Transparenz innerhalb des Justizsystems

Zweitägiger Erfahrungsaustausch und Fachgespräche zur Transparenz im Strafverfahren mit den Teilnehmenden des jordanischen Justizrats.
Zweitägiger Erfahrungsaustausch und Fachgespräche zur Transparenz im Strafverfahren mit den Teilnehmenden des jordanischen Justizrats.
Jordanien

Jordanien verfolgt bis 2026 einen strategischen Plan, der unter anderem eine Justizreform anstrebt, die transparentere und effizientere Strafgerichtsverfahren zum Ziel hat. In diesem Kontext fand im Rahmen des Projektes Effizienzsteigerung im Strafverfahren, welches die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium und dem jordanischen Justizrat umsetzt, am 6. und 7. März 2023 ein Seminar zum Thema Transparenzsteigerung im Strafverfahren statt. Die Veranstaltung ist Teil des vom Auswärtigen Amt geförderten Projekts „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien (2020-2023)“.

Zum Auftakt des Seminars wies Richter Ali Al-Muslimi, Generalsekretär des Justizrats, in seiner Begrüßung auf das große Interesse der jordanischen Partner und die Wichtigkeit der gemeinsamen Zusammenarbeit hin.

Der Fokus des ersten Seminartags lag auf der Information der Öffentlichkeit über Strafverfahren und dem Zugang der Bürgerinnen und Bürger zur Hauptverhandlung. Generalstaatsanwalt für Steuerrecht, Richter Abdullah Abu Al Ghanem, ging in seinem Beitrag auf das Grundprinzip der Öffentlichkeit im jordanischen Strafverfahren ein, Fernando Sanchez-Hermosilla, Vorsitzender Richter am Landgericht Karlsruhe, stellte das entsprechende Grundprinzip im deutschen Recht vor. Dabei zeigten die Referierenden die Gemeinsamkeiten der deutschen und jordanischen Umsetzung auf. In der anschließenden Diskussion stand die Videovernehmung im Fokus – ein Themenbereich mit besonders hoher Relevanz für die jordanischen Partner, da derzeit eine entsprechende Gesetzesänderung für die Durchführung von Videoübertragungen der Vernehmungen bei besonders schutzwürdigen Personen erarbeitet wird. Weitere zentrale Themen waren der Anwesenheitsgrundsatz im Strafverfahren und die Online-Zeugenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft. Johannes Mocken, Staatsanwalt des Oberlandesgerichts Köln rundete den ersten Seminartag mit seinem Vortrag über die Rolle des Pressesprechers zur Information der Öffentlichkeit über Strafverfahren ab.

Der zweite Seminartag zeigte vermehrt die Unterschiede beider Rechtssysteme auf. Dabei standen die Themen das Recht des Beschuldigten auf einen Rechtsbeistand und auf Akteneinsicht sowie die Ausgestaltung der Kooperation zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft im Vordergrund. Im Jordanischen Strafverfahren muss ein Pflichtverteidiger erst dann gestellt werden und während des ganzen Verfahrens anwesend sein, wenn dem Beschuldigten eine Haftstrafe von mindestens zehn Jahren oder die Todesstrafe droht. Bei Verbrechen, die eine Haftstrafe unter zehn Jahren vorsehen, kann durch den Beschuldigten ein Antrag auf Stellung eines Pflichtverteidigers eingereicht werden, sofern ihm ein monatliches Einkommen von weniger als 400 JOD (entspricht 524.86 EUR) zur Verfügung steht. Hintergrund für diese Regelung sind unter anderem mangelnde finanzielle Ressourcen des jordanischen Strafverfahrens.

Seinen Abschluss fand das zweitägige Seminar mit einem Beitrag von Jürgen Marten, Kriminaldirektor und Dezernatsleiter des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, über die Ausgestaltung der Kooperation zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft.

An die Veranstaltung werden im Laufe des Jahres weitere Maßnahmen anknüpfen, wie beispielsweise ein „Training of Trainers“ zum Thema Tatsachenfeststellung bei Gericht und Techniken der Zeugenvernehmung sowie ein Seminar zur Effizienzsteigerung des Strafverfahrens.

Die IRZ dankt den Experten und Teilnehmenden des jordanischen Justizrats für den zielführenden Erfahrungsaustausch, die erfolgreiche Zusammenarbeit und freut sich auf die weiteren Veranstaltungen.