Effizienz und Transparenz des Justizsystems mit dem Schwerpunkt Strafverfahren

Jordanien

Eine Arbeitsgruppe bestehend aus dem deutschen Expertenteam der IRZ und jordanischen Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten traf sich erstmalig im November 2022 in Amman, um über die Anforderungen und Bausteine einer Steigerung der Effizienz und Transparenz des jordanischen Justizsystems in Strafsachen zu diskutieren. Am 13. und 14. Dezember 2022 setzte die IRZ den Austausch mit dem jordanischen Justizministerium im Rahmen einer Veranstaltung im Hybrid-Format fort.

Im Auftrag der IRZ nahmen als Experten teil:

  • Fernando Sanchez-Hermosilla, Vorsitzender Richter am Landgericht Karlsruhe
  • Stefan Trunk, Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Duisburg
  • Jürgen Marten, Kriminaldirektor – Dezernatsleiter im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen

Die Teilnehmenden und das Expertenteam setzten sich schwerpunktmäßig mit den Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensverkürzung auseinander, sie erläuterten die maßgeblichen Normen der deutschen bzw. jordanischen Strafprozessordnung und andere Gesetze. So diskutierten sie beispielsweise die § 100 und § 130 der jordanischen Strafprozessordnung, wonach die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen kann. Zugleich behandelten die IRZ-Experten die §§ 153 ff. (Verfahrenseinstellung) und die § 257c (Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten) der deutschen Strafprozessordnung.

Zu den besprochenen Themen zählten im Einzelnen:

  • Einstellungsmöglichkeiten eines Verfahrens: bei geringer Schuld, nach Erfüllung einer Auflage
  • Abtrennung einzelner Teile des Ermittlungsverfahrens, insb. wenn der Teil für das Ergebnis des Strafverfahrens nicht ins Gewicht fällt
  • Verständigungsverfahren über den Ausgang des Strafverfahrens
  • Dauer der Untersuchungshaft und ihre Verkürzung: Rechtsmittel und besondere Haftprüfung
  • Aussetzung der Untersuchungshaft und Alternativen zur Untersuchungshaft

Es entstand ein sehr interessanter und lebhafter Erfahrungsaustausch, indem sich Experten und Teilnehmende über die Ähnlichkeiten bei der Vorgehensweise in beiden Ländern austauschten, andererseits aber auch die Unterschiede verdeutlichten. So sieht beispielsweise der jordanische Gesetzgeber vor, dass ein Richter oder eine Richterin einen Tatverdächtigen länger in Untersuchungshaft nehmen kann, um diese Person zu schützen, sofern es eine begründete Sorge vor Rache gibt. Ein solcher Vorgang kennt das deutsche Recht nicht. Zudem gilt die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung in Jordanien nur für geringfügige Straftaten, wobei diese in Deutschland sowohl bei Vergehen als auch bei Verbrechen – je nach Einzelfall – möglich und selbst im Fall eines Verbrechens nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

Neugierig waren die jordanischen Teilnehmenden außerdem auf die Entschädigung für unrechtmäßig verbüßte Untersuchungshaft und ihrer Berechnungsweise im Falle einer Unschuld, da die jordanischen Regelungen eine solche nicht vorsehen.

Beide Seiten schenkten dem Projekt große Aufmerksamkeit, das Treffen fand in einer freundschaftlichen sowie offenen Atmosphäre unter reger Beteiligung statt. Der jordanische Partner hat das Ziel der „Steigerung der Effizienz und Transparenz des jordanischen Justizsystems in Strafsachen“ vor Augen und erkennt die große Rolle, welche die Staatsanwaltschaft bei der Verwirklichung dieses Ziels trägt.

Das Arbeitstreffen erhielt die Projektförderung des Auswärtigen Amts zum Thema: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien 2020 – 2023.

Die IRZ dankt der Arbeitsgruppe für die erfolgreiche Zusammenarbeit.