Seminar „Governance – Kommunikations- und Planungsstrategien für die Strafvollzugsbehörde“ in Casablanca

Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Casablanca
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Casablanca
Marokko

In Kooperation mit der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung (DGAPR) fand am 24. und 25. April 2019 in Casablanca, Marokko, das zweite Seminar mit dem Thema „Governance – Kommunikations- und Planungsstrategien für die Strafvollzugsbehörde“ statt. Das Seminar ist Teil des Projekts zur „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Strafvollzugs“, das die IRZ in den Jahren 2017 bis Ende 2020 umsetzt. Das Projekt wird durch das Auswärtige Amt gefördert.

Unterstützung erhielt die IRZ bei der Durchführung des Seminars durch zwei Experten aus dem Berliner Strafvollzug:

  • Ingo-Uwe Schümann, Referent in der Abteilung III für IT-Steuerung und die Digitalisierung des Berliner Justizvollzuges, und
  • Martin Guder, Sozialpädagoge und Teilanstaltsleiter in der JVA Tegel.

Zu Beginn des Seminars würdigten die DGAPR und die IRZ den Bereich des Strafvollzugs als integralen Bestandteil der gemeinsamen Zusammenarbeit. Mustapha Rhaddousi, Regionaldirektor der DGAPR, betonte die Bedeutung des Themas Governance als Grundlage für die weitere Kooperation im Rahmen des Projekts. Seit 2016 verfolgt die DGAPR eine Strategie der intensiveren Zusammenarbeit mit ihren Partnern zur Umsetzung von Reformen des marokkanischen Strafvollzugs im Lichte der neuen Verfassung von 2011, die eine dezentrale Verwaltung auf regionaler und kommunaler Ebene vorschreibt.

Die regionalen Fachbereiche der DGAPR führen ihre Planung auf Basis des Strafvollzugsgesetzes sowie weiterer einschlägiger Gesetze und Dekrete durch. Um den Informationsaustausch mit den Verwaltungsbehörden auf regionaler Ebene sicherzustellen, hat die DGAPR als Kontrollorgane die Direktion für die Zusammenarbeit mit anderen Behörden, die Abteilung für allgemeine Belange sowie die Abteilung für Sicherheit eingerichtet. Für eine bessere Zusammenarbeit orientiert sich die Struktur der eigens geschaffenen Fachabteilungen auf kommunaler Ebene an den Abteilungen der Zentralverwaltung aus Rabat. Dies fördert auch die Ermittlung des Personal- und Fortbildungsbedarfs, wobei die einzelnen Verwaltungsebenen eng miteinander kooperieren. Ein Zentralausschuss aus Vertreterinnen und Vertretern der Zentral- und Regionalverwaltungen erarbeitet Konzepte zur Verbesserung der Qualität der Aus- und Weiterbildungen.

Die deutschen Experten stellten ein Modell zur Kontrolle von Strafvollzugsanstalten im Rahmen der thematischen Fachaufsicht durch Referentinnen und Referenten bei der Landesjustizverwaltung vor. In Deutschland hat sich eine starke Vertrauenskultur zwischen den Ministerien und den Justizvollzugsanstalten entwickelt, wodurch letztere bei der Umsetzung der Gesetze breite Handlungsspielräume nutzen können. Die deutschen Experten wiesen auf die Bedeutung der Entwicklung einer Kultur für das Zulassen von und den Umgang mit Fehlern hin. Zur Personalbedarfsplanung sieht das Gesetz in Deutschland für den allgemeinen Vollzugsdienst im Gegensatz zum Sozial- und Fachpersonal, wo dieser bei 1:30 liegt, keinen festen Betreuungsschlüssel vor. Sofern notwendig, ermöglicht das Gesetz die Übertragung der Aufgaben auf externe Personen. Die Aus- und Weiterbildung des Personals ist weitestgehend dezentral durch Kommissionen zur Auswahl der Bediensteten organisiert.

Die Expertinnen und Experten beider Länder stellten abschließend die Verteilung von Zuständigkeiten der Akteure im Rahmen der Durchführung von Projekten dar. Die Strategie zur Verbesserung der menschenwürdigen Behandlung von Inhaftierten wurde in Marokko unter Einbezug der Zentrale vorwiegend in der kommunalen und regionalen Verwaltung entwickelt. Dass sich die Planungs- und Projektabläufe in Deutschland und Marokko grundsätzlich ähneln, wurde an einem Beispiel aus Deutschland deutlich, in dem es um die Modernisierung der Küchen des Berliner Strafvollzugs ging.

