Vor dem Hintergrund der anstehenden Modernisierung des Justizvollzugsystems in Usbekistan fand vom 16.-18. April 2024 in Kooperation mit der Generalstaatsanwaltschaft eine Studienreise zur Reform des Strafvollzugs unter Einbeziehung internationaler Standards in Berlin statt.
Die Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan war durch den Leitenden Staatsanwalt der Abteilung „Aufsicht über die Anwendung der Rechtsvorschriften zur Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Entscheidungen anderer Organe“, Bekzod Karimov vertreten. Der Leiter des Bewährungsdienstes der Abteilung für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sowie stellvertretender Innenminister, Sharof Uralov, repräsentierte das Innenministerium Usbekistans.
Zum Auftakt des Arbeitsbesuchs begrüßte Klaus Meyer-Cabri, Leiter der Abteilung D des Bundesministeriums der Justiz die Delegation. Jochen Goerdeler, Referent des Referats IV A5 stellte das Strafvollzugsrecht in Deutschland vor.
Im Anschluss besuchten die usbekischen Teilnehmenden die Bildungsakademie Justizvollzug Berlin, dessen Leiter, Dr. Marcel Tietz das Auswahlverfahren der Bewerber, die Lerninhalte der Ausbildung sowie die Fortbildungsmöglichkeiten schilderte. Von besonderem Interesse für die Delegation erwies sich das Pilotprojekt „VR Haftraumrevision“, bei dem man mit Hilfe einer mobilen VR-Brille verschiedene Szenarien in einem virtuellen Haftraum durchspielen kann.
An den folgenden zwei Tagen besuchte die Delegation drei unterschiedliche Arten von Justizvollzugsanstalten in Berlin: die Justizvollzugsanstalt (JVA) des offenen Vollzugs, die JVA des geschlossenen Vollzugs Tegel sowie die Untersuchungs-JVA Moabit. Die Fachvorträge wurden mit Besichtigungen der Gärtnerei, der Kfz-Werkstatt, der Lehrküche sowie des besonders gesicherten Haftraums abgerundet.
Die Delegation zeigte sich beeindruckt von den sehr informativen Fachgesprächen und den Führungen, die einen direkten Einblick in das Strafvollzugssystem in Deutschland ermöglichten. Sie betonten, dass sie viele wertvolle Impulse für die nationalen Reformen im eigenen Land mitnehmen.
Als Fortsetzung der Beratungen zur Korruptionsbekämpfung, die die IRZ in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan sowie mit der Stadtstaatsanwaltschaft Taschkent in den letzten Jahren durchgeführt hat, fand in Taschkent am 28. und 29. November 2023 ein Seminar zur Prävention und Bekämpfung der Korruption statt. Der Schwerpunkt lag diesmal auf der strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen.
Die 40 Teilnehmenden setzten sich sowohl aus hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der Generalstaatsanwaltschaft aus entsprechenden Abteilungen, der Agentur für Korruptionsbekämpfung, des Obersten Gerichts, der Zollbehörde, aber auch aus angehenden Ermittlern von der Akademie der Strafverfolgungsbehörden zusammen.
Die usbekischen Referierenden informierten über die Antikorruptionsreformen in Usbekistan, insbesondere über die gesetzten Prioritäten und die erzielten Erfolge.
Die Experten aus Deutschland gaben einen Überblick über die aktuelle Situation der Korruptionsbekämpfung in der Bundesrepublik, indem sie auf die Erscheinungsformen von Korruption in Staat und Gesellschaft erläuterten und auf die Verfahren, Täter und Schäden eingingen.
Sie beleuchteten und diskutierten mit den Teilnehmenden die Themen Korruptionserkennung, der rechtliche Schutz von Hinweisgebern, (strafrechtliche) Verantwortlichkeit von Geschäftsführern und von juristischen Personen, Compliance in Unternehmen und im öffentlichen Dienst, Vermögensabschöpfung bei Korruptionsdelikten sowie Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung in Deutschland.
Die IRZ arbeitet seit langem mit der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan zusammen, der eine zentrale Rolle bei der Implementierung strafrechtlicher Reformen zukommt. So hat sie zur Korruptionsbekämpfung und -prävention zahlreiche Mechanismen installiert, neue Instrumente eingeführt, Regelwerke angepasst und strukturelle Änderungen in der öffentlichen Verwaltung umgesetzt.
Nachdem im März 2022 in Taschkent eine beiderseits hochrangig besetzte Konferenz zur Korruptionsprävention und -bekämpfung stattfand, wurde die Zusammenarbeit zu diesem Thema mit der Studienreise vom 19. bis 24. Juni 2022 nach Berlin fortgesetzt. Unter Leitung des stellvertretenden Generalstaatsanwalts Erkin T. Yuldashev reisten insgesamt neun Staatsanwälte mit spezialisierten Zuständigkeiten nach Berlin.
