Grafik: IRZ
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Serbien

Am 9. April 2020 fand eine erste Online-Diskussionsrunde für deutschsprachige IRZ-Alumni zum Thema „Corona und Recht" statt. Einleitend trugen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich aus Belgrad, Berlin, Bonn und Sarajevo zugeschaltet hatten, die Rechtsgebiete zusammen, in denen es in Reaktion auf das Corona-Virus bereits Rechtsänderungen gibt.

Aus Berlin und Bonn nahmen z.B. ein bosnischer Stipendiat des Deutschen Bundestags (Internationales Parlaments-Stipendium) und ein serbischer Masterstudent der Bonner Universität an dem Online-Workshop teil. Eine weitere, derzeit noch in Belgrad studierende Teilnehmerin, hat darüber hinaus schon die Zusage für ein Stipendium für den nächsten Masterstudiengang im deutschen Recht in Bonn.

Vor der Zusammenstellung der Rechtsgebiete mit Änderungen in Sachen Corona, stellten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Online-Workshops zunächst rechtsvergleichend fest, dass die staatlichen Eingriffe in den Westbalkanstaaten wesentlich tiefgreifender sind als in Deutschland. Die möglichen Ursachen hierfür sind vielfältig: Genannt wurden sowohl ein generell mehr obrigkeitstaatlicher Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern, die schlechter aufgestellten Gesundheitssysteme und die größere Nähe zu Italien, die zu Befürchtungen Anlass gibt, die dortigen Szenarien könnten sich im eigenen Land wiederholen.

Die mit diesem Online-Workshop beginnende Veranstaltungsreihe wird die Situation auf einzelnen Rechtsgebieten analysieren und vergleichen. Den Anfang machte das Prozessrecht, wo es in den Westbalkan-Staaten in den vergangenen Wochen zu drastischen Änderungen auf dem Verordnungsweg kam. In Serbien etwa lässt es die "Verordnung über die Art der Beteiligung des Angeklagten in Hauptverhandlungen in Strafverfahren, die während der Dauer des am 15. März verhängten Ausnahmezustandes abgehalten werden" (Gesetzblatt der Republik Serbien Nummer 49/2020) zu, dass die oder der Angeklagte nur per Video-Schalte an der Verhandlung gegen sie oder ihn beteiligt wird. Presseberichten zufolge sollen bereits einzelne Angeklagte, deren Prozess auf diese Weise geführt wurde, zu teilweise empfindlichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sein.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops kommentierten Regelungen wie diese kritisch. Sie befürchteten, dass zukünftig beispielsweise in Zivilverfahren wegen kleiner Forderungen online verhandelt werden könnte, auch weil sich das Kommunikationsverhalten der Bürgerinnen und Bürger zunehmend den technischen Möglichkeiten anpasse. Soweit es um die Einvernahme von Zeuginnen und Zeugen sowie Angeklagten geht, bestand der Konsens, dass hier vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung nicht abgewichen werden sollte. Dies sei unter anderem deshalb problematisch, da das Gericht bei einer reinen Online-Kommunikation keinerlei Möglichkeit habe, die Körpersprache während einer Aussage zur Kenntnis zu nehmen.

Die jetzt begonnenen Online-Workshops dienen als Vorbereitung des jährlichen IRZ-Alumni-Workshops in Belgrad, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr Wissen zum deutschen Recht auffrischen können und Gelegenheit bekommen, sich in deutscher Sprache über rechtliche Inhalte auszutauschen.

Diese Workshops für deutschsprachige Studierende gehören zu einer Reihe von nachhaltigen IRZ-Veranstaltungen, in denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Schlüsselqualifikationen für den Rechtsverkehr ihrer Heimatländer mit Deutschland und die europäische Integration erwerben.