In den lebhaften Diskussionen des Seminars wiesen die marokkanischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die bestehende Schwierigkeit einer klaren Trennung zwischen Planung und Politik hin, wodurch gegebenenfalls Sicherheitsprobleme entstehen können. Eine erfolgreiche Planung muss objektiv erfolgen und kann durch subjektive Prioritätensetzung einzelner Politikerinnen und Politiker potentiell gefährdet werden. Die deutschen Experten verwiesen bei diesem Problem auf die in Deutschland notwendige parlamentarische Kontrolle im Rahmen der Haushaltsplanung sowie auf einen zwischen allen Parteien bestehenden breiten Konsens in Sicherheitsfragen bei Justizvollzugsanstalten.

Die im Rahmen der veranstalteten Seminare durchgeführte Bestandsanalyse wird durch die gegründete Arbeitsgruppe in Handlungsempfehlungen umgesetzt und in einem Handbuch festgehalten werden.

Seminar „Management des Strafvollzugspersonals der DGAPR“ in Rabat

Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Rabat
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Rabat

Am 10. und 11. April 2019 führte die IRZ in Kooperation mit der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung (DGAPR) ein Seminar in Rabat zum Thema „Management des Strafvollzugspersonals der DGAPR“ durch. Die Veranstaltung fand im Rahmen des durch das Auswärtige Amt geförderten Projekts „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Strafvollzugs“ statt, das durch die IRZ im Zeitraum 2017 bis 2020 umgesetzt wird.

Das Seminar ist Teil der Projektkomponente zur Verbesserung der Personalentwicklung und Personalführung in den Strafvollzugsanstalten. Vermittelt werden sollen u.a. moderne Führungsmethoden sowie Motivations- und Aufwertungssysteme für die Vollzugsbediensteten.

Als IRZ-Expertinnen waren dabei:

  • Nadine Franasik, Leiterin Gesundheitsorientiertes Personalmanagement in der Jugendstrafanstalt Berlin, und
  • Kathrin Braun, Referentin in der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung.

Eröffnet und moderiert wurde das Seminar vom Abteilungsleiter für Personalangelegenheiten in der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung in Marokko, Radouane Kouta. Er stellte die bisherigen Entwicklungen und Bemühungen der DGAPR im Rahmen der Reform des Strafvollzugssystems in Marokko vor. Hier legt die DGAPR unter anderem großes Augenmerk auf die Entwicklung eines modernen Personalmanagements.
Während des Seminars wurde zunächst die Umsetzung internationaler Standards bei der Ausbildung von Vollzugspersonal thematisiert. Hier ging es vor allem um die Verankerung der Menschenrechte und die Orientierung an internationalen Grundsatzerklärungen, wie z.B. der sogenannten „Mandela Rules“. Darüber hinaus waren die Auswahlkriterien und Anforderungsprofile für das Fachpersonal wichtige Diskussionsthemen.

In Marokko ist man derzeit bestrebt, den gesamten Bereich der Personalrekrutierung für den Strafvollzugsdienst zu modernisieren und somit auch das Arbeitsfeld Strafvollzug insgesamt attraktiver zu gestalten. Intensive Diskussionen gab es darüber hinaus über die die möglichen beruflichen Risiken für Bedienstete im Strafvollzugsalltag. Hier ging es vor allem um Sicherheitsfragen in den einzelnen Anstalten und um die erhöhte psychische Beanspruchung des Personals durch besondere Belastungen im Gefängnisalltag, wie z.B. Überfüllung der Anstalten, Gewalt unter Gefangenen, aber auch durch Bestechung von Bediensteten. Abschließend kamen in dem Seminar die Personalentwicklung und Personalführung in den Strafvollzugsanstalten zur Sprache. Hier sind entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität und der Motivation des Personals im marokkanischen Strafvollzug geplant. Dazu zählen z.B. die Schaffung einer Kommission zur Entwicklung von Auswahlkriterien für Vollzugsbeamte und eine Verbesserung der Ermittlung und Dokumentation der Bedürfnisse des Vollzugspersonals (Fragebögen). Zur Unterstützung der Reformvorhaben im Bereich Personalmanagement wird die Strafvollzugsbehörde in dieser Entwicklungsphase auch externe Schulungskräfte einsetzen.

