Jordanien - Jahresbericht 2019

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars „Train the Trainer: Vermittlung von methodisch-didaktischem Wissen” in Amman
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars „Train the Trainer: Vermittlung von methodisch-didaktischem Wissen” in Amman

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Das Haschemitische Königreich Jordanien hat eine zentrale Funktion bei der Gestaltung der sicherheitspolitischen Situation in der Region. Seine geostrategische Lage und seine Rolle bei der Beilegung von Konflikten macht Jordanien zu einem wichtigen Kooperationspartner für viele internationale Akteure. Im Zuge des Arabischen Frühlings brachte das Land Justizreformen auf den Weg und nahm Verfassungsänderungen vor. Nichtsdestotrotz steht Jordanien weiter vor innenpolitischen Herausforderungen. Neben den Folgen des Syrienkriegs schwächt die aktuelle Wirtschaftskrise das Land. Deswegen werden in der Öffentlichkeit die Stimmen lauter, die eine Stabilisierung der wirtschaftlichen und sozialen Situation fordern. Dadurch geraten auch der jordanische Rechtsstaat und damit verbundene politische Reformen unter Druck.

Die wirtschaftlichen Probleme sowie die teils angespannte Situation in jordanischen Flüchtlingslagern haben laut jordanischem Justizministerium zu einem Anstieg der Strafverfahren geführt, was die Kapazitäten der jordanischen Justizorgane übersteigt. Der jordanischen Regierung ist die Dringlichkeit einer Justizreform zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in dieser schwierigen Ausgangssituation bewusst. Deshalb wird die Reformierung des Justizsektors prioritär behandelt. So hat sich im vergangenen Jahr die Position des Verfassungsgerichts in Jordanien verbessert. Trotz anfänglicher Kompetenzstreitigkeiten mit dem etablierten Kassationsgericht konnte es seine verfassungsmäßige Position konstituieren und mit richtungsweisenden Entscheidungen untermauern. So entschied das Verfassungsgericht am 1. August 2019, dass die Tätigkeit einer Ministerin oder eines Ministers in der Privatwirtschaft während ihrer oder seiner Amtszeit verfassungswidrig ist. Unmittelbar nach dem Urteil berief Ministerpräsident Al-Razzaz einen Ministerausschuss ein, um die Konsequenzen der Entscheidung für das Kabinett zu untersuchen. In der Folge wurde im November 2019 das Kabinett umgebildet. Diese Entscheidung hat Symbolcharakter für das Land auf seinem Weg zur Rechtsstaatlichkeit und zur praktischen Anwendung der Gewaltenteilung.

Konzeption

Seit der Aufnahme der Projektarbeit in Jordanien im Jahr 2006 unterstützt die IRZ verschiedene Institutionen der jordanischen Justiz durch Fortbildungen, Trainings und Beratung. Einen wichtigen Partner stellt das Verfassungsgericht dar. Dieses braucht auch mehr als sechs Jahre nach seiner Arbeitsaufnahme Unterstützung in Form eines Erfahrungsaustauschs, um seine besondere Stellung im Justizwesen und die Bedeutung für den Rechtsstaat zu verdeutlichen.

Mit einem vom Auswärtigen Amt finanzierten Projekt unterstützte die IRZ von 2017 bis 2019 das Verfassungsgericht dabei, sich zu etablieren und die Zusammenarbeit mit den unteren gerichtlichen Instanzen zu verbessern. Der Erfolg dieses Projekts lässt sich auch an den ersten richtungsweisenden Entscheidungen des Verfassungsgerichts ablesen.

Seitens des Kassationsgerichts besteht ebenfalls Beratungsbedarf. Nach wie vor besteht hier ein Mangel an einer einheitlichen Rechtsprechung, sodass in einigen Fällen keine Rechtssicherheit besteht.

Mit der Generalstaatsanwaltschaft Amman finden im Rahmen der Projektarbeit Workshops und Expertengespräche statt, die nunmehr auch den strafrechtlichen Bereich in Jordanien stärker in den Fokus rücken. Zudem baut die IRZ ihre Kooperation mit der jordanischen Justizakademie weiter aus, um die Aus- und Fortbildung der Richterschaft zu unterstützen.

Tätigkeitsschwerpunkte 2019

Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Regionalkonferenz zum Thema „Verfassungsgerichtsbarkeit: Kompetenzen und Instrumente zum Schutz der Grundrechte“ in Amman

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Regionalkonferenz zum Thema „Kassationsgerichte und ihr Beitrag zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung unter besonderer Berücksichtigung der Implementierung von internationalen Richtlinien“ in Amman

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Erfahrungsaustausch zur Bekämpfung organisierter Kriminalität in Amman
  • Symposium zur Praxis der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit in Strafsachen in Berlin mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Justizministerien und Staatsanwaltschaften der Länder Algerien, Jordanien, Marokko, Senegal und Tunesien

Aus- und Fortbildung

  • Seminare zum Thema „Train the Trainer: Vermittlung von methodischdidaktischem Wissen” in Amman

Ausblick

Die IRZ setzt die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Justizministerium, Verfassungsgericht, Kassationsgericht sowie Justizakademie weiter fort. Ein Folgeantrag für ein im Rahmen der Transformationspartnerschaft des Auswärtigen Amts gefördertes Projekt wurde bereits gestellt. In dessen Rahmen will die IRZ die Beratung der Strafvollzugsbehörde, der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Justizministeriums vertiefen. Ferner ist für das Jahr 2020 geplant, die Zusammenarbeit mit Jordanien auf den Bereich Frauenrechte auszuweiten.