Bosnien und Herzegowina – Jahresbericht 2022

Teilnehmende des Workshops „Die Rechte von Flüchtenden – Zugang zu wirtschaftlichen und sozialen Rechten.“
Teilnehmende des Workshops „Die Rechte von Flüchtenden – Zugang zu wirtschaftlichen und sozialen Rechten.“

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Bosnien und Herzegowina hat kriegsbedingt verspätet mit der Transformation seines Rechtssystems begonnen. Aufgrund des Friedensabkommens von Dayton weist der Staatsaufbau zahlreiche Besonderheiten auf. Hierzu zählt unter anderem das Amt eines von den Vereinten Nationen bestellten Hohen Repräsentanten, dessen Funktion seit 2021 Bundesminister a. D. Christian Schmidt wahrnimmt.

Nachdem das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union am 1. Juni 2015 in Kraft trat, wurde dem Land im Dezember 2022 der Beitrittskandidatenstatus zuerkannt.

Schwierigkeiten im Rahmen der Projektarbeit ergeben sich in Bosnien und Herzegowina aufgrund des ausgeprägten föderalen Systems, dessen Entitäten nur eingeschränkt miteinander kooperieren. Dies leistet gleichzeitig der Rechtszersplitterung Vorschub. Auch die Wahlen am 2. Oktober 2022 (Staatspräsidium, gesamtstaatliches Parlament, Entitäts- und Kantonsparlamente) brachten keine nennenswerten Veränderungen im ethnisch geprägten Parteiengefüge. Nach wie vor verursachen innenpolitische Konflikte einen Reformstillstand.

Konzeption

Aufgrund der geschilderten Situation setzt die IRZ in Bosnien und Herzegowina den Schwerpunkt ihrer Projektarbeit auf die Aus- und Weiterbildung von Juristinnen und Juristen. Dabei unterstützt die IRZ Veranstaltungen zum Zivil- und Wirtschaftsrecht an dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina sowie an den juristischen Fakultäten der Universitäten Sarajevo, Mostar und Zenica. Sie arbeitet zudem eng mit dem Verfassungsgericht des Gesamtstaats Bosnien und Herzegowina und mit der Legal-Aid-Organi­sation Vaša Prava zusammen. Im Rahmen ihrer mit Mitteln des BMJ und des Auswärtigen Amts geförderten Aktivitäten schafft die IRZ bewusst auch Möglichkeiten einer Begegnung für Angehörige verschiedener Volksgruppen, um so ethnischen Spannungen entgegenzuwirken.

Tätigkeitsschwerpunkte 2022

Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Regionaler Workshop zum Thema „Teilhaberechte – ökonomische und soziale Rechte von Flüchtenden“, gemeinsam veranstaltet mit der Legal-Aid-Organisation Vaša Prava

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Seminar zum Thema „Aktuelle Fragen des Sachenrechts“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina
  • Seminar zum Thema „Harmonisierung von Kataster und Grundbuch – praktische Probleme“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina
  • Internationale Konferenz zum Tag des Familienrechts, gemeinsam veranstaltet mit der Juristischen Fakultät der Universität Džemal Bijedic´ in Mostar

Aus- und Fortbildung

  • Seminar zum Thema „Auswirkungen des Europarechts auf das nationale Recht“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina
  • Seminar zum Thema „Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina
  • Seminar zum Thema „Kollisionsrechtliche Fragen im Bereich des Standes-, Familien- und Erbrechts“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina
  • Seminar zum Thema „Integrität, Unabhängigkeit und Ethik“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina
  • Seminar zum Thema „Patientenrechte“, gemeinsam veranstaltet mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der ­Föderation Bosnien und Herzegowina

Ausblick

Die IRZ wird 2023 ihre Projektarbeit in Bosnien und Herzegowina in enger Abstimmung mit ihren Partnerinstitutionen fortsetzen und vertiefen. Bis zum Ende des gegenwärtigen Reformstaus in der Gesetzgebung werden dabei die Fortführung der Zusammenarbeit mit dem Verfassungsgericht des Gesamtstaats, mit dem Edukationszentrum der Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowinas und der Nichtregierungsorganisation Vaša Prava im Mittelpunkt stehen.

Zudem wird die IRZ an der Umsetzung des im Dezember 2022 gestarteten EU-Projekts zur Justizreform „EU 4 Justice – Phase II“ beteiligt sein. Damit ist sie erstmalig auch in Bosnien und Herzegowina in ein EU-gefördertes Vorhaben involviert und wird sich darin vor allem der Verbesserung von Korruptionsbekämpfung und -verfolgung widmen.

Den gesamten Jahresbericht 2022 finden Sie auf unserer Website unter Mediathek – Jahresberichte.