Fachgespräche am 3. und 4. November 2022 mit dem Verfassungsgericht der Ukraine
Ukraine

Die IRZ setzte die bewährte Tradition der deutsch-ukrainischen verfassungsrechtlichen Fachgespräche am 3. und 4. November 2022 mit dem Verfassungsgericht der Ukraine online fort. Bereits im Juni 2022 hatte sich die IRZ an einer multilateralen Online-Fachtagung des Verfassungsgerichts der Ukraine beteiligt.

Die aktuellen Fachgespräche führten auf deutscher Seite die Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. Prof. Dr. Reinhard Gaier und Prof. Dr. Udo Steiner – beide seit vielen Jahren für die Ukraine im Einsatz. Seitens des Verfassungsgerichts der Ukraine wirkte während der gesamten zweitägigen Tagung der amtierende Vorsitzende des Gerichts, Vizepräsident Prof. Serhiy Holovaty mit sowie zahlreiche weitere Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter der Ukraine.

Auch die Verwaltungsleitung sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter des Gerichtsapparats nahmen teil.

Zunächst berichtete Prof. Holovaty über die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung unter den Bedingungen des Krieges. Sodann wurden die Möglichkeiten der Vollstreckung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen sowie die Frage der disziplinarrechtlichen Verantwortung von Verfassungsrichtern erörtert. Nach einleitenden Vorträgen zur Thematik durch Verfassungsrichter Prof. Oleh Pervomaiskyi und Verfassungsrichterin Dr. Halyna Jurov’ska (zur Vollstreckung) sowie durch Herrn Prof. Verfassungsrichter Prof. Vasyl Lemak (zum Disziplinarrecht) folgte eine Fachdiskussion mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen. Sie berichteten von ihren deutschen Erfahrungen. Schließlich stellte Herr Prof. Gaier das Auswahlverfahren der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts vor und betonte, wie wichtig der Konsenswille aller daran beteiligten Akteure sei.

Das Auswahlverfahren für das Verfassungsgericht der Ukraine ist von hoher Relevanz, da im Rahmen der Stellungnahme der EU-Kommission zur Verleihung des EU-Kandidatenstatus an die Ukraine eine Reform dieses Verfahrens angemahnt wird. Ein entsprechender Reform-Gesetzentwurf wird derzeit im ukrainischen Parlament für die zweite Lesung vorbereitet. Ein Gutachten der Venedig-Kommission des Europarats zu diesem Entwurf wird erwartet.

Es ist zu hoffen, dass der fachliche Austausch bald wieder im Präsenzformat in Deutschland oder in der Ukraine stattfinden kann.