Georgien – Jahresbericht 2022

Georgische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu Besuch am Arbeitsgericht Bonn.
Georgische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu Besuch am Arbeitsgericht Bonn.

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zog die georgische Regierung ihren ursprünglich für das Jahr 2024 vorgesehenen Antrag auf EU-Beitritt vor und stellte bereits am 3. März 2022 – wenige Tage nach der Ukraine und zeitgleich mit der Republik Moldau – einen entsprechenden Antrag. Dieser wurde von der Europäischen Kommission geprüft, jedoch wurde Georgien am 23. Juni 2022 mit der Entscheidung des Europäischen Rats lediglich eine Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt. In ihrer Stellungnahme („Avis“) zu möglichen Verhandlungen formulierte die Europäische Kommission in ihrer Bewertung zwölf Punkte und empfahl dem Land deren Umsetzung. Hierzu zählen etwa die parteiübergreifende Annahme und Umsetzung einer wirksamen Justizreform und die Gewährleistung einer transparenten und unabhängigen Justiz. Die Europäische Kommission mahnt zudem eine tiefgreifende Reform des Obersten Justizrats an, ebenso die Verpflichtung zur Deoligarchisierung und die Stärkung des Schutzes der Menschenrechte.

Die Entscheidung über die vorläufige Ablehnung des Kandidatenstatus führte in Georgien zu Frustrationen und Demonstrationen in der weit überwiegend proeuropäisch eingestellten Bevölkerung. Die Demonstrierenden warfen der Regierung vor, dass sie den EU-Beitrittsprozess nicht mit dem nötigen Reformwillen betreibt und selbst für die aktuelle Situation im Land maßgeblich verantwortlich ist.

Konzeption

Sowohl das Zivil- und Wirtschaftsrecht als auch das Strafrecht bildeten 2022 die Schwerpunkte der Zusammenarbeit der IRZ mit den Partnerinstitutionen in Georgien. Trotz der innen- wie außenpolitisch angespannten Lage vereinbarten das georgische Justizministerium und das Bundesministerium der Justiz ein mehrjähriges Arbeitsprogramm bis 2025, das vor allem gemein­same Maßnahmen rund um das Strafvollzugsrecht und im Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Fragen des Zivil- und Strafrechts vorsieht. Daneben unterstützt die IRZ die juristischen Berufsvereinigungen des Zivil- und Wirtschaftsrechts. Zwei regelmäßig erscheinende Publikationen und ein deutsch-georgisches Online-Strafrechts-Glossar fördern zusätzlich den bilateralen wissenschaftlichen Austausch zwischen Georgien und Deutschland.

Tätigkeitsschwerpunkte 2022

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Beratung des Obersten Gerichts in zivilrechtlichen Fragen durch einen ständigen deutschen Experten
  • Workshop für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zum Thema ­„Juristische Falllösungsmethodik“
  • Workshop für Richterassistentinnen und Richterassistenten des ­Obersten Gerichts zum Thema „Relationstechnik“
  • Runder Tisch zum Thema „Wirtschaftliche Streitigkeiten vor der Kammer für Handelssachen“ mit der georgischen Rechtsanwaltskammer in ­Zusammenarbeit mit der Bundesrechtsanwaltskammer 
  • Studienreise der georgischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach Bonn und Düsseldorf zu diversen zivilrechtlichen Themen
  • Publikation der Deutsch-Georgischen Zeitschrift für Rechtsvergleichung (DGZR)

Öffentliches Recht

  • Online-Vorlesung „Europarecht“ im Rahmen eines Moot Courts zum Europarecht in Kooperation mit dem Trainingszentrum der Justiz des georgischen Justizministeriums

Straf- und Strafvollzugsrecht

  • Publikation der Deutsch-Georgischen Online-Strafrechtszeitschrift (DGStZ)
  • Publikation eines digitalen Deutsch-Georgischen Strafrechtsglossars
  • Studienreise von georgischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zu strafrechtlichen Themen nach Bonn

Ausblick

Grundlegend für die Arbeit der IRZ in Georgien sind das gemeinsame Arbeitsprogramm für die Jahre 2022 bis 2025 zwischen dem georgischen Justizministerium und dem Bundesministerium der Justiz sowie die zwölf Empfehlungen der Europäischen Kommission. Die IRZ setzt in ihrer Arbeit auf die langjährigen Partnerschaften mit dem Justizministerium, dem Rechtsausschuss des Parlaments, der Rechtsanwaltskammer und mit dem Obersten Gericht und wird diese mit neuen Kooperationen mit Organisationen der Zivilgesellschaft sinnvoll ergänzen.

Den gesamten Jahresbericht 2022 finden Sie auf unserer Website unter Mediathek – Jahresberichte.