„Evolution statt Revolution“ – Konferenz zum kontinentaleuropäischen Recht
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 04. Januar 2023

Ziel der Arbeit der IRZ ist es, die Rechtssysteme in ihren Partnerstaaten anwenderfreundlich weiterzuentwickeln.
„Hybride“ Gesetze mit Regelungen, die sich aus verschiedenen Rechtstraditionen speisen, zum Beispiel dem Common Law und dem kontinentaleuropäischen Recht, überfordern die Rechtsanwendenden. Dies ist eine der Hauptprobleme der Rechtstransformation
Auf diesen Umstand weist die IRZ jährlich durch eine gemeinsam mit der Juristischen Fakultät Belgrad organisierte Konferenz zum kontinentaleuropäischen Recht hin, die – nach dreijähriger Unterbrechung – am 2. Dezember 2022 erstmals wieder in Präsenz stattfinden konnte.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen Referate von Verfassungsrichter Prof. Dr Milan Škulic und Prof. Dr Milos Živković, die auch in der von der IRZ mitherausgegebenen Zeitschrift „Kontinentalno pravo: časopis za održiv i skladan razvoj prava (KoPra)“ / „Kontinentales Recht: Zeitschrift für nachhaltige und zweckmäßige Rechtsentwicklung“ publiziert werden.
Professor Škulić stellte in seinem Vortrag rechtsvergleichend die Haltung verschiedener Rechtssysteme des kontinentaleuropäischen Rechts und des Common Law zu sogenannten Lügendetektoren dar. Dabei führte er aus, dass diese Apparaturen nur körperliche Reaktionen erfassen, die lügende Personen zwar häufig zeigen. Diese Geräte können aber nicht den Wahrheitsgehalt einer Aussage erkennen. Die Ergebnisse diesbezüglicher Überprüfungen können in Rechtssystemen, die keine gesetzlichen Regelungen zur Verwendung von Lügendetektoren im Strafprozess kennen, nicht im Wege der freien richterlichen Beweiswürdigung verwendet werden, da auch dort „irrationale Methoden jeder Art“ im Rahmen einer Beweiserhebung ausgeschlossen sind.
Professor Živković beschäftigte sich in seinem Vortrag mit dem Nachweis dinglicher Rechte an Immobilien. Unter Herausarbeitung der Unterschiede zwischen dem kontinentaleuropäischen Recht und dem Common Law ging er auf die Regelungen der verschiedenen Systeme ein. Dabei hob er hervor, dass diese Systeme am besten innerhalb der Rechtstradition, die sie hervorgebracht hat, funktionieren. Der „Transplantierbarkeit“ seien Grenzen gesetzt. Insgesamt beurteilte er das kontinentaleuropäische Grundbuchsystem als das sicherste und funktionsfähigste, jedoch sei seine Einführung mit den höchsten Kosten verbunden. Darüber hinaus zeigte er Vollzugsdefizite bei den diesbezüglichen Reformen in Serbien auf.
Die Teilnehmenden, unter denen sich Verfassungsrichter, Präsidentinnen und Präsidenten von Gerichten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studentinnen und Studenten befanden, verfolgten die Vorträge mit großem Interesse. Es wurde lebhaft diskutiert und kommentiert, wobei eine stärkere Beachtung der eigenen Traditionen bei der Rechtstransformation angemahnt wurde.