Grafik: IRZ
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Serbien

Am 11. Mai 2021 fand die Auftaktveranstaltung der Workshop-Reihe „Die Fallmethode als Beitrag zu einer praxisnahen Juristenausbildung“ statt. Ausgerichtet wurde sie gemeinsam vom Belgrader Institut für Rechtsvergleichung und der IRZ.

Die Veranstaltungsreihe möchte Anregungen für eine stärkere Integration der Gutachtenmethode in Ausbildung und Prüfung zukünftiger Juristinnen und Juristen geben.

Der Direktor des Belgrader Instituts, Professor Vladimir Čolović, und IRZ-Projektbereichsleiter Dr. Stefan Pürner eröffneten die als runder Tisch ausgerichtete Veranstaltung. Es folgten Impulsreferate mit jeweils anschließenden Frage- und Kommentar-Runden. Die Ergebnisse wurden schließlich in einer Generalsdiskussion zusammengefasst.

Die Referentin und Referenten waren so ausgewählt, dass sie jeweils aus einer anderen Perspektive von ihren Erfahrungen mit der gutachterlichen Lösung komplexer juristischer Fälle berichteten.

Den Auftakt machte Professor Zlatan Meskić, der seine juristische Ausbildung inklusive Promotion in Wien absolvierte und sich deshalb bereits als Student mit der Fallmethode vertraut gemacht hatte. Als Hochschullehrer setzt Professor Meskić diese Methode in seinen eigenen Lehrveranstaltungen an der Universität Zenica in Bosnien und Herzegowina sowie der Prinz- Sultan-Universität in Saudi-Arabien ein.

An den Vortrag von Professor Meskić schloss sich ein Referat von Rechtsanwalt Nicola Dašić an. Er ist Alumni des Kurses in deutscher Rechtsterminologie, den die IRZ in Belgrad anbietet, und hat in Bonn erfolgreich einen Masterstudiengang im deutschen Recht abgeschlossen. Nicola Dašić berichtete aus der Perspektive eines serbischen Absolventen, der das deutsche juristische Ausbildungssystem erst nach seiner Ausbildung kennengelernt hat.

Die abschließenden Referate übernahmen die Strafrechtlerin Professor Nataša Mrvić Petrović und der Zivilrechtler Professor Miloš Živković aus Belgrad. Beide arbeiten in ihren Lehrveranstaltungen intensiv mit der Fallmethode.

Trotz des Online-Formats entwickelte sich zwischen den fast 30 Teilnehmenden aus Serbien sowie Bosnien und Herzegowina im Anschluss an die Vorträge eine intensive Diskussion, die weit über die eigentlich geplante Veranstaltungszeit hinaus andauerte.

Ergebnis dieses Gedankenaustausches war unter anderem, dass die Fallmethode vor allem von jüngeren Hochschuldozentinnen und -dozenten eingesetzt wird. Da die Prüfungen jedoch nach wie vor von Professorinnen und Professoren abgehalten werden, die sich dabei der traditionellen Methode bedienen und sich Einzelfragen mündlich beantworten lassen, sieht ein Großteil der Studierenden das Training der Lösung komplexer Fälle nach wie vor als vermeidbaren Zusatzaufwand an.

Dies ist umso bedauerlicher, als dass sich der Mangel an praktischer Fallbearbeitung und der schriftlichen Ausarbeitung von Lösungen nach Meinung einiger Teilnehmender auch in der mangelhaften Qualität der Urteile auch höherer Gerichte zeige. Diese würden häufig ohne systematische Prüfung und Begründung nach allgemeinen Rechtmäßigkeitserwägungen entschieden. Da darunter auch die Einheitlichkeit und Überprüfbarkeit der Rechtsprechung leide, führe dies im Ergebnis langfristig zur Rechtsunsicherheit. Deshalb sprächen auch übergeordnete rechtsstaatliche Themen dafür, die Fallmethode zur Pflicht in der juristischen Ausbildung zu machen.

Die Workshop-Reihe wird mit einer Veranstaltung zur juristischen Ausbildung in Deutschland und der detaillierten Vorstellung von Ausbildungsfällen aus dem Bereich des internationalen Privatrechts fortgesetzt.