Seminar zur alternativen Streitbeilegung in Podgorica

Der deutsche Botschafter in Montenegro, Dr. Robert Weber (links), und Ibrahim Smailović (rechts daneben), Direktor der Abteilung für Zivilrecht im Justizministeriums Montenegro
Der deutsche Botschafter in Montenegro, Dr. Robert Weber (links), und Ibrahim Smailović (rechts daneben), Direktor der Abteilung für Zivilrecht im Justizministeriums Montenegro
Montenegro

Am 19. und 20. November 2019 fand in der Hauptstadt Podgorica das Seminar „Alternative Streitbeilegung, insbesondere Mediation, in Deutschland: Gesetzliche Grundlagen und Anwendungspraxis“ statt. Das Seminar war die erste gemeinsame Veranstaltung der IRZ mit dem montenegrinischen Zentrum für Mediation.

Nachdem die Direktorin des Zentrums für Mediation, Marina Lutovac, und Dr. Stefan Pürner, Projektbereichsleiter der IRZ, die Veranstaltung eröffnet hatten, sprachen der deutsche Botschafter Dr. Robert Weber und Ibrahim Smailović, Direktor der Abteilung für Zivilrecht im Justizministeriums Montenegro, Grußworte, in denen beide die Bedeutung der Rechtsstaatsarbeit für die Vorbereitung eines EU-Beitritts Montenegros und die wichtige Rolle der IRZ in diesem Prozess betonten.

Anschließend stellten Ibrahim Smailović und Marina Lutovac die gesetzlichen Regelungen und die aktuelle Lage der Mediation in Montenegro dar und schufen dadurch eine erste Grundlage für die sehr intensive rechtsvergleichende Diskussion und einen fruchtbaren Erfahrungsaustausch.

Bei diesen Referaten wurde deutlich, dass Montenegro im Einklang mit den entsprechenden Hinweisen aus den Länderberichten der EU intensiv daran arbeitet, die Möglichkeiten einer alternativen Streitbeilegung aufzuwerten. Die Referentin und der Referent berichteten sowohl von gesetzgeberischen Initiativen wie der Reform des Mediationsgesetzes als auch von organisatorischen Schritten wie vom Ausbau des bisherigen Zentrums für Mediation zum Zentrum für Alternative Streitbeilegung allgemein und von Schulungsmaßnahmen zu diesem Thema.

Die zweite Basis für die Generaldiskussion wurde durch Referate zur Mediation und Schlichtung in Deutschland durch folgende IRZ-Experten geschaffen:

  • Harald Walther, Direktor des Amtsgerichts Rüsselsheim und Mediator BM®,
  • Michael Haußner, Staatssekretär a.D. und Ombudsmann des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands sowie ehemaliger Berater des Justizministeriums Montenegros, sowie
  • Winfried Schubert, Präsident des Landesverfassungsgerichts a.D. und Ombudsmann des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands.

Die IRZ-Experten stellten u.a. das Mediationsgesetz von 2012, den Güterichter bei den Gerichten, die Ausbildung der Mediatorinnen und Mediatoren sowie die Qualitätssicherung der Mediation vor. Außerdem erläuterten sie die Arbeit von Schlichtungsstellen, insbesondere im Bereich des Verbraucherschutzes.

Insgesamt vertiefte die Veranstaltung nicht nur das Thema Mediation in verschiedenen praxisrelevanten Bereichen, sondern zeichnete auch ein umfassendes Bild der verschiedenen alternativen Streitbeilegungsmechanismen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigten sich im Rahmen des Seminars darüber hinaus mit verwandten Themen aus dem Bereich des Zivilprozesses. Wie bereits bei einem Arbeitsbesuch montenegrinischer Richterinnen und Richter in Bayern vor einiger Zeit hoben die Referenten auch hier die Bedeutung der richterlichen Förderung einer einvernehmlichen Streitbeilegung durch die Parteien hervor.

Die Bedeutung, die man auf montenegrinischer Seite dieser Veranstaltung beimaß, wird unter anderem daran deutlich, dass die Präsidentin des Verwaltungsgerichts, Branka Lakocević, und der Generaldirektor für zivilrechtliche Gesetzgebung, Ibrahim Smailović, an der Veranstaltung persönlich teilnahmen. Generaldirektor Ibrahim Smailović ließ es sich nicht nehmen, einen ausführlichen eigenen Vortrag zu halten, wofür wir an dieser Stelle nochmals sehr herzlich danken.

Montenegrinische Richterinnen und Richter zu Gast in Bayern

Die montenegrinischen Richterinnen und Richter im Landgericht München
Die montenegrinischen Richterinnen und Richter im Landgericht München
Montenegro

Unter dem Titel „Verhandlungsführung und Rolle des Richters in Zivilverfahren“ fand vom 20. bis 24. Oktober 2019 ein weiterer Arbeitsbesuch montenegrinischer Richterinnen und Richter in Wolfratshausen und München statt. Der Besuch ist Teil eines Programms, in dessen Rahmen montenegrinische Richterinnen und Richter regelmäßig das Landgericht München und das Amtsgericht Wolfratshausen besuchen, um sich dort über die Gerichtsbarkeit in Deutschland zu informieren. Auch dieses Mal war die Präsidentin des Bayerischen Richtervereins und Direktorin am Amtsgericht, Andrea Titz, wesentlich beteiligt an der Planung und Durchführung des Arbeitsbesuchs. Die montenegrinische Arbeitsgruppe setzte sich aus Richterinnen und Richtern höherer Gerichte und des Wirtschaftsgerichts zusammen. Mit dabei war auch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Montenegros.

Die montenegrinischen Gäste besuchten Verhandlungen des Landgerichts und des Amtsgerichts und nutzten anschließend die Gelegenheit zum intensiven fachlichen Austausch mit dem Vorsitzenden Richter am Landgericht, Stephan Reich, und der Vorsitzenden Richterin am Amtsgericht, Friederike Kirschstein-Freund, die die Verhandlungen jeweils geleitet hatten.

Einen weiteren Schwerpunkt des Arbeitsbesuchs bildete die Darstellung der Referendarausbildung in Bayern, zu der Christine Haumer, Richterin am Oberlandesgericht und Leiterin der Referendarausbildung bei dem Oberlandesgericht München, einen Vortrag hielt.

Zum Abschluss gab es ein Arbeitsgespräch mit Michael Haußner, Staatssekretär a.D. im Justizministerium des Landes Thüringen, und Andrea Titz. Sowohl Michael Haußner als ehemaliger Berater des Justizministeriums in Montenegro als auch Andrea Titz, die bereits verschiedene Ausbildungsmaßnahmen in Montenegro durchgeführt hat, kennen die montenegrinischen Verhältnisse bestens.

Die montenegrinischen Gäste waren beeindruckt davon, wie deutsche Richterinnen und Richter Zivilverfahren durch ihre offene Verhandlungsführung konzentrieren und aktiv zu Vergleichen beitragen. Beim kollegialen Gedankenaustausch wurde auch deutlich, dass die unterschiedliche Rechtspraxis in Montenegro und Deutschland weniger das Produkt von Unterschieden im geschriebenen Recht als vielmehr der unterschiedlichen rechtlichen Sozialisation geschuldet ist. Artikel 323 der montenegrinischen Zivilprozessordnung sieht nämlich, ähnlich wie § 278 Abs. 1 Zivilprozessordnung vor, dass „das Gericht auf eine Art, die seine Unparteilichkeit nicht beeinträchtigt, im Laufe des gesamten Verfahrens anstreben wird, dass die Parteien einen Vergleich abschließen“. Dieser Umstand belegt, dass zum Erfolg der Rechtstransformation neben einer Angleichung der rechtlichen Vorschriften eine intensive Schulung erforderlich ist und häufig auch eine Veränderung der traditionellen Vorgehensweise sinnvoll ist.

Die Gewaltenteilung in der Rechtsprechung verschiedener südosteuropäischer Verfassungsgerichte

Prof. Dr. Michael Eichberger (links), Richter am Bundesverfassungsgericht a.D.; Dragoljub Drašković (8.v.l.), Präsident des Verfassungsgerichts von Montenegro; Zoran Pažin (Mitte), Vizepremier und Justizminister Montenegros; Zlatko Knežević (rechts daneben), Präsident des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina
Prof. Dr. Michael Eichberger (links), Richter am Bundesverfassungsgericht a.D.; Dragoljub Drašković (8.v.l.), Präsident des Verfassungsgerichts von Montenegro; Zoran Pažin (Mitte), Vizepremier und Justizminister Montenegros; Zlatko Knežević (rechts daneben), Präsident des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina
Montenegro

Vom 5. bis 7. Juni 2019 fand in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica die Regionalkonferenz „Gewaltenteilung und Gleichgewicht zwischen den Gewalten“ statt, die vom Verfassungsgericht des Landes und der IRZ gemeinsam veranstaltet und vom Auswärtigen Amt aus Projektmitteln gefördert wurde. An ihr nahmen auch Vertreterinnen und Vertreter der Verfassungsgerichte von Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Nordmazedonien und Serbien teil.

Die Bedeutung der Konferenz wurde dadurch unterstrichen, dass nach der Eröffnung durch den Präsidenten des Verfassungsgerichts der Republik Montenegro, Dr. Dragoljub Drašković, auch Vizepremier und Justizminister Zoran Pažin Grußworte sprach.

Danach schlossen sich folgende Referate zur Rechtsprechung der beteiligten Verfassungsgerichte an:

  • Das Verhältnis des Parlaments zum Verfassungsgericht von Montenegro bei der Umsetzung und dem Schutz der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes (Hamdija Šarkinović, Richter am Verfassungsgericht von Montenegro)
  • Gewaltenteilung und Gleichgewicht der Kräfte – Die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte unter besonderer Berücksichtigung des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina (Zlatko Knezevic, Präsident des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina)
  • Die Rolle des Verfassungsgerichts der Republik Nordmazedoniens bei der Verwirklichung der Gewaltenteilung (Sali Murati, Richter am Verfassungsgericht der Republik Nordmazedonien)
  • Der Verfassungsgeber und das Verfassungsgericht der Republik Kroatien: Ein Verhältnis geprägt von Zusammenarbeit und gegenseitiger Kontrolle (Dr. Mato Arlović, Richter am Verfassungsgericht der Republik Kroatien)
  • Die normativen und tatsächlichen Voraussetzungen der Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts – Die Erfahrung der Republik Serbien (Dr. Nataša Plavšić, Richterin am Verfassungsgericht der Republik Serbien)

Bereits während dieses Veranstaltungsteils nutzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit zur Diskussion und kritischen Nachfrage.

Anschließend stellte Professor Dr. Michael Eichberger, Richter am Bundesverfassungsgericht a.D., die Rolle des Grundsatzes der Gewaltenteilung im deutschen Recht allgemein und verschiedene diesbezügliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vor.

Die Diskussion zu diesem Referat sowie die Generalsdiskussion im Plenum sprachen eine ganze Reihe von Themen an. Dabei lag einer der Schwerpunkte auf dem Verhältnis des Verfassungsgerichts zum Gesetzgeber und hierbei insbesondere auf dem Vorgehen der Verfassungsgerichte im Falle verfassungswidriger Gesetze. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten aber auch die Stellung des Verfassungsgerichts im jeweiligen staatsorganisatorischen Gefüge.

Die Konferenz bot den Richterinnen und Richtern der beteiligten Verfassungsgerichte außerhalb der Arbeit im Plenum auch die ausgiebig genutzte Gelegenheit zum allgemeinen Gedanken- und Erfahrungsaustausch sowie zu bilateralen Gesprächen.