Erfahrungsaustausch zum Verbraucherschutz im Bankwesen in Tunesien und Deutschland

Grafik: IRZ
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Tunesien

Am 31. März 2021 veranstaltete die IRZ einen Erfahrungsaustausch zum Verbraucherschutz im Bankwesen in Tunesien und Deutschland. Die Veranstaltung, die online stattfand, richtete sich an Repräsentantinnen und Repräsentanten des tunesischen Justizministeriums, der Verbraucherschutzvereinigung, der tunesischen Zentralbank sowie des Berufsverbands für Banken und Geldinstitute. Außerdem nahmen zahlreiche Richterinnen und Richter sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte an dem Erfahrungsaustausch teil. Die Veranstaltung fand statt im Rahmen des gemeinsamen Arbeitsprogramms über rechtliche Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem tunesischen Justizministerium.

Als IRZ-Experte beteiligte sich Jochen Robert Elsen, Stellvertretender Leiter des Bereichs Internationales der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Für die tunesischen Projektpartner wirkten mit:

  • Imed Derouiche, tunesischer Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium
  • Badii Ben Abbes, Vorsitzender Richter
  • Akrem Barouni, Vizepräsident der tunesischen Verbraucherschutzvereinigung (ODC)
  • Raja Gharbi, Leiterin für Kommunikation und strategische Angelegenheiten des tunesischen Berufsverbandes für Banken und Geldinstitute (APTBEF)
  • Abdellatif Ben Heddia, Präsident der tunesischen Aufsicht für Finanzdienstleistungen (OTSF)
  • Hatem Rouatbi, Rechtsanwalt sowie Professor für Zivilrecht und Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckung an der Universität Tunis El Manar, (ReLèVe)

Die Verrechtlichung des Verbraucherschutzes wurde in den letzten Jahren auch in Tunesien vorangetrieben. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und den zunehmenden Bestrebungen von Staat und Finanzsektor, durch finanzielle Inklusion mehr Menschen Zugang zu den Leistungen formeller Bank- und Versicherungssysteme zu ermöglichen, rücken aber auch Missbrauch, Desinformation und Betrug in den Fokus. Das tunesische Bankwesen und die angebotenen Finanzprodukte sind bisher nicht ausreichend verbraucherfreundlich und transparent gestaltet. Auch zentrale Beratungsstellen für Verbraucherinnen und Verbraucher sind in Tunesien noch nicht in ausreichender Anzahl vorhanden.

Der Erfahrungsaustausch, der gleichzeitig Auftakt für weitere Veranstaltungen zum Thema war, hatte das Ziel, dem Thema Regulierung von Finanzprodukten im Bankwesen in Tunesien mehr Aufmerksamkeit zu verleihen, und zu ermitteln, welche Missstände zu beobachten sind und wo dementsprechend regulatorischer Bedarf gesehen wird.

Die tunesischen Partner berichteten über erforderliche Ausweitungen des Verbraucherschutzes und diesbezüglich ausstehende gesetzliche Regelungen (z.B. zu Dienstleistungen im Finanz- und Versicherungswesen) und wiesen auf die Notwendigkeit von Selbstverpflichtungen für Banken und Finanzdienstleister in Tunesien hin. Thematisiert wurden unangemessen hohe Gebühren für Finanzdienstleistungen und die Vergabe von riskanten und verbraucherschädigenden Krediten. Erforderlich seien klare Regulierungen und Aufsichtskompetenzen, die z.B. auch eine Sorgfaltspflicht von Banken und Geldinstituten beinhalten.

Großes Interesse fand hier vor allem die durch den deutschen Experten Jochen Robert Elsen vorgestellte Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Ombudsleute im deutschen Banken- und Versicherungswesen. Die Einrichtung derartiger Schlichtungsstellen wäre nach Ansicht der Teilnehmenden auch in Tunesien wünschenswert, zumal seitens der Finanzdienstleister bereits Möglichkeiten der Mediation für Verbraucherinnen und Verbraucher angeboten werden.

Mit mehr als 40 Teilnehmenden war die Online-Veranstaltung sehr gut besucht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten angeregt und äußerten den Wunsch, den Dialog im Rahmen einer Folgeveranstaltung fortzuführen.

Die IRZ wird daher ihre Zusammenarbeit gemeinsam mit den oben genannten Partnern ausbauen und den fachlichen Austausch hin zu einer transparenteren und verbraucherfreundlicheren finanziellen Inklusion intensivieren.