein Twinning-Projekt starten, ­welches die IRZ federführend im Team mit dem lettischen Justizministerium gewinnen konnte. Es ist dem Themenkomplex Gesetzgebung und Systematisierung gewidmet, hat ein Volumen von 1,8 Millionen Euro und eine Laufzeit von 28 Monaten. Mit dem Vorhaben soll Usbekistan und speziell das dortige Justizministerium dabei unterstützt werden, das normative Umfeld für wirtschaftliche Entwicklung und Handel durch mehr Konsistenz und Transparenz zu verbessern.

Die deutschen und lettischen Expertinnen und Experten haben zusammen mit dem Justizministerium der Republik Usbekistan damit begonnen, Maßnahmen zur Verbesserung von Wissensstand und Vermittlung von Fachwissen umzusetzen, um die Normsetzungsprozesse im Ministerium zu verbessern und den Normenbestand zu harmonisieren. Im Vordergrund standen hier grundsätzliche Strukturfragen, wie auch die Konzeption von Inhalten für Online-Plattformen mit Informationen zu bewährten Verfahren in den Bereichen Gesetzessystematisierung, Gesetzesfolgenabschätzung und der Einbeziehung relevanter Akteure und Akteurinnen in Verfahren zur Normsetzung.

Bis zunächst Juni 2026 wird ein Team von deutschen, lettischen und internationalen Fachleuten zusammen mit dem Mitarbeiterstab des usbekischen Justizministeriums versuchen, durch den Austausch zu bewährten Methoden dazu beizutragen, das geltende Regelwerk übersichtlicher und die Gesetzgebung planbarer zu gestalten. Hierzu werden Lehrmaterialien und Fortbildungspläne überarbeitet und in ausgewählten Rechtsbereichen Verfahren zur Beteiligung von Interessengruppen zur besseren Folgenabschätzung konzipiert und beispielhaft durchgeführt. Dies wird durch Fachreisen anschaulich gemacht. Teil des Projektes ist auch, Möglichkeiten und Grenzen effektiver digitaler Instrumente der künstlichen Intelligenz im Bereich Systematisierung, etwa anhand entsprechender Einrichtungen in Lettland, vorzustellen.

Ausblick

Auch 2025 wird die IRZ die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden mit Fortbildungen von Fachkräften und einem systematischen Wissenstransfer zu Best Practices im nationalen und internationalen Kontext unterstützen.

Neben dem Strafrecht wird die IRZ auch die Bereiche Zivil- und Wirtschaftsrecht, Öffentliches Recht sowie die Aus- und Fortbildung verstärkt in den Fokus nehmen. In Kooperation mit dem Obersten Gericht, der Richterschule beim Höchsten Richterrat, der Generalstaatsanwaltschaft, dem Innenministerium sowie der Agentur für Sozialschutz plant die IRZ gezielte Schulungen, hybride Seminare und praxisorientierte Workshops zur Vertiefung fachlicher Kenntnisse, zur Harmonisierung der nationalen Rechtsprechung und zur nachhaltigen Unterstützung von Reformprozessen anzubieten.