Seminar „Governance – Kommunikations- und Planungsstrategien für die Strafvollzugsbehörde“ in Casablanca
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- Veröffentlicht: Freitag, 10. Mai 2019

In Kooperation mit der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung (DGAPR) fand am 24. und 25. April 2019 in Casablanca, Marokko, das zweite Seminar mit dem Thema „Governance – Kommunikations- und Planungsstrategien für die Strafvollzugsbehörde“ statt. Das Seminar ist Teil des Projekts zur „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Strafvollzugs“, das die IRZ in den Jahren 2017 bis Ende 2020 umsetzt. Das Projekt wird durch das Auswärtige Amt gefördert.
Unterstützung erhielt die IRZ bei der Durchführung des Seminars durch zwei Experten aus dem Berliner Strafvollzug:
- Ingo-Uwe Schümann, Referent in der Abteilung III für IT-Steuerung und die Digitalisierung des Berliner Justizvollzuges, und
- Martin Guder, Sozialpädagoge und Teilanstaltsleiter in der JVA Tegel.
Zu Beginn des Seminars würdigten die DGAPR und die IRZ den Bereich des Strafvollzugs als integralen Bestandteil der gemeinsamen Zusammenarbeit. Mustapha Rhaddousi, Regionaldirektor der DGAPR, betonte die Bedeutung des Themas Governance als Grundlage für die weitere Kooperation im Rahmen des Projekts. Seit 2016 verfolgt die DGAPR eine Strategie der intensiveren Zusammenarbeit mit ihren Partnern zur Umsetzung von Reformen des marokkanischen Strafvollzugs im Lichte der neuen Verfassung von 2011, die eine dezentrale Verwaltung auf regionaler und kommunaler Ebene vorschreibt.
Die regionalen Fachbereiche der DGAPR führen ihre Planung auf Basis des Strafvollzugsgesetzes sowie weiterer einschlägiger Gesetze und Dekrete durch. Um den Informationsaustausch mit den Verwaltungsbehörden auf regionaler Ebene sicherzustellen, hat die DGAPR als Kontrollorgane die Direktion für die Zusammenarbeit mit anderen Behörden, die Abteilung für allgemeine Belange sowie die Abteilung für Sicherheit eingerichtet. Für eine bessere Zusammenarbeit orientiert sich die Struktur der eigens geschaffenen Fachabteilungen auf kommunaler Ebene an den Abteilungen der Zentralverwaltung aus Rabat. Dies fördert auch die Ermittlung des Personal- und Fortbildungsbedarfs, wobei die einzelnen Verwaltungsebenen eng miteinander kooperieren. Ein Zentralausschuss aus Vertreterinnen und Vertretern der Zentral- und Regionalverwaltungen erarbeitet Konzepte zur Verbesserung der Qualität der Aus- und Weiterbildungen.
Die deutschen Experten stellten ein Modell zur Kontrolle von Strafvollzugsanstalten im Rahmen der thematischen Fachaufsicht durch Referentinnen und Referenten bei der Landesjustizverwaltung vor. In Deutschland hat sich eine starke Vertrauenskultur zwischen den Ministerien und den Justizvollzugsanstalten entwickelt, wodurch letztere bei der Umsetzung der Gesetze breite Handlungsspielräume nutzen können. Die deutschen Experten wiesen auf die Bedeutung der Entwicklung einer Kultur für das Zulassen von und den Umgang mit Fehlern hin. Zur Personalbedarfsplanung sieht das Gesetz in Deutschland für den allgemeinen Vollzugsdienst im Gegensatz zum Sozial- und Fachpersonal, wo dieser bei 1:30 liegt, keinen festen Betreuungsschlüssel vor. Sofern notwendig, ermöglicht das Gesetz die Übertragung der Aufgaben auf externe Personen. Die Aus- und Weiterbildung des Personals ist weitestgehend dezentral durch Kommissionen zur Auswahl der Bediensteten organisiert.
Die Expertinnen und Experten beider Länder stellten abschließend die Verteilung von Zuständigkeiten der Akteure im Rahmen der Durchführung von Projekten dar. Die Strategie zur Verbesserung der menschenwürdigen Behandlung von Inhaftierten wurde in Marokko unter Einbezug der Zentrale vorwiegend in der kommunalen und regionalen Verwaltung entwickelt. Dass sich die Planungs- und Projektabläufe in Deutschland und Marokko grundsätzlich ähneln, wurde an einem Beispiel aus Deutschland deutlich, in dem es um die Modernisierung der Küchen des Berliner Strafvollzugs ging.
In den lebhaften Diskussionen des Seminars wiesen die marokkanischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die bestehende Schwierigkeit einer klaren Trennung zwischen Planung und Politik hin, wodurch gegebenenfalls Sicherheitsprobleme entstehen können. Eine erfolgreiche Planung muss objektiv erfolgen und kann durch subjektive Prioritätensetzung einzelner Politikerinnen und Politiker potentiell gefährdet werden. Die deutschen Experten verwiesen bei diesem Problem auf die in Deutschland notwendige parlamentarische Kontrolle im Rahmen der Haushaltsplanung sowie auf einen zwischen allen Parteien bestehenden breiten Konsens in Sicherheitsfragen bei Justizvollzugsanstalten.
Die im Rahmen der veranstalteten Seminare durchgeführte Bestandsanalyse wird durch die gegründete Arbeitsgruppe in Handlungsempfehlungen umgesetzt und in einem Handbuch festgehalten werden.