Montenegro – Jahresbericht 2020

Strategische Rahmenbedingungen 

Rechtspolitische Ausgangslage 

Montenegro verfolgt im Rahmen der EU-Integration einen politischen und wirtschaftlichen Reformkurs und befindet sich seit Juni 2012 in Beitrittsverhandlungen mit der EU. Da die Verhandlungskapitel zu Justiz, Grundrechten und Innerer Sicherheit im Laufe des Jahres 2013 eröffnet wurden, ist der Handlungsbedarf im Hinblick auf die Rechtsharmonisierung in den letzten Jahren hoch. Aufgrund seiner erst vor einigen Jahren erworbenen Eigenstaatlichkeit, der Ablösung der langjährigen Regierungskoalition bei den Wahlen 2020 und weiterer Schritte zur EU-Integration benötigt Montenegro besondere Aufmerksamkeit.

Seit 2014 gründet die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem montenegrinischen Justizministerium auf einer Gemeinsamen Erklärung mit einem mehrjährigen Arbeitsprogramm. Am 14. November 2019 wurde ein zweites Arbeitsprogramm unterzeichnet, mit dessen Umsetzung die IRZ nun beauftragt ist.

Konzeption 

Seit 2007 pflegt die IRZ enge Arbeitsbeziehungen zum Justizministerium, zu dem am Obersten Gericht angesiedelten Justiztrainingszentrum, zum Verfassungsgericht, zur Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der juristischen Fakultät Podgorica. 2019 wurde zudem die Kooperation mit dem Zentrum für Mediation aufgebaut.

Die wesentlichen Schwerpunkte der Aktivitäten der IRZ in Montenegro liegen in der Zusammenarbeit mit dem Justizministerium und dem Justiztrainingszentrum. Bei Letzterem steht das Thema Zivilrecht im Vordergrund, zumal dieses von anderen Geberorganisationen kaum behandelt wird. Eine weitere enge Zusammenarbeit mit Montenegro stellt die IRZ seit Mitte 2019 dadurch sicher, dass eine deutsche Staatsanwältin fortlaufend das montenegrinische Justizministerium zu Fragen der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität berät.

Pandemiebedingt fanden die Veranstaltungen mit den montenegrinischen Partnern ab März 2020 ausschließlich online statt.

Tätigkeitsschwerpunkte 2020 

Verfassungsrecht, Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Online-Beratung und Erfahrungsaustausch des montenegrinischen Verfassungsgerichts zu verschiedenen verfassungsrechtlichen Themen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie
  • Teilnahme des montenegrinischen Verfassungsgerichts an der online abgehaltenen und zusammen mit dem Verfassungsgericht des Dachstaats Bosnien und Herzegowina ausgerichteten Regionalkonferenz der Verfassungsgerichte zum Thema „Sondervoten“
  • Distribution übersetzter Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu verfassungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der COVID19-Pandemie und anderen verfassungsrechtlichen Themen

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Online-Richterweiterbildungsseminar „Richterliche Förderung und sachgerechte Formulierung von Vergleichen im Zivilprozess“
  • Online-Richterweiterbildungsseminar „Richterliche Vorbereitung und Durchführung von Zivilverhandlungen“

Rechtspflege

  • Seminar „Alternative Streitbeilegung, insbesondere Mediation, in Deutschland: Gesetzliche Grundlagen und Anwendungspraxis“ zusammen mit dem Zentrum für Mediation
  • Online-Konferenz „Transitional Justice“ zusammen mit der Vereinigung junger montenegrinischer Juristinnen und Juristen
  • Verbreitung regionaler juristischer Fachpublikationen durch die IRZ als Herausgeberin
  • Verbreitung von Literatur zum deutschen und europäischen Recht für einschlägig tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende an der juristischen Fakultät in Podgorica
  • Projektbegleitende Literatur zum deutschen und europäischen Recht für die juristische Fakultät in Podgorica

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Ständige Beratung des montenegrinischen Justizministeriums und weiterer Institutionen im Bereich der Bekämpfung organisierter Kriminalität und Korruption
  • Gutachterliche Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur strafrechtlichen Ahndung des Amtsmissbrauchs

Ausblick

Die Arbeit der IRZ in Montenegro wird 2021 durch Online- und – sobald wie möglich – auch wieder durch Präsenzveranstaltungen fortgesetzt. Dabei werden die Umsetzung des Arbeitsprogramms zur Gemeinsamen Erklärung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und des montenegrinischen Justizministeriums sowie die Beratung des Justizministeriums im Mittelpunkt stehen.

Mit dem Justiztrainingszentrum wird die IRZ weiterhin gemeinsam Seminare anbieten, die insbesondere die Fähigkeit der Justiz zur effektiven Verhandlungsführung und zur europarechtskonformen Rechtsanwendung fördern. Die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsgericht wird fortgesetzt, es werden Maßnahmen im Bereich der alternativen Streitbeilegung (ADR) angeboten. Darüber hinaus wird die IRZ weiterhin montenegrinische Juristinnen und Juristen in Aktivitäten einbinden, die in anderen Staaten der Region stattfinden. Dabei werden weiterhin Themen in Bezug auf die EU-Annäherung im Vordergrund stehen.