Georgien – Jahresbericht 2021
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- Veröffentlicht: Dienstag, 13. September 2022
Strategische Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Ausgangslage
Das Jahr 2021 war geprägt von innenpolitischen Spannungen im Zuge der Ende 2020 erfolgten Parlamentswahl, bei der erneut die Partei „Georgischer Traum“ als Siegerin hervorging. Die Oppositionsparteien warfen daraufhin der Regierungspartei Wahlmanipulation vor und boykottierten die Arbeit des Parlaments. Die Vermittlungsversuche der Europäischen Union unter Ratspräsident Charles Michel gipfelten in einem Abkommen, das Reformen im Bereich Wahlgesetzgebung und Justiz vorsah, so etwa die Neuwahlen des Parlaments, wenn bei den Kommunalwahlen im Herbst die Regierungspartei weniger als 43 % der Stimmen erhalten sollte. Das zunächst nur von der Regierungspartei unterzeichnete Abkommen wurde von dieser allerdings wieder aufgekündigt, nachdem u.a. die Oppositionspartei ihre Unterzeichnung zunächst verweigerte. Als Begründung nannte sie unter anderem die aus ihrer Sicht politisch beeinflusste Ernennung von Richterinnen und Richtern des Obersten Gerichts. Bei den dann im Herbst durchgeführten Kommunalwahlen gewann die Regierungspartei mit 46,8 % der Stimmen, was zu erneuten Vorwürfen der Wahlfälschung der Oppositionsparteien führte.
Die innenpolitische Krise hat im Berichtsjahr auch Auswirkungen auf das traditionell gute Verhältnis Georgiens zur Europäischen Union, das sich unter anderem im Assoziierungsabkommen widerspiegelt.
Konzeption
Das Zivil- und das Wirtschaftsrecht standen 2021 neben dem Strafrecht im Zentrum der Aktivitäten. Wie bereits in den vergangenen Jahren konnten trotz der oben beschriebenen Rahmenbedingungen die Kooperationen mit dem Obersten Gericht, dem Rechtsausschuss des Parlaments und dem Justizministerium weitergeführt und teils ausgebaut werden. Zwischen dem georgischen Justizministerium und dem Bundesministerium der Justiz soll ein Arbeitsprogramm vereinbart werden, das eine umfassende Zusammenarbeit u.a. in den Bereichen Strafvollzug, internationale Rechtshilfe und Haager Übereinkommen bis 2025 vorsehen wird. Das Oberste Gericht wird durch zwei deutsche Berater unterstützt (jeweils im Zivil- und Verwaltungsrecht), die im Fachaustausch mit den georgischen Kolleginnen und Kollegen stehen und rechtsvergleichend Fragen diskutieren. Auch die Zusammenarbeit mit den juristischen Berufsverbänden wurde fortgesetzt, um die traditionell engen Verbindungen zu den deutschen Kolleginnen und Kollegen zu fördern. Zwei regelmäßig erscheinende Publikationen, die den bilateralen wissenschaftlichen Austausch zwischen Georgien und Deutschland zum Ziel haben, runden die Zusammenarbeit mit Georgien ab.
Tätigkeitsschwerpunkte 2021
Verfassungsrecht/Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit
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- Moot-Court im Verfassungsrecht für Jurastudierende
Zivil- und Wirtschaftsrecht
- Online-Rundtischgespräch und Erarbeitung eines Gesetzentwurfs zum Thema „Wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten vor der Kammer für Handelssachen“ mit der Rechtsanwaltskammer in Zusammenarbeit mit der Bundesrechtsanwaltskammer
- Zwei Online-Seminare mit dem Justizministerium zur Umsetzung des Haager Übereinkommens von 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und von 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen
- Online-Seminar in Kooperation mit dem Anwaltsverein Georgian Lawyers for Independent Profession zum Thema „Medizinrecht“
- Online-Seminar mit der Georgian Bar Association zum Thema „Fachanwaltsausbildung“
- Online-Seminar zu den rechtlichen Auswirkungen der COVID-19- Pandemie
- Beratung des Obersten Gerichts von Georgien in zivilrechtlichen Fragen
- Online-Seminar zum Thema „Mehrheit von Schuldnern“
- Fachpublikation: Deutsch-Georgische Zeitschrift für Rechtsvergleichung – DGZR
Öffentliches Recht
- Online-Training für das Parlament und das Justizministerium zum Thema „Rulemapping und die Grundlagen der Legistik“
- Vorlesung zum Europarecht im Rahmen des Moot-Courts in Kooperation mit dem georgischen Justizministerium
- Beratung des Obersten Gerichts von Georgien in verwaltungsrechtlichen Fragen
Rechtspflege
- Online-Fachgespräch zum Thema „Aus- und Fortbildung der Mediatorinnen und Mediatoren“ in Kooperation mit der Bundesrechtsanwaltskammer und der Assoziation der georgischen Mediatorinnen und Mediatoren
Straf- und Strafvollzugsrecht
- Online-Fachpublikation: Deutsch-Georgische Strafrechtzeitschrift – DGStZ
- Erstellung eines Strafrechtsglossars
- Online-Training für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Kooperation mit der Hauptstaatsanwaltschaft zum Thema „Cyberkriminalität“
Ausblick
Die Zusammenarbeit soll auch 2022 in den bisherigen Schwerpunkten vertieft werden. Dabei werden insbesondere die Zusammenarbeit und die Umsetzung des derzeit in Abstimmung befindlichen Arbeitsprogramms 2022–2025 zwischen dem Bundesministerium der Justiz sowie dem georgischen Justizministerium einen Schwerpunkt bilden.
Die gezielte Unterstützung der Zusammenarbeit mit dem Rechtsausschuss des Parlaments bei Gesetzesreformen ist angedacht. Ebenso sollen die unterschiedlichen juristischen Berufsvereinigungen durch einen gezielten Fachaustausch hinsichtlich konkreter Gesetzesvorhaben und -initiativen begleitet werden.