Moldau – Jahresbericht 2020

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Nachdem die bisherige Regierungskoalition nach nur wenigen Monaten wegen eines Misstrauensvotums abgesetzt worden war, bildete sich Ende November 2019 ein neues Regierungsbündnis aus der Partei der Sozialisten (PSRM) und der Demokratischen Partei (PDM). Im März 2020 schlossen die Parteien einen Koalitionsvertrag. Direkt danach sah sich die Regierung gezwungen, angesichts der Risiken der COVID-19-Pandemie für einen längeren Zeitraum den Notstand auszurufen. Erschwerend kamen für Moldau ungünstige außenwirtschaftliche Faktoren – wie sinkende Rücküberweisungen aus dem Ausland – hinzu. Hierbei handelt es sich um Überweisungen von Migrantinnen und Migranten an ihre im Herkunftsland verbliebenen, ihnen nahestehenden Menschen. Sie sind für ein einkommensschwaches Land wie Moldau ein effektiver Weg, das Einkommen der Bevölkerung zu steigern. Die Bewältigung der pandemiebedingten Krise verzehrte erhebliche Ressourcen und beanspruchte administrative Kapazitäten, sodass sich die notwendigen Reformen im Rechts- und Justizbereich verlangsamten. Die Präsidentschaftswahlen im November 2020 erforderten zwei Durchgänge und spiegelten erneut die für das Land typische geopolitische Kluft zwischen prorussischen und dem Westen zuneigenden Tendenzen wider. Als Siegerin ging die ehemalige Regierungschefin und westlich orientierte Maia Sandu hervor.

Konzeption 

Seit mehr als zehn Jahren berät die IRZ ihre moldauischen Partnerinstitutionen zur Verwaltungsrechtsreform. Nachdem 2019 der Verwaltungskodex mit materiellen und prozessualen Regelungen in Kraft trat, konzentrierte sich die weitere Zusammenarbeit auf die Implementierung. Hierzu fand im Rahmen von Online-Workshops ein richterlicher Erfahrungsaustausch zur Anwendungspraxis statt. Dabei entwickelten sich gezielte Diskussionen zwischen der Vizepräsidentin des Obersten Gerichts, 15 Richterinnen und Richtern des Amtsgerichtssitzes Rîșcani sowie einer Vertreterin des Justizrats. Ergänzend zu den verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen erarbeiteten die beteiligten deutschen Experten einen Leitfaden zum Verwaltungsrecht. Dieser wurde ins Moldauische übersetzt und dient nun als Praxishilfe bei der Anwendung der in Moldau noch wenig bekannten Rechtsmaterie.

Tätigkeitsschwerpunkte 2020 

Öffentliches Recht

  • Online-Workshop für Richterinnen und Richter zur Implementierung des Verwaltungskodex in Chișinău
  • Fertigstellung des Fortbildungsleitfadens zum Verwaltungskodex

Von der Europäischen Union finanzierte Projekte 

EU-Technical-Assistance-Projekt: „Support to the police reform in the Republic of Moldova“

Seit Ende 2018 ist die IRZ unter der Federführung des belgischen Partners B&S EUROPE an der Implementierung des Projekts beteiligt. Mit einem Projektvolumen von knapp 3,7 Millionen Euro und einer Projektdauer von 38 Monaten sieht das EU-Projekt eine Angleichung der Polizeiarbeit in Moldau an internationale und EU-Standards vor. Dabei stehen das Innenministerium und die zentrale Polizeidirektion als begünstigte Behörden im Mittelpunkt der Projektarbeit.

Die angestrebte Polizeireform zielt auf eine Erhöhung der Effizienz, Transparenz und Professionalität der Polizei. Im Einzelnen geht es um die Unterstützung eines transparenten Auswahl- und Beförderungsverfahrens, die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung der Polizeiangehörigen, polizeiliche Vollzugsarbeit, Zusammenarbeit zwischen einzelnen Behörden sowie die Unterstützung des Innenministeriums und der zentralen Polizeidirektion bei der Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit und internen Planungs- und Budgetierungsabläufen.

Zu Beginn des Berichtsjahrs 2020 besuchte eine moldauische Polizeidelegation die GPEC®, eine Messe für Polizei- und Sicherheitsbehörden in Frankfurt am Main. Die Delegation nahm an Sitzungen, Workshops, Symposien, Schulungen und Tests von Polizeiausrüstung teil. Dabei konnten die moldauischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer Kontakte zu den jeweiligen Händlerinnen und Händlern und Organisationen knüpfen und sich über die neuesten technischen Entwicklungen und Ausrüstungen informieren.

Angesichts der COVID-19-Pandemie stellte das Projekt rasch zahlreiche Maßnahmen auf Online-Formate um und konnte so weitgehend im Zeitplan bleiben. Zum Ende des Jahres zeigte sich jedoch eine zunehmende Ermüdung gegenüber den virtuellen Veranstaltungen, sodass das Projektteam sich bemühte, dem Bedarf nach physischen Treffen und Formaten in vertretbarem Rahmen gerecht zu werden.

EU-Twinning: “Capacity Building of the National Centre for Personal Data Protection of the Republic of Moldova”

Im Januar 2020 endete nach einer Laufzeit von 27 Monaten dieses EU-Twinning-Projekt. Es diente der Unterstützung des Nationalen Zentrums für Datenschutz der Republik Moldau (NCPDP) bei der Harmonisierung des persönlichen Datenschutzes mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und den Standards der EU. Das Projekt wurde federführend von der IRZ, gemeinsam mit dem lettischen Justizministerium als Juniorpartner, erfolgreich durchgeführt. Neben der Anpassung der nationalen Gesetzgebung im Bereich des persönlichen Datenschutzes an den EU-Acquis, einschließlich der Datenschutzgrundverordnung und der EU-Richtlinie 2016/680 sollten das NCPDP und andere relevante Institutionen bei der Umsetzung unterstützt und die Öffentlichkeit sowie die Personen, die Daten überprüfen und übermitteln, für das Thema Datenschutz sensibilisiert werden. Entsprechend diesen Vorgaben wurde ein neues Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten entworfen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NCPDP sowie weiterer Behörden und Institutionen geschult und mit den EU-Regularien vertraut gemacht.

Auch wenn das NCPDP durch die COVID-19-Pandemie in seiner Arbeit eingeschränkt war, führte es auch nach Abschluss des Projekts die Fortbildungsmaßnahmen weiterhin durch, organisierte eine Reihe von Workshops und nahm darüber hinaus an verschiedenen Online-Seminaren zum Thema personenbezogener Datenschutz teil. Ziel des Projekts war es auch, der Bevölkerung eine bessere Wahrnehmung des Themas Datenschutz zu vermitteln und die Rolle des NCPDP positiv herauszustellen. Dass dies durch die Kommunikationsmaßnahmen des Projekts nachhaltig gelungen ist, zeigt sich nicht zuletzt an der erhöhten Besucherzahl der im Rahmen des Projekts erstellten neuen Website des NCPDP, auf der den Nutzerinnen und Nutzern aktuelle Informationen zum Thema Datenschutz und zur Arbeit des NCPDP zur Verfügung gestellt werden.

Ausblick

Für das bis Ende 2021 laufende EU-Projekt zur Polizeireform wird die IRZ ihre Aktivitäten implementieren. Die IRZ wird in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Fortsetzung der Zusammenarbeit prüfen.