Seminar „Soziale und psychologische Unterstützung der Inhaftierten“ in Casablanca

Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Casablanca
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Casablanca
Marokko

Am 27. und 28. März 2019 fand in Casablanca, Marokko, das dritte Seminar zum Thema „Soziale und Psychologische Unterstützung der Inhaftierten“ in Kooperation der IRZ mit der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung (DGAPR) statt. Die Veranstaltung lief im Rahmen des von 2017 bis 2020 durch das Auswärtige Amt geförderten Projekts „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Strafvollzugs“.

Im Auftrag der IRZ wirkten zwei Expertinnen aus dem Berliner Strafvollzug am Seminar mit: Dr. Angelika Burghardt-Kühne, Psychologin, und Vera Schiepe, Gruppenleiterin, die beide an der Justizvollzugsanstalt Heidering tätig sind.

Aufbauend auf den vorherigen Seminaren behandelte die Veranstaltung schwerpunktmäßig folgende Themen:

  • Auseinandersetzung der Inhaftierten mit ihrer Straftat,
  • Maßnahmen zur Unterstützung des Personals bei der Betreuung der Insassen,
  • Unterstützung von Resozialisierungsmaßnahmen durch Vollzugslockerungen sowie
  • Einbezug der Familie in therapeutische Maßnahmen.

Zur Resozialisierung werden in Marokko hauptsächlich Maßnahmen zur Bildung und informellen Erziehung zur Bekämpfung des Analphabetismus sowie zur Aus- und Weiterbildung der Inhaftierten durchgeführt. Außerdem gibt es Maßnahmen zur Freizeitgestaltung und eine psychologische Betreuung der Insassen. Hierzu bietet die DGAPR die Sonderprogramme „Nationalprogramm für geistige Gesundheit“ sowie „Nationalprogramm zur Vorsorge und Bekämpfung von Drogensucht“ an. Im Rahmen des letzteren wurden in fünf Haftanstalten Arbeitsgruppen zur Suchtbekämpfung in Kooperation mit dem Gesundheitsministerium gegründet. In diesen Arbeitsgruppen arbeiten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Sozialassistentinnen und Sozialassistenten, Psychologinnen und Psychologen sowie Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner koordiniert zusammen. Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Resozialisierung von Inhaftierten leistet die marokkanische Zivilgesellschaft mit kulturellen Programmen und Ausbildungsmaßnahmen.

In Deutschland und Marokko werden ähnliche Programme zur Resozialisierung und Betreuung der Inhaftierten durchgeführt. So ist die Familie eines Inhaftierten in Deutschland an Maßnahmen zu dessen Resozialisierung ebenfalls beteiligt, allerdings im Vergleich zu Marokko nur in einem eingeschränkten Umfang. Ein weiteres zentrales Programm in Deutschland dient der Auseinandersetzung mit der Straftat, die auch im Strafvollzugsgesetz vorgesehen ist. Durch Entwicklung eines Problembewusstseins soll der Inhaftierte Verantwortung für seine Tat übernehmen. Dabei spielen ein gutes Empathievermögen der Strafvollzugsbeamten sowie die gemeinsame Entwicklung von Handlungsalternativen mit den Inhaftierten eine wichtige Rolle.

Die Expertinnen und Experten beider Länder stellten ähnliche Schwierigkeiten bei der Behandlung bestimmter Inhaftiertengruppen fest. Der Umgang mit Inhaftierten, die sich einer Auseinandersetzung mit ihrer Straftat verweigern, stellt den Strafvollzug in beiden Ländern vor Herausforderungen, da eine Teilnahme hieran in Marokko und Deutschland freiwillig ist. Besonders bei Hochrisikotäterinnen und Hochrisikotätern sehen die Expertinnen und Experten nur sehr begrenzte Möglichkeiten der Behandlung.

Eine zentrale Aufgabe des Strafvollzugspersonals besteht darin, Inhaftierte zur Teilnahme an Maßnahmen zur Resozialisierung zu motivieren. Damit dem Personal diese Aufgabe gelingt, ist es notwendig, dass es durch therapeutische Maßnahmen sowie ein behandlungsfreundliches Klima im Alltag unterstützt wird. Die Beamten sollten in einem geschützten Rahmen über ihre Erfahrungen sprechen können. Aus diesem Grund sind berufsübergreifende Fortbildungen als unterstützende Maßnahmen wesentlich.

Für Hochrisikotäter ist auf europäischer Ebene mit VERA 2 ein neues Instrument zur Einschätzung ihrer Gefährlichkeit entwickelt und in ersten deutschen Strafanstalten eingeführt worden. In Marokko besteht weiterhin ein Bedarf an Richtlinien und Handbüchern, um die soziale und psychologische Betreuung der Inhaftierten zu verbessern. Die IRZ hat mit ihrem Projekt in enger Absprache mit den Partnern von der DGAPR auf diesen Bedarf reagiert und in dieser Komponente ebenfalls eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Deren Ziele umfassen die Benennung einer Pilotanstalt, in der ein durch die Arbeitsgruppe geplantes Handbuch umgesetzt werden soll.

Studienbesuch marokkanischer Staatsanwälte zum Thema Rechtsmedizin in Berlin

Teilnehmer der Studienreise vor dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Teilnehmer der Studienreise vor dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Marokko

Vom 18. bis 22. März 2019 empfing die IRZ in Berlin zehn Staatsanwälte aus verschiedenen Regionen Marokkos zu einem Studienbesuch zum Thema „Wege zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Justiz und Rechtsmedizin“.

Zum Auftakt wurde die Delegation im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz empfangen. Nach einer kurzen Einführung zu Aufbau und Organisation des Ministeriums konnten sich die marokkanischen Gäste ausführlich zur Rolle rechtsmedizinischer Gutachten im Strafverfahren und die in diesem Rahmen relevanten strafprozessualen Grundlagen informieren. Besprochen wurde dabei auch das Verhältnis zwischen Justiz und Rechtsmedizin, insbesondere die Bedeutung der Unabhängigkeit der oder des Sachverständigen.

Im Institut für Rechtsmedizin der Charité Berlin stellte deren stellvertretender Institutsleiter, Lars Oesterhelweg, die vielfältigen Aufgabenfelder der Rechtsmedizin dar und gab den Teilnehmern einen Einblick zum derzeitigen Stand der Rechtsmedizin in Deutschland. Im Anschluss besuchten die Teilnehmer den Sektionssaal, die Abteilung für toxikologische Untersuchungen und die Gewaltschutzambulanz im Institut für Rechtsmedizin.

Weitere Stationen des Studienbesuchs waren die Staatsanwaltschaft Berlin und das LKA Berlin. Oberstaatsanwalt Ralph Knispel konnte durch seine langjährige Erfahrung im Bereich der Verfolgung von Tötungsdelikten auf viele Fragen bezüglich der Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaft mit der Kriminalpolizei und der Rechtsmedizin eingehen. Es fand ein reger Austausch zu den verschiedenen Herausforderungen statt, die in Deutschland und Marokko auf diesem Gebiet bestehen. Kriminalhauptkommissar Guido Sündermann machte den praktischen Ablauf der Zusammenarbeit anhand eines Beispiels deutlich. Er erklärte in welchen Fällen in Deutschland eine Rechtsmedizinerin oder ein Rechtsmediziner zum Tatort gerufen wird und inwieweit sich die Untersuchungen von Polizei und Rechtsmedizin voneinander abgrenzen.

Die Studienreise der marokkanischen Delegation fand im Rahmen des Projekts „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet der Rechtsmedizin unter besonderer Berücksichtigung der Belange der dortigen Justiz“ statt, das die IRZ im Zeitraum von 2017 bis 2019 im Rahmen der Projektförderung des Auswärtigen Amtes (Transformationspartnerschaften mit Nordafrika/ dem Nahen Osten) umsetzt. Im Juni 2019 findet die nächste Studienreise zu diesem Thema statt.

Seminar „Berufliche, handwerkliche und künstlerische Ausbildung von Inhaftierten“ in Casablanca

Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Casablanca
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Referentinnen und Referenten des Seminars in Casablanca

Vom 12. bis 15. März 2019 führte die IRZ in Casablanca in Kooperation mit der Generaldirektion für Strafvollzug und Resozialisierung (DGAPR) ein Seminar zum Thema „Berufliche, handwerkliche und künstlerische Ausbildung von Inhaftierten“ durch. Die Veranstaltung fand im Rahmen des durch das Auswärtige Amt geförderten Projekts zur „Zusammenarbeit mit dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Strafvollzugs“ statt, das die IRZ in den Jahren 2017 bis 2020 umsetzt.

Das Seminar war Teil der Projektkomponente zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung der Inhaftierten als Grundlage für eine erfolgreiche Resozialisierung. Die IRZ wurde bei der Durchführung des Seminars durch Katja Adolph, Leiterin Beschäftigung und Qualifizierung in der Jugendstrafanstalt Berlin, und Lars Hoffmann, Leiter Beschäftigung und Qualifizierung in der Justizvollzugsanstalt Tegel, unterstützt.

Der Direktor der regionalen Strafvollzugsbehörde Casablanca, Mohamed Ben Driss, eröffnete das Seminar. Er stellte den aktuellen Stand der Reformen in Marokko zur Verbesserung der Resozialisierungsmaßnahmen für Inhaftierte während des Vollzugs und nach der Entlassung dar. Hier arbeitet die marokkanische Strafvollzugsbehörde DGAPR intensiv mit anderen Ressorts und weiteren staatlichen Behörden zusammen.

In den Vorträgen und Diskussionsrunden wurden u.a. folgende Themen angesprochen:

  • Klassifizierung von Inhaftierten als Grundlage für die Durchführung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen,
  • Anpassung der Ausbildungsangebote unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Arbeitsmarkts,
  • Unterstützung der Resozialisierung von Inhaftierten durch berufliche Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. Konzeption besonderer Ausbildungsmaßnahmen etwa im Bereich EDV zur Unterstützung bei der Reintegration in den Arbeitsmarkt, sowie
  • Zusammenarbeit mit den externen staatlichen Akteuren zur Anerkennung der von den Inhaftierten während des Vollzugs erworbenen Ausbildungszeugnisse.

In intensiven Diskussionen wurden bereits erste Handlungsempfehlungen zur Erstellung eines entsprechenden Leitfadens in dieser Projektkomponente erarbeitet. Katja Adolph und Lars Hoffmann begrüßten die bisherigen Bemühungen der DGAPR zur Verbesserung des Strafvollzugsystems sehr. Sie betonten darüber hinaus, dass die Zielerreichung nur in einzelnen Prozessschritten möglich sei und wiesen auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Aus- und Fortbildung des Strafvollzugspersonals hin.

Die marokkanische Seite äußerte lebhaftes Interesse an weiteren Arbeitstreffen zur Klassifizierung und Diagnostik von Gefangenen sowie zur Feststellung des Aus- und Weiterbildungsbedarfs bei Inhaftierten. Diese sind für die zweite Jahreshälfte vorgesehen.