Ein weiterer Themenschwerpunkt umfasste die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (einschließlich Vermögensrückgewinnung). Nach einer Begrüßung durch den Unterabteilungsleiter Ministerialdirigent Dirk Mirow begann das Fachprogramm mit einem Gespräch im Bundesministerium der Justiz mit Georg Schäfer, Leiter des Referates II B 7 Internationales Strafrecht über eine Zusammenarbeit im Bereich der Auslieferung und Vollstreckungshilfe. Die usbekische Generalstaatsanwaltschaft hat die Aufsicht über die internationale Vollstreckung von Urteilen und ließ sich die Vorgehensweise bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Vermögensabschöpfung darstellen. In einem separaten Fachgespräch gewährte der Leiter der Abteilung Rechtshilfe der Generalstaatsanwaltschaft Berlin den usbekischen Kollegen einen Einblick in die praktische Abwicklung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen.
Ein Beispiel für die Korruptionsprävention im öffentlichen Bereich veranschaulichte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Die Leiterin der Stabstelle Antikorruption/Innenrevision, Silvia Kröber und der Leiter des Referates Steuerung und Service der Abteilung Hochbau, Matthias Schich erläuterten die Aufbau- und Aufgabenorganisation, das interne Kontrollsystem und den Projektablauf einschließlich Vergabeverfahren sowie notwendiger Dokumentation. Außerdem erläuterten sie das durch Einbeziehungen der Mitarbeitenden entwickelte Leitbild der Behörde und interne Handlungsempfehlungen für den gewünschten korruptionspräventiven Verhaltenskodex.
In das entsprechende Regelwerk auf Bundesebene führten im Bundesministerium des Inneren und für Heimat die Leiterin des Referats Integrität, Korruptionsbekämpfung, Sponsoring, Birgit Otto, die Ansprechpartnerin für Korruptionsprävention Julia Paul und Frau Büchner, verantwortlich für Dienstrecht, ein. Sie gaben einen Überblick zu den rechtlichen Grundlagen und deren Umsetzung in den Bundeseinrichtungen.
Der langjährige Leiter der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung und Leiter der Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Verwaltung, OStA Dr. Rüdiger Reiff ergänzte den Fachaustausch durch Erfahrungsberichte und Fallbeispiele. Die usbekischen Kollegen konnten so vergleichbare Sachverhalte aus eigener Erfahrung ansprechen und verschiedene Ansätze diskutieren.
Der Besuch bei Transparency International lenkte die Aufmerksamkeit auf die Korruptionsprävention jenseits von Regulierung und Kontrolle, indem der Research Expert für Corruption Measurement Tools, Dr. Roberto Kukutschka aufzeigte, dass Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit durch Kommunikation und Koalitionen mit Regierungen, Verwaltungen, Politikern, Firmen und zivilgesellschaftlichen Gruppen notwendig ist, um der Korruption entgegenzuwirken.
Die aktuellen Herausforderungen der staatsanwaltlichen Tätigkeit waren Thema eines Austauschs mit der Staatsanwaltschaft Potsdam, wo OStA Rolf-Uwe Kurz Modernisierungsansätze – wie Evaluierung neuer Instrumente, Regionalisierung, Spezialisierung und beschleunigte Verfahrensbearbeitung – vorstellte und anschließend mit der usbekischen Delegation diskutierte. Die Abgrenzung staatsanwaltlicher Zuständigkeit zu anderen Behörden wie z.B. der Polizei und das Weisungsrecht der Exekutive waren von besonderem Interesse für die usbekischen Kollegen.
Der Besuch einer mündlichen Verhandlung in einem Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung am Amtsgericht Tiergarten regte den Austausch über die Grundsätze des Prozessrechts an. Dabei stand die Verfahrensdauer im Mittelpunkt: während es in Usbekistan Fristen für die Dauer eines Ermittlungs- und eines gerichtlichen Strafverfahrens gibt, machte der amtierende Richter Martin Ernst deutlich, dass in Deutschland die richterliche Unabhängigkeit die Bearbeitung mit Blick auf die Gesamtarbeitsauslastung zulasse.
Die usbekischen Staatsanwälte hatten während ihres Aufenthalts in Berlin Gelegenheit, sich über aktuelle – und für ihre Arbeit relevante – rechtspolitische Themen mit deutschen Kolleginnen und Kollegen intensiv auszutauschen. Auch wenn die Rechtstradition und der soziale Kontext in beiden Ländern sehr verschieden sind, liegen das Verständnis zur notwenigen Eindämmung der Korruption und die Vorstellungen über die Anforderungen an eine moderne Strafjustiz nahe beieinander.
Ministerialdirigent Dirk Mirow, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium der Justiz begrüßt den stellvertretenden Generalstaatsanwalt Erkin T. Yuldashev aus Usbekistan anlässlich einer Studienreise der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Usbekistan nach Berlin im Juni 2022 (Foto: IRZ)