Blick in den Veranstaltungsraum in Kragujevac während des Vortrags von Prof. Dr. Slavko Đorđević (am Tisch)
Blick in den Veranstaltungsraum in Kragujevac während des Vortrags von Prof. Dr. Slavko Đorđević (am Tisch)
Serbien

Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 180. Jahrestag der Universität Kragujevac in Serbien übergab die IRZ am 9. Oktober 2020 der Juristischen Fakultät der Universität eine Bibliothek zum deutschen Recht und zum internationalen Privatrecht. An der Juristischen Fakultät wird zurzeit unter der Leitung von Prof. Dr. Slavko Đorđević ein Zusatzstudiengang zum deutschen Recht aufgebaut. Die Bücherspende aus dem Nachlass von Prof. Dr. Jörg Pirrung, Richter erster Instanz am Gericht der Europäischen Union a.D. wurde durch Prof. Dr. Rolf Wagner vermittelt, bis vor kurzem Referatsleiter für Internationales Privatrecht im BMJV.

Anlässlich der Übergabe der wertvollen Bibliothek organisierte die IRZ gemeinsam mit der Juristischen Fakultät der Universität Kragujevac eine Vortragsveranstaltung, die gleichzeitig vor Ort und online stattfand. Aufgrund des Hygienekonzepts war die Zahl der Teilnehmenden in Kragujevac beschränkt. Umso zahlreicher waren die Teilnehmenden über das Internet. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Prof. Dr. Nenad Filipović, Rektor der Universität, Prof. Dr. Dragan Vujisić, Dekan der Juristischen Fakultät, sowie durch Dr. Stefan Pürner, Projektbereichsleiter der IRZ, der der Witwe von Professor Pirrung ausdrücklich für die großzügige Spende dankte. Auch der zweite Sekretär der deutschen Botschaft in Belgrad, Daniel Mohseni, begrüßte die Teilnehmenden und fasste die dann folgenden Vorträge unter der Überschrift „Die hellen und dunklen Seiten des deutschen Rechts – von der Rechtssicherheit zum Missbrauch des Zivilrechts durch die unbegrenzte Auslegung im Nationalsozialismus“ zusammen. Er betonte, dass die gute Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen sowie die intensive Lehre und Forschung zum deutschen Recht ein historischer Glücksfall seien, nachdem im Zweiten Weltkrieg in Kragujevac Massenerschießungen durch deutschen Wehrmachtssoldaten während der Besetzung Serbiens stattgefunden hatten.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung legte Prof. Dr. Slavko Đorđević in seinem Vortrag dar, warum es sich insbesondere für den juristischen Nachwuchs in Serbien lohne, das deutsche Recht zu studieren. Dabei hob er hervor, dass Deutschland als typischer Vertreter des kontinentaleuropäischen Rechts über eine lange Rechtstradition mit reicher Literatur und großer Anwendungspraxis verfüge. Professor Đorđević verwies auf die aus serbischer Sicht enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis in der deutschen Jurisprudenz. Aus Sicht eines Landes, das den EU-Beitritt anstrebe, sei es ein großes Plus, dass das deutsche Recht bereits mit dem europäischen Recht harmonisiert sei. Abschließend betonte er die Vorzüge des deutschen juristischen Ausbildungssystems mit seinem Konzept des Einheitsjuristen. Der für Serbien zuständige Bereichsleiter der IRZ, Rechtsanwalt Dr. Stefan Pürner, sprach danach in serbischer Sprache über den Missbrauch des Zivilrechts im Nationalsozialismus und belegte die sogenannte „unbeschränkte Auslegung des Zivilrechts“ anhand von Fällen aus dem Ehe- und Vollstreckungsrecht.

Die Veranstaltung zeigte die freundschaftliche deutsch-serbische Zusammenarbeit, die auch die dunklen Seiten der Vergangenheit nicht verleugnet. Der Fernsehsender RTV Kragujevac berichtete in seiner Nachrichtensendung über die Veranstaltung (Učionica na otvorenom u okviru Pravnog fakulteta, ab Minute 2:30), und auch auf der Website der Fakultät findet sich ein ausführlicher Bericht mit zahlreichen Fotos (Свечано отворена Немачка правна библиотека, донација фондације IRZ).