Im Rahmen des Seminars gab es einen regen Erfahrungsaustausch mit lebhaften Diskussionen, in denen die deutsche Erfahrung im Bereich Personalmanagement in den Haftanstalten vorgestellt wurde. Aufgrund der hohen Aktualität des Themas besteht seitens der marokkanischen Strafvollzugsbehörde weiterhin ein großer Bedarf an der Fortsetzung der Gespräche, die im Herbst dieses Jahres vorgesehen ist.

Expertengespräch zur Entwicklung einer Berufsordnung für Rechtmedizinerinnen und Rechtsmediziner in Marokko

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Expertengesprächs
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Expertengesprächs
Marokko

Am 27. März 2019 fand in Rabat ein hochrangiges Expertengespräch unter Teilnahme von Mitgliedern des Ausschusses für Justiz, Gesetzgebung und Menschenrechte im marokkanischen Parlament, Vertreterinnen und Vertretern der marokkanischen Gesellschaft für Rechtsmedizin (SMML) sowie der marokkanischen Staatsanwaltschaft statt. Im Zentrum des Gesprächs standen aktuelle Fragen bei der Entwicklung einer Berufsordnung für Rechtmedizinerinnen und Rechtsmediziner in Marokko.

Die Veranstaltung ist Teil eines dreijährigen Projekts, das die IRZ noch bis zum Ende dieses Jahres gemeinsam mit dem Institut für Rechtsmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin seit 2017 durchführt. Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt im Rahmen der Transformationspartnerschaften mit Nordafrika/ dem Nahen Osten gefördert.

Ziele des Projekts:

  • Förderung einer unabhängigen Rechtsmedizin in Marokko durch Aus- und Weiterbildung der Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner,
  • Unterstützung der marokkanischen Partner bei der Entwicklung einer Berufsordnung und
  • Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Justiz und Rechtsmedizin durch die Weiterbildung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zu rechtsmedizinischen Themen.

Das Expertengespräch setzte die im letzten Jahr begonnenen Diskussionsrunden zum Gesetzentwurf einer Berufsordnung für die Rechtsmedizin in Marokko fort. Ziel des Gesprächs war ein offener Austausch über den derzeit vorliegenden Entwurf sowohl aus Sicht des Gesetzgebers wie auch aus Sicht der Praxis (Rechtsmedizin und Staatsanwaltschaft in Marokko). Die Veranstaltung war der erste gemeinsame Erfahrungsaustausch überhaupt zwischen Rechtsmedizin, Staatsanwaltschaft sowie Parlamentarierinnen und Parlamentariern zu dem Gesetzentwurf einer Berufsordnung.

Als deutscher Experte nahm Prof. Dr. Michael Bohnert, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Würzburg, im Auftrag der IRZ an dem Fachgespräch teil. Die marokkanische Seite war hochrangig vertreten durch die Erste Stellvertreterin des Präsidenten des Ausschusses für Justiz, Gesetzgebung und Menschenrechte im marokkanischen Parlament, durch den Vertreter des Oberstaatsanwalts bei der marokkanischen Staatsanwaltschaft sowie durch den Vorsitzenden der marokkanischen Gesellschaft für Rechtsmedizin.

Folgenden Schwierigkeiten und Herausforderungen sieht sich die Rechtsmedizin in Marokko u.a. gegenüber:

  • fehlende finanzielle, institutionelle und organisatorische Strukturen,
  • Offene Fragen der Vergütung,
  • Mangel an Fachkräften,
  • Notwendigkeit der Nachwuchsförderung und Fortbildung,
  • Zulassungskriterien,
  • rechtlicher und persönlicher Schutz der Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner.

Gegenstand der intensiven Diskussionen waren außerdem die Präzisierung des Tätigkeitsfeldes der Rechtsmedizin, die Konkretisierung der Qualitätsstandards für rechtsmedizinische Untersuchungen, wie z.B. Obduktion, sowie für rechtsmedizinische Gutachten. Diese Themenfelder sollen im Gesetzentwurf herausgearbeitet werden. Alle Anwesenden waren sich darüber einig, dass die wichtige Rolle der Rechtsmedizin zur Unterstützung der Arbeit der Justiz und vor allem zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens im Gesetzentwurf besonders hervorgehoben werden sollte.

Die marokkanischen Partner haben zum Ausdruck gebracht, dass sie sehr großes Interesse an einem weiteren Erfahrungsaustausch noch vor der letzten Lesung des Entwurfs im marokkanischen Parlament und der für Juni dieses Jahres geplanten Verabschiedung des Gesetzes haben. Im Herbst sollte dann ein weiteres Treffen zu konkreten Fragen der Umsetzung des Gesetzes stattfinden.