Marokko – Jahresbericht 2022

Teilnehmende des Symposiums zur Digitalisierung der Wirtschaftsgerichtbarkeit sowie Investitionsförderung und Investitionsschutz in Rabat (Marokko) am 12. und 13. Dezember 2022 in Zusammenarbeit mit dem Bündnis für das deutsche Recht.
Teilnehmende des Symposiums zur Digitalisierung der Wirtschaftsgerichtbarkeit sowie Investitionsförderung und Investitionsschutz in Rabat (Marokko) am 12. und 13. Dezember 2022 in Zusammenarbeit mit dem Bündnis für das deutsche Recht.

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Marokko ist ein wichtiges politisches und wirtschaftliches Bindeglied zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent.

Mit den Parlamentswahlen im September 2021 wurde die langjährige Regierungspartei „Gerechtigkeit und Entwicklung“ (PJD) abgewählt, der König ernannte Aziz Akhannouch von der Partei „Nationale Versammlung der Unabhängigen“ (RNI) zum neuen Premierminister.

Marokko verfolgt weiterhin die vom König geförderte „Nationale Initiative für menschliche Entwicklung“ (INDH). Das Regierungsprogramm umfasst die drei Achsen Stärkung der sozialen Fundamente des Staates, Reformierung und Modernisierung der Wirtschaft zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze sowie Stärkung der Good Governance in der Verwaltung. Ausgeweitet werden darüber hinaus die Regionalisierung sowie die Dezentralisierung der Verwaltung. In diesem Zusammenhang legt die neue Regierung einen besonderen Fokus auf die Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen.

Der seit Oktober 2021 amtierende Justizminister Abdellatif Ouahbi führt konsequenterweise die aktuelle Reform des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung fort und priorisiert dabei ausdrücklich die Einführung alternativer Strafen sowie die digitale Transformation der Justiz.

Konzeption

2022 verstärkten die IRZ und die marokkanische Justiz erneut ihre bilaterale Zusammenarbeit.

Dabei sind die wichtigsten Partnerinstitutionen das Justizministerium, der Hohe Justizrat, die Oberstaatsanwaltschaft und die Strafvollzugsbehörde.

Entsprechend den Reformvorhaben der marokkanischen Regierung lagen die Schwerpunkte auf wirtschaftsrechtlichen Themen, insbesondere mit dem thematischen Fokus auf Investitionsförderung und -schutz sowie im Bereich der Rechtspflege mit dem Fokus auf Modernisierung und Digitalisierung der Justiz. Die IRZ orientiert sich mit den realisierten Maßnahmen an der Reform der Strafjustiz und der Strafgesetzgebung. Beide Aspekte haben für die marokkanische Regierung eine hohe Priorität, wobei die Bereiche alternative Strafen und Alternativen zur Untersuchungshaft Kernthemen der Reformen sind.

Tätigkeitsschwerpunkte 2022

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Symposium in Zusammenarbeit mit dem Bündnis für das deutsche Recht und dem Justizministerium Marokkos unter Beteiligung des Wirtschaftsministeriums Marokkos, der marokkanischen Rechtsanwalts- und Notarkammer zum Thema „Investitionsförderung und Investitionsschutz in Afrika“

Rechtspflege

  • Online-Regionalkonferenz zum Thema „Digitalisierung der Justiz, elektronischer Rechtsverkehr und Datenschutz“ mit dem Justizministerium Marokkos unter Beteiligung des Justizministeriums Algeriens

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Erfahrungsaustausch zu alternativen Strafen und Alternativen zur Untersuchungshaft mit dem Justizministerium und der Generalstaatsanwaltschaft Marokkos

Von der Europäischen Union finanziertes Projekt

EU-Technical-Asisstance-Projekt „Assistance technique auprès de la Délégation Générale à l’Administration Pénitentiaire et à la Réinsertion pour appuyer la mise en œuvre des Politiques de réinsertion sociale des détenus et de prévention de la récidive“ Marokko

Im August 2022 schloss die IRZ das EU-Technical-Assistance-Projekt, das seit 2018 unter der Federführung des französischen Partners DMI durchgeführt wurde, erfolgreich ab. Ziel des Projekts war die aktive Unterstützung der Reform des marokkanischen Strafrechtssystems. Dafür sollten die Standards im Strafvollzug sowie die Resozialisierung von Häftlingen und die Prävention von Rückfällen verbessert werden. Hauptbegünstigte war die Allgemeine Verwaltungsbehörde der Gefängnisse in Marokko (Délégation Génerale de l’Administration Pénitentaire, DGAPR).

Der Fokus lag 2022 auf der Ausarbeitung und Implementierung unterschiedlicher Interventionsprogramme und auf der Stärkung der Kompetenzen von Strafvollzugsbeamtinnen und Strafvollzugsbeamten durch Schulungen im Bereich der sozialen Wiedereingliederung. So wurde die Umsetzung von speziellen psychosozialen Interventionsprogrammen für Frauen und Minderjährige unterstützt und entsprechende Schulungen zur Sensibilisierung von Strafvollzugsbeamtinnen und Strafvollzugsbeamten durchgeführt.

Mit diesem Projekt wurden für die DGAPR Methoden und Instrumente entwickelt und zur Verfügung gestellt, wodurch die Umsetzung von Maßnahmen zur sozialen Wiedereingliederung von Häftlingen und zur Verhinderung von Rückfälligkeit verbessert wird. Damit wurde ein entscheidender Beitrag zur Weiterentwicklung der Beurteilung, Diagnose, Betreuung und individuellen Nachsorge von Strafgefangenen geleistet. Zudem wurde durch das Projekt die Partnerschaft der DGAPR zu Universitäten, die innovative Ansätze für die Programme zur Wiedereingliederung von Strafgefangenen entwickeln, gestärkt. Dadurch werden auf Grundlage neuester Forschung Fortbildungsprogramme entwickelt und die Kompetenzen der Strafvollzugsbeamten entsprechend gestärkt. Darüber hinaus wurde mithilfe des Projekts die Schaffung eines Netzwerks unterstützt, das dazu beiträgt, die Zivilgesellschaft stärker in den Prozess der Wiedereingliederung einzubinden.

Ausblick

Die Zusammenarbeit der IRZ mit der marokkanischen Justiz orientiert sich auch künftig an den Reformbestrebungen der Regierung. Wichtige Schwerpunkte sind das Strafrecht und hier vor allem die alternativen Strafen. Die Beratungen zur Digitalisierung und Effizienzsteigerung der Justiz führt die IRZ fort und plant zudem eine Vertiefung der Zusammenarbeit im Bereich des Wirtschaftsrechts.

Den gesamten Jahresbericht 2022 finden Sie auf unserer Website unter Mediathek – Jahresberichte.