Seminar zur Zusammenarbeit zwischen Justiz, Rechtsmedizin und Polizei

Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Fez
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Fez
Marokko

Am 25. und 26. September 2019 veranstaltete die IRZ in Kooperation mit der marokkanischen Staatsanwaltschaft das zweitägige Seminar „Leichenfund – Zusammenarbeit zwischen Justiz, Rechtsmedizin und Polizei“ in Fez. Das Seminar ist Teil des Projekts „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet der Rechtsmedizin unter besonderer Berücksichtigung der Belange der dortigen Justiz“. Die IRZ setzt dieses Projekt seit 2017 bis Ende dieses Jahres im Rahmen der Projektförderung des Auswärtigen Amts (Transformationspartnerschaften mit Nordafrika/ dem Nahen Osten) um.

Ziel des Seminars war es, den teilnehmenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälten die Bedeutung der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft, Rechtsmedizin und Polizei aufzuzeigen. Am Praxisbeispiel eines Leichenfunds wurde erörtert, welche entscheidende Rolle alle drei Akteure bei der Aufklärung von Straftaten einnehmen.

Im Auftrag der IRZ nahmen folgende Experten teil:

  • Prof. Dr. Knut Albrecht, Institutsdirektor, Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin;
  • Ralph Knispel, Oberstaatsanwalt, Leiter der Abteilung für Kapitaldelikte; Vorsitzender Vereinigung Berliner Staatsanwälte e.V.;
  • Christof Lehmkühler, Kriminalhauptkommissar der 5. Mordkommission beim Landeskriminalamt Berlin.

Die IRZ- Experten stellten die für die Arbeit der Rechtsmedizin wichtigsten Regelungen nach der deutschen Strafprozessordnung vor. Darüber hinaus gingen sie insbesondere auf die Bedeutung des rechtsmedizinischen Gutachtens für das Ermittlungsverfahren ein. Es sei notwendig, dass für diese Gutachten Qualitätsstandards festgelegt würden. Ein weiteres wichtiges Thema war die Priorisierung von Spuren am Tatort, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand zahlreicher spezifischer Fallbeispiele diskutierten.

Zu Sprache kam auch der aktuelle Sachstand der Rechtsmedizin in Marokko. So soll der Gesetzentwurf zur Berufsordnung für Rechtsmediziner, an dem auch die IRZ im Rahmen dieses Projekts beratend mitwirkt, neue und klare Regelungen zur Ausübung der Rechtsmedizin enthalten. In diesem Zusammenhang müssen jedoch noch einige offene Fragen beantwortet werden, so z.B. die Frage nach der ausreichenden Finanzierung der Rechtsmedizin.

Seminar „Soziale und psychologische Unterstützung der Inhaftierten“ in Tétouan

Während des Seminars
Während des Seminars
Marokko

Im marokkanischen Tétouan fand am 17. und 18. September 2019 in Kooperation mit der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung (DGAPR) das vierte Seminar der IRZ zum Thema „Soziale und psychologische Unterstützung der Inhaftierten“ statt.

Aufbauend auf die vorherigen Seminare ging es diesmal schwerpunktmäßig um institutionelle und praktische Unterstützungsmaßnahmen für das Personal im Strafvollzug. Dazu wurde anhand konkreter Fallbeispiele erörtert, wie besonders sensible, darunter v.a. radikalisierte, Inhaftierte motiviert werden können, sich sozial und psychologisch unterstützen zu lassen.

Als IRZ-Expertinnen wirkten die Psychologin Dr. Angelika Burghardt-Kühne und die Gruppenleiterin Vera Schiepe, beide Mitarbeiterinnen der Berliner Justizvollzugsanstalt Heidering, am Seminar mit.

Mit dem Seminar, das in das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt zur „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Strafvollzugs“ eingebettet ist, vertiefen Marokko und Deutschland ihre erfolgreiche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Im Rahmen des Projekts wird ein Handbuch entstehen, das auch die soziale und psychologische Betreuung der Inhaftierten thematisieren wird.

Der Leiter der Abteilung für Personalwesen in der DGAPR, Redouane Kouta, betonte zu Beginn des Seminars, wie sehr beide Seiten vom marokkanisch-deutschen Austausch zum Thema Strafvollzug profitieren. Im Zuge der gemeinsamen Projektumsetzung habe Marokko zudem die Zusammenarbeit mit anderen Ländern des afrikanischen Kontinents intensiviert.

Zur aktuellen Situation der sozialen und psychologischen Betreuung im marokkanischen Strafvollzug

Bei Haftantritt erfolgt in den Justizvollzugsanstalten in Marokko zunächst eine umfangreiche medizinische und psychologische Erstuntersuchung mit anschließender Klassifizierung. Dabei finden die Vorerkrankungen der oder des Inhaftierten Berücksichtigung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vollzugs sammeln bei der Erstuntersuchung sämtliche verfügbaren Informationen in detaillierten Berichten für den Sozialdienst und die Verwaltung.

Erst ein gutes Betreuungsklima für die Inhaftierten ermöglicht jedoch eine erfolgreiche Resozialisierung. Deshalb spielen gute Arbeitsbedingungen für das Personal eine besonders wichtige Rolle. Da sich der Umgang mit den Inhaftierten belastend auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirken kann, sollen Unterstützungssysteme etabliert werden. Diese umfassen zahlreiche Maßnahmen von der Verbesserung struktureller Faktoren bis zur psychologischen Betreuung. Als hilfreich haben sich bei der Betreuung von Inhaftieren das Mehrpersonen-Setting sowie die kollegiale Fallberatung zur Lösung von Problemen erwiesen.

Zum Schutz ihrer Beamtinnen und Beamten, z.B. vor Manipulationsversuchen durch die Inhaftierten, führt die DGAPR soziale und psychologische Programme u.a. mit Hilfe externer Psychologinnen und Psychologen durch. Die hierzu erarbeitete Strategie der DGAPR umfasst auch die Betreuung der Inhaftierten und hat die Förderung ihrer Kompetenzen zum Ziel.

Herausforderung Motivation

Die Motivation der Inhaftierten zur Teilnahme an den freiwilligen Behandlungen stellt nicht nur den marokkanischen Strafvollzug vor besondere Herausforderungen, da diese nicht erzwungen werden kann. Besonders schwierig ist die Behandlung psychisch erkrankter Inhaftierter. Spezielle Motivationstrainings und Motivationstherapien sollen den Inhaftierten durch Partizipation an den Behandlungsmaßnahmen zu einer festen Tagesstruktur und zum Erreichen der eigenen Vollzugsziele verhelfen. Gleichzeitig unterstützen diese Maßnahmen eine erfolgreiche Resozialisierung der Inhaftierten. Um die relativ hohe Rückfallquote von ca. 57 Prozent zu senken, will Marokko außerdem stärker auf alternative Strafen setzen.

Konferenz zum Thema „Leichenfund – Zusammenarbeit zwischen Justiz, Rechtsmedizin und Polizei“

Während des Seminars in Marrakesch
Während des Seminars in Marrakesch
Marokko

Am 2. und 3. Juli 2019 veranstaltete die IRZ gemeinsam mit der marokkanischen Staatsanwaltschaft in Marrakesch eine Konferenz zum Thema „Leichenfund – Zusammenarbeit zwischen Justiz, Rechtsmedizin und Polizei“. Die Veranstaltung richtete sich an Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und fand im Rahmen des Projekts „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet der Rechtsmedizin unter besonderer Berücksichtigung der Belange der dortigen Justiz“ statt. Das Projekt setzt die IRZ seit 2017 bis 2019 im Rahmen der Projektförderung des Auswärtigen Amtes (Transformationspartnerschaften mit Nordafrika/ dem Nahen Osten) um.

Ziel der Konferenz war es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Bedeutung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft, Rechtsmedizin und Polizei aufzuzeigen. Am Praxisbeispiel eines Leichenfundes wurde erörtert, welche entscheidende Rolle alle drei Akteure bei der Aufklärung von Straftaten einnehmen.

Zum Auftakt der Veranstaltung führte Samouth Hafid als Vertreter der marokkanischen Staatsanwaltschaft in die aktuelle Situation der Rechtsmedizin in Marokko ein. Im Land gäbe es inzwischen 15 hauptberufliche Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner, die die vierjährige Ausbildung an der Universität in Casablanca bereits absolviert haben, und 12 weitere, die zurzeit den Ausbildungsgang durchlaufen. Letztere werden in ca. anderthalb Jahren den Behörden zur Verfügung stehen. Staatsanwalt Samouth Hafid betonte, dass dies immer noch zu wenige Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner seien in einem Land mit ca. 35 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Insbesondere im Süden des Landes seien die Behörden gezwungen, auf Allgemeinärztinnen und Allgemeinärzte in Krankenhäusern zurückzugreifen, um Obduktionen durchzuführen. Das führe zu vielen Fehlern in den rechtsmedizinischen Gutachten. Das neue Gesetz zur Berufsordnung für Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner, das gerade dem Oberhaus des Parlaments in Marokko vorliegt und voraussichtlich bis Ende des Jahres verabschiedet werden soll, sehe klare Regelungen für die Ausübung der Rechtsmedizin durch Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner ebenso wie verpflichtende Weiterbildungen vor.

Auf deutscher Seite nahmen im Auftrag der IRZ teil:

  • Dr. Lars Oesterhelweg, Leitender Oberarzt und stellv. Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Charité Berlin,
  • Ralph Knispel, Oberstaatsanwalt, Leiter der Abteilung für Kapitaldelikte der Berliner Staatsanwaltschaft und Vorsitzender der Vereinigung Berliner Staatsanwälte e.V., sowie
  • Katharina Tomalla, Kriminalhauptkommissarin und Stellvertreterin des Kommissariatsleiters der 5. Mordkommission beim Landeskriminalamt Berlin.

Die Referentin und die Referenten aus Berlin hielten am ersten Tag jeweils einen Vortrag zur Einführung in ihre Arbeit und beschrieben ihre Zusammenarbeit.

Am zweiten Tag gingen sie ins Detail: Dr. Lars Oesterhelweg beschrieb aus seiner Sicht als Gerichtsmediziner die Qualitätskriterien für ein gerichtsfestes rechtsmedizinisches Gutachten. Kriminalhauptkommissarin Katharina Tomalla konzentrierte sich auf die Priorisierung von Spuren am Tatort und erläuterte ihre Ausführungen anhand von Einzelbeispielen. Oberstaatsanwalt Ralph Knispel konzentrierte sich schließlich bei seinem Vortrag auf die Auswertung rechtsmedizinischer Gutachten vor Gericht und ging dabei auf einzelne wichtige Vorschriften der Strafprozessordnung ein.

Die Veranstaltung traf mit diesem Thema bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf großes Interesse. Das wurde auch anhand der vielen aufgeworfenen Fragen und Diskussionsbeiträge deutlich. Ende September dieses Jahres wird das letzte Seminar dieser Art in Fes stattfinden.