Georgien- Jahresbericht 2014

Länderbericht Georgien 2014
Regionalkonferenz zum Schutz der Privatsphäre in Batumi, Georgien

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Georgien verfolgt kontinuierlich die Annäherung an die EU und bemüht sich um einen politischen und wirtschaftlichen Reformkurs. Ein wichtiger Erfolg auf diesem Weg war die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU im Juni 2014. Dessen Umsetzung stellt für die georgische Regierung eine große Herausforderung dar, der sie sich - ungeachtet einiger innenpolitischer Turbulenzen auch 2014 – mit großer Reformbereitschaft stellt. Themen auf der Reformagenda sind: Unabhängigkeit der Justiz, Modernisierung der Justizverwaltung, Bekämpfung des organisierten Verbrechens und Schutz der Menschenrechte.

Die klar europäische Orientierung Georgiens erweist sich jedoch im Verhältnis zu Russland als nicht unproblematisch. Mit großer Skepsis wurde im Lande zur Kenntnis genommen, dass Russland im November 2014 einen „Vertrag über die Neugestaltung einer strategischen Partnerschaft“ mit der abtrünnigen Provinz Abchasien geschlossen hat. Dieser Vertrag, der Abchasien militärisch, politisch und wirtschaftlich noch enger als bisher an Russland bindet, stellt für den ungelösten georgisch-abchasischen Konflikt sowie für die ohnehin fragilen Beziehungen zwischen Georgien und Russland eine enorme Belastung dar.

Konzeption

Die IRZ arbeitet seit 2006 auf Grundlage einer Gemeinsamen Erklärung zwischen dem georgischen und deutschen Justizministerium mit staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen im Lande zusammen. Zur Aktualisierung dieser Vereinbarung unterzeichneten Bundesminister Heiko Maas und seine georgische Amtskollegin Tea Tsulukiani im Dezember 2014 eine Absichtserklärung für weitere Maßnahmen bis 2017 zur Stärkung der georgischen Justiz. Ziele sind mehr Stabilität und Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte.

Ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich betrifft die Zusammenarbeit mit Berufsverbänden, vornehmlich der georgischen Rechtsanwaltskammer. Mit Unterstützung der IRZ findet bereits seit vielen J ahren ein Erfahrungsaustausch mit der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) statt, der sich 2014 mit Fachgesprächen bei der BRAK in Berlin und einer Konferenz für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Tiflis erfreulich dynamisch entwickelte.

Das dritte große Thema ist die Verbesserung der juristischen Ausbildung. Vor dem Hintergrund der besonderen Nähe des georgischen Rechtssystems zur deutschen Rechtstradition und der hohen Anzahl junger Juristinnen und Juristen mit Studien- oder Berufserfahrung in Deutschland besteht ein großes Interesse an der deutschen fallorientierten Lehr- und Arbeitstechnik. Diese wird im Rahmen verschiedener Projekte vermittelt. Auch war Georgien 2014 erneut ein bedeutender
Treffpunkt im Rahmen regionaler oder überregionaler Veranstaltungen der IRZ.

Tätigkeitsschwerpunkte 2014

Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Internationale Verfassungsrechtliche Konferenz zum Schutz der Privatsphäre für Verfassungsgerichtspräsidenten bzw. Verfassungsrichter/innen aus Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Deutschland, Georgien, Lettland, Litauen, Moldau, Rumänien und der Türkei in Batumi
  • Seminar zur EMRK für Angehörige des Justizministeriums und der Staatsanwaltschaft in Tiflis zusammen mit dem Justizministerium Zwei Seminare für georgische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Durchsetzung der EMRK in Tiflis
  • Zwei Seminare für georgische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Durchsetzung der EMRK in Tiflis
  • Unterstützung der Internationalen Konferenz „Übergangsjustiz und Schutz der Menschenrechte“ in Tiflis
  • Verfassungsrechtliches bilaterales Seminar für Studierende der Humboldt Universität zu Berlin und der Staatlichen Universität Tiflis mit Veranstaltungen in Tiflis, Batumi und Berlin

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Konferenz zum Deutschen Recht im Rahmen der Initiative „Law – made in Germany“ gemeinsam mit BRAK und georgischer Anwaltskammer in Tiflis

Rechtspflege

  • Reise der Justizministerin Georgiens und einer Delegation des Ministeriums nach Deutschland zu Gesprächen im BMJV, Bundestag, Kammergericht Berlin, DRB u.a. Unterzeichnung der Absichtserklärung zur Durchführung eines Arbeitsprogramms zwischen den Ministerien
  • Delegationsreise der georgischen Rechtsanwaltskammer zu Gesprächen u.a. bei der BRAK nach Berlin

Strafrecht und Strafvollzugsrecht

  • Support to the Reform of Criminal Justice System in Georgia (EU-Service-Contract)
  • Seminar „Cyber Crime, grenzüberschreitende Kriminalität, Unternehmenshaftung“ für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Tiflis
  • Abschluss des Projekts zur Einführung eines Mentoring-Systems im georgischen Strafvollzug: Abschließendes Training für georgische Mentor/innen und Abschlusskonferenz zur Vorstellung des Mentoring-Systems gegenüber der Fachöffentlichkeit in Tiflis
  • Beratungen zur Verbesserung der Entscheidungstechnik im Strafverfahren in Kooperation mit dem Obersten Gericht Georgiens Beratung des Ministeriums für Strafvollzug zu Einzelfragen im Strafvollzugswesen
  • Finanzierung des Lehrbuchs „Strafverfahrensrecht Allgemeiner Teil“

Aus- und Fortbildung

  • Training für Trainer zur Anwendung der juristischen Methodenlehre bei der Ausbildung georgischer Jurastudierender in Kvareli
  • Nationaler Moot Court im Verfassungsrecht für georgische Jurastudierende in Batumi
  • Teilnahme eines georgischen Jurastudenten an der IRZ Sommerschule Deutsches Recht in Brühl

Ausblick

Schwerpunkt der IRZ wird 2015 die Umsetzung der Absichtserklärung beider Justizministerien sein. Dabei wird die IRZ die Europarechtsabteilung im georgischen Justizministerium bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen Georgien und der EU unterstützen. Hinzu kommen Beratungen und Fortbildungen zur Implementierung des neu eingeführten Jugendstrafrechts sowie Fachgespräche zur Reform des georgischen Ordnungswidrigkeitenrechts.

Daneben sollen die langjährigen Projekte mit den zentralen Partnern der IRZ fortgesetzt werden: die Unterstützung der georgischen Anwaltskammer sowie die Zusammenarbeit mit dem Trainingszentrum für Strafvollzug und Bewährungshilfe, der Generalstaatsanwaltschaft, dem Verfassungsgericht, der Georgischen Vereinigung Junger Juristen (GYLA) und der Juristischen Fakultät der Staatlichen Universität Tiflis (TSU). Hinzu kommt im Februar 2015 ein neuer Kontakt zwischen dem Appellationsgericht Tiflis und dem Landgericht Hamburg, um zu sondieren, ob ein langfristiger Erfahrungsaustausch über strafrechtliche Problemstellungen in der richterlichen Praxis etabliert werden kann.