Vietnam - Jahresbericht 2013

Länderbericht Vietnam 2013Delegation des Obersten Volksgerichtshofs zu Besuch beim Bundesgerichtshof im Rahmen einer Studienreise zur Gerichtsorganisation

Allgemeines – Konzeptionelle Ausrichtung

Rechtspolitische Ausgangslage

Die IRZ ist einer der Träger des von der Bundesrepublik Deutschland mit der Sozialistischen Republik Vietnam unterhaltenen Rechtsstaatsdialoges. In diesem Rahmen wurde 2012 erneut ein auf drei Jahre ausgerichtetes Arbeitsprogramm verabschiedet, aus dem die IRZ zahlreiche Maßnahmen realisiert. Dies umfasst u.a. die Fortentwicklung des Zivil- und Zivilprozessrechts, des Straf- und Strafprozessrechts, des Justizwesens sowie die Unterstützung bei der Umsetzung internationaler Konventionen und Regelwerke. Zudem hat die IRZ die Verfassungsreform in Vietnam beratend begleitet und, gefördert vom Auswärtigen Amt, Veranstaltungen zum Thema Menschenrechte angeboten.

An der Zusammenarbeit mit Deutschland besteht nach wie vor großes Interesse angesichts der anhaltenden Reformen zur wirtschaftlichen Liberalisierung auf fast allen Rechtsgebieten. Hier geht es häufig um langfristige Beratungsleistungen für umfassende Gesetzgebungsvorhaben. Da in der vietnamesischen Praxis erhebliche Defizite bei der effektiven Umsetzung neuer Vorschriften zu verzeichnen sind, beinhalten die Aktivitäten regelmäßig auch die Schulung und Fortbildung der entsprechenden Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender.

Bisherige Zusammenarbeit

In der nun vierjährigen Zusammenarbeit mit Vietnam hat die IRZ bei wichtigen Gesetzgebungsvorhaben beraten, wie beispielsweise das Justizministerium im Rahmen der Reform des Zivilgesetzbuches oder die Oberste Volksstaatsanwaltschaft bei der Novellierung der Strafprozessordnung. Darüber hinaus realisiert die IRZ regelmäßig Maßnahmen zu Themen der Rechtspflege sowie zur Justizverwaltung und deren Organisation. Seