Erfahrungsaustausch zum Thema „Alternative Strafen und Alternativen zur Untersuchungshaft“

Aus dem IRZ-Büro in Tunis zugeschaltet: Imed Derouiche (rechts), tunesischer Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium und Rechtsanwalt Mohamed Ben Said, Universitätsprofessor und Mitglied der Kommission zur Reform des tunesischen Strafgesetzbuchs
Aus dem IRZ-Büro in Tunis zugeschaltet: Imed Derouiche (rechts), tunesischer Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium und Rechtsanwalt Mohamed Ben Said, Universitätsprofessor und Mitglied der Kommission zur Reform des tunesischen Strafgesetzbuchs
Tunesien

Am 18. November 2020 veranstaltete die IRZ einen Online-Erfahrungsaustausch zum Thema „Alternative Strafen und Alternativen zur Untersuchungshaft“, zu dem neben Repräsentantinnen und Repräsentanten aus dem tunesischen Justizministerium auch zahlreiche Strafrichterinnen und Strafrichter verschiedener Gerichtsbezirke in Tunesien zugeschaltet waren. Die Veranstaltung fand statt im Rahmen des gemeinsamen Arbeitsprogramms über rechtliche Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem tunesischen Justizministerium.

Für die IRZ nahmen folgende Experten teil:

  • Andreas Stüve, Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf
  • Pascal Décarpes, Kriminologe und internationaler Berater auf den Gebieten Strafjustiz und Strafvollzug

Für die tunesischen Projektpartner wirkten mit:

  • Imed Derouiche, tunesischer Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium
  • Rechtsanwalt Mohamed Ben Said, Universitätsprofessor und Mitglied der Kommission zur Reform des tunesischen Strafgesetzbuches
  • Dr. Farid Ben Jeha, Vorsitzender Richter am Berufungsgericht in Monastir

Seit 2014 unterliegt die Strafgesetzgebung in Tunesien einer grundsätzlichen und umfassenden Reform. Damit soll auch im tunesischen Strafrecht unter anderem die Wahrung der Menschenrechte stärker verankert werden, wozu sich Tunesien durch die Ratifizierung zahlreichen internationaler Menschenrechtsabkommen verpflichtet hat. Die Reform strebt zudem an, durch effizientere Verfahrensabläufe und den Ausbau alternativer Strafsanktionen der Überlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften entgegenzuwirken und die stetig zunehmende Überbelegung der tunesischen Haftanstalten abzubauen. An diesem Aspekt setzte auch der Online-Erfahrungsaustausch an.

Die tunesischen Partner berichteten über die geplanten weitreichenden Neuregelungen im tunesischen Strafrecht, wie etwa in den Bereichen Definition von Straftatbeständen, der Strafzumessung und der Strafvollstreckung, die im Rahmen der aktuellen Reform vorgenommen werden sollen. Die Darstellung der Erfahrungen aus der deutschen Strafjustiz stellte insbesondere die Steigerung der Effizienz in Strafverfahren, die Strafzumessung und alternative Strafsanktionen mit dem Ziel der Begrenzung von Untersuchungshaft und der Vermeidung von Haftstrafen heraus. Die in Deutschland angewendeten alternativen Strafsanktionen, wie z.B. Geldstrafen und Bewährungsstrafen, finden auch in Tunesien in Ansätzen bereits Anwendung. Sie sollen jedoch im Rahmen der Strafrechtsreform künftig noch weiter ausgebaut werden. Und vor allem zu diesen Themenbereichen erhielten die tunesischen Partner während des Erfahrungsaustauschs zahlreiche wertvolle Anregungen, wofür das tunesische Justizministerium der IRZ auch seinen ausdrücklichen Dank aussprach.

Die IRZ wird daher ihre Zusammenarbeit mit der tunesischen Justiz im Bereich der alternativen Sanktionen fortsetzen und intensivieren.