Delegation aus Marokko zum Thema „Unabhängigkeit der Justiz“ zu Besuch in Berlin

Fachgespräch mit der marokkanischen Delegation beim BMJV

Fachgespräch mit der marokkanischen Delegation beim BMJV

Vom 22. bis 25. Mai 2017 organisierte die IRZ für eine Delegation aus Marokko einen zweitägigen Studienbesuch nach Berlin zum Thema „Unabhängigkeit der Justiz“. Die Veranstaltung für Oberstaatsanwälte, Richter und Juristen anderer Fachrichtungen aus dem marokkanischen Justizministerium wurde im Rahmen der Projektförderung des Auswärtigen Amtes (Transformationspartnerschaften mit Nordafrika/dem Nahen Osten) durchgeführt.

Der Besuch setzte die Gespräche im Rahmen der letzten Konferenz im April bei der marokkanischen Justizakademie in Rabat fort. Die Thematik der richterlichen Unabhängigkeit ist ein elementarer Bestandteil der Reformagenda für die Justiz Marokkos und hat eine prioritäre Bedeutung für den Fortgang der Justizreform.

Seitens der marokkanischen Gäste bestand ein großes Interesse, sich über die richterliche Unabhängigkeit auszutauschen und ihre Funktionsweise am Beispiel der deutschen Praxis kennenzulernen.

Die Delegation wurde zu Fachgesprächen im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) empfangen. Dort stand das Thema „Unabhängigkeit der Justiz in Deutschland“ im Vordergrund. Es ging dabei besonders um die Zusammensetzung der Gerichte in Deutschland, die Besoldung der Richterinnen und Richter in Deutschland, die Beschäftigung von Richterinnen und Richtern beim BMJV sowie die rechtliche Ordnung der Richterschaft.

Bei einem weiteren Fachgespräch beim Amtsgericht Tiergarten ging es um viele weitere Themen die Richterschaft betreffend:

  • Ausbildung der Richterinnen und Richter,
  • Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter in der Praxis,
  • richterliche Berufsethik,
  • Finanzierungsfragen,
  • Protokollführer,
  • richterliche Dienstaufsicht,
  • Disziplinarmaßnahmen sowie
  • Umgang mit Medien.       

Letzte Station der Delegationsreise war der Deutsche Richterbund, wo es um richterliche Dienstpflichten, E-Justice sowie die Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit ging.

Die marokkanischen Gäste beteiligten sich sehr interessiert, aktiv und mit zahlreichen Fragen und Anmerkungen an dem Erfahrungsaustausch. Sie konnten in den Diskussionsrunden unterschiedliche Themenbereiche intensiv diskutieren sowie einen fundierten Einblick in die Arbeitsweise der Gerichte in Deutschland gewinnen.

Nichtsdestotrotz besteht weiterhin Bedarf zur Vertiefung und Ergänzung des Themas Unabhängigkeit der Justiz. Die IRZ und das Auswärtiges Amt werden die Reformanstrengungen innerhalb der marokkanischen Justiz auch in Zukunft unterstützen und mit Beratungen begleiten.

Konferenz mit dem marokkanischen Justizministerium zur Unabhängigkeit der Justiz

Am 25. und 26. April 2017 veranstaltete die IRZ gemeinsam mit dem marokkanischen Justizministerium in Rabat eine Konferenz zum Thema „Unabhängigkeit der Justiz“. Die Veranstaltung wurde im Rahmen der Projektförderung des Auswärtigen Amtes (Transformationspartnerschaften mit Nordafrika/dem Nahen Osten) durchgeführt und fand in Rabat in den Räumlichkeiten der marokkanischen Richterhochschule (Institut Supérieur de la Magistrature) statt.

Die Thematik der richterlichen Unabhängigkeit ist ein elementarer Bestandteil der Reformagenda für die Justiz Marokkos und hat eine prioritäre Bedeutung für den Fortgang der Justizreform. Dementsprechend hochrangig waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz, die durch den Justizminister Marokkos, Mohamed Aoujar, eröffnet und im Folgenden durch den Präsidenten des marokkanischen Kassationsgerichts, den Generalstaatsanwalt Marokkos sowie weitere hochrangige Repräsentanten der marokkanischen Gerichtsbarkeit geleitet wurde.

In Marokko wurde erst im Sommer des vergangenen Jahres im Zuge der aktuellen Justizreform ein Hoher Richterrat als unabhängiges Gremium der richterlichen Selbstverwaltung eingerichtet. Der Hohe Richterrat ist in der marokkanischen Verfassung verankert, steht jedoch als neues Organ im Justizsystem Marokkos noch am Beginn seiner Tätigkeit. Daher ist hier jegliche Unterstützung im Bereich Gewährleistung der Unabhängigkeit der Justiz gerade auch von deutscher Seite sehr willkommen.

Die für die IRZ teilnehmenden Experten Walter Selter, Generalstaatsanwalt a.D., sowie Dr. Fabian Krapoth, Direktor des Amtsgerichts Waldbröl, standen während der beiden Veranstaltungstage mit den marokkanischen Kolleginnen und Kollegen in intensivem Dialog über die verschiedenen Aspekte der Unabhängigkeit der Justiz am Beispiel der deutschen Praxis.

Im Fokus der Fachvorträge und Diskussionen standen die Grundlagen für eine Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit sowie die für die praktische Umsetzung erforderlichen Mechanismen und Strukturen (Organisation der Gerichtsbarkeit, Selbstverwaltungs- und Mitbestimmungsorgane). Diese Strukturen wurden jeweils für die Bereiche Richterschaft und Staatsanwaltschaft im Vergleich noch einmal besonders herausgearbeitet.

Ein besonderes Interesse der marokkanischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag dabei auf den Bereichen Dienstrecht (insbesondere Ahndung von Amtspflichtverletzungen, Amtshaftung) sowie der beruflichen Ethik. Angesichts des für beide Seiten fruchtbaren kollegialen Austauschs erscheint eine fortgesetzte Bearbeitung einzelner Teilaspekte aus dem Themenbereich „Unabhängigkeit der Justiz“ sehr sinnvoll. Und so betonten der Justizminister wie auch der Generalstaatsanwalt im Laufe der Veranstaltung mehrfach die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der IRZ und wünschten ausdrücklich deren vertiefte Fortsetzung.