Länderbericht Georgien 2015Während der Konferenz zum Thema „Das Strafverfahren in Georgien – Herausforderungen auf dem Weg zur Annäherung an die EU“ in Tiflis

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Die Integration Georgiens in euroatlantische Strukturen sowie eine nachhaltige demokratische Entwicklung sind prioritäre Ziele des Landes. Georgien ist bestrebt, bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte die Standards des Europarats einzuhalten. In vielen Bereichen kann das Land bereits beachtliche Reformerfolge aufweisen, u.a. beim Kampf gegen die Korruption sowie bei der Reform von Polizei und Justiz. Bei den Justizreformen geht es insbesondere darum, die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter sicherzustellen, das Gerichtswesen und die Strafverfolgungsbehörden zu modernisieren und die Rechte von Opfern zu stärken. Zu den weiteren Zielen der Regierung gehört außerdem der Ausbau der lokalen Selbstverwaltung.

Ein wichtiger Erfolg auf dem Weg der Annäherung Georgiens an die EU war die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens vom Juni 2014. Das Abkommen wird allerdings erst endgültig in Kraft treten, wenn es von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist. Deutschland hat das Abkommen mit Georgien 2015 unterzeichnet.

Konzeption

Die IRZ arbeitet auf Grundlage einer Gemeinsamen Erklärung zwischen dem georgischen und dem deutschen Justizministerium zusammen, die im Dezember 2014 durch ein neues, bis 2017 gültiges Arbeitsprogramm aktualisiert wurde. Die darin vereinbarten Maßnahmen zu Fortbildung und Gesetzesberatungen sollen die georgische Justiz stärken und dadurch zu mehr Stabilität und Rechtsstaatlichkeit sowie zur Achtung der Menschenrechte führen. Thematisch geht es dabei weiterhin um das Straf- und Strafprozessrecht, den Strafvollzug, die Menschenrechte sowie die Umsetzung internationaler Übereinkommen in Georgien.

Auch die Zusammenarbeit mit Berufsverbänden, vornehmlich mit der georgischen Rechtsanwaltskammer, wird effizient fortgesetzt. Mit Unterstützung der IRZ findet bereits seit vielen Jahren ein Erfahrungsaustausch mit der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) statt. In dessen Rahmen informierten sich Vertreterinnen und Vertreter der georgischen Anwaltskammer 2015 zum Qualitätsmanagement in Berlin. Außerdem veranstaltete die IRZ in diesem Jahr in Tiflis einen runden Tisch zum regionalen Erfahrungsaustausch mit den Anwaltskammern in Armenien und Georgien sowie eine Tagung speziell für Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger.

Im Bereich der Verbesserung der juristischen Ausbildung werden die Projekte ebenfalls erfolgreich fortgeführt. Vor dem Hintergrund der großen Nähe des georgischen Rechtssystems zur deutschen Rechtstradition und der hohen Anzahl gerade junger Juristinnen und Juristen mit Studien- oder Berufserfahrung in Deutschland besteht ein großes Interesse an der deutschen fallorientierten Lehr- und Arbeitstechnik. Diese wird im Rahmen verschiedener Projekte vermittelt.

Tätigkeitsschwerpunkte 2015

Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Arbeitsbesuch einer Delegation georgischer Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter u.a. beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, beim Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz und beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
  • Teilnahme der zwei Gewinnerinnen des nationalen Moot Court an einem Seminar zum Verfassungsrecht in Berlin
  • Nationaler Moot Court im Verfassungsrecht für georgische Jurastudierende in Batumi

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Durchführung des EU-Projekts "Facility for the Implementation of the Association Agreement in Georgia" (EU-Service-Contract) seit Juli 2015 (Weitere Informationen S.)

Rechtspflege

  • Unterstützung der Jubiläumsausgabe des georgischen Anwaltsblatts
  • Fortbildung und Beratung im Europarecht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des georgischen Justizministeriums
  • Runder Tisch zum regionalen Erfahrungsaustausch mit den Anwaltskammern in Armenien und Georgien in Tiflis
  • Konferenz zum Thema "Rolle und Rechte des Strafverteidigers im Strafverfahren" in Tiflis
  • Fachgespräche zu den Themen elektronischer Rechtsverkehr und elektronischer Geschäftsverteilungsplan beim Appellationsgericht Tiflis und Obersten Gericht von Georgien
  • Workshop zum Thema "Sicherung der Qualität der anwaltlichen Dienstleistung durch Spezialisierung, Fortbildung und Kanzleimanagement" in Berlin
  • Durchführung des EU-Projekts „Legislative impact assessment, drafting and representation" (EU-Service-Contract) seit April 2015 (Weitere Informationen S. )

Strafrecht und Strafvollzugsrecht

  • Besuch von Richterinnen und Richtern des Landgerichts Hamburg am Appellationsgericht Tiflis und Gegenbesuch der georgischen Kolleginnen und Kollegen aus Tiflis beim Landgericht Hamburg
  • Konferenz zur Einführung des Jugendstrafgesetzbuches an der staatlichen Universität Tiflis
  • Informationsaufenthalt von georgischen Mentorinnen und Mentoren im Strafvollzug in Niedersachsen
  • Beratung des Zentrums für Kriminalitätsprävention zu den Themen Risikomanagement und risikoorientierte Sozialarbeit
  • Beratung des Obersten Gerichts Georgiens zur Reform des Strafprozessrechts
  • Unterstützung der Herausgabe der „Deutsch-Georgischen Zeitschrift für Strafrecht (DGStZ)"
  • Fortbildungen im Jugendstrafrecht für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
  • Konferenz zum Thema „Das Strafverfahren in Georgien – Herausforderungen auf dem Weg zur Annäherung an die EU"
  • Abschluss des EU-Projekts „Support to criminal justice reforms in Georgia" (Weitere Informationen S. )

Aus- und Fortbildung

  • Training für Trainerinnen und Trainer zur Anwendung der juristischen Methodenlehre bei der Ausbildung georgischer Studierender der Rechtswissenschaften
  • Teilnahme von zwei georgischen Studierenden der Rechtswissenschaften an der IRZ-Sommerschule „Deutsches Recht" in Brühl und Bonn

Ausblick

Priorität wird im Jahr 2016 die Umsetzung des Arbeitsprogramms der Justizministerien haben. Dies beinhaltet zum einen eine weitere Unterstützung der Europarechtsabteilung des georgischen Justizministeriums sowie des Zentrums für Kriminalitätsprävention. Zum andern wird ein Schwerpunkt auf Fortbildungen zur Implementierung des neu eingeführten Jugendstrafgesetzbuchs liegen, da das hiermit bisher maßgeblich befasste EU-Projekt 2015 abgeschlossen wurde und die IRZ in diesem Bereich Kontinuität gewährleisten kann.

Selbstverständlich werden die Kooperationen mit der georgischen Anwaltskammer, dem Obersten Gericht Georgiens und dem Appellationsgericht Tiflis weitergeführt. Konkret geplant sind zudem Projekte zugunsten der Hauptstaatsanwaltschaft und des Strafvollzugsministeriums bzw. des ihm unterstellten Trainingszentrums für Strafvollzug und Bewährungshilfe. Mit diesen Institutionen hat die IRZ in der Vergangenheit bereits zahlreiche Maßnahmen erfolgreich umgesetzt, an die sie anknüpfen wird.

Um der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit strafrechtlichen Themen eine nachhaltige Plattform zu geben, wird 2016 ein elektronisches deutsch-georgisches Strafrechts-Portal online gehen. Diese Online-Zeitschrift wird wissenschaftliche Beiträge, Urteilsbesprechungen und Tagungsberichte georgischer und deutscher Autorinnen und Autoren einem breiten Publikum kostenlos zugänglich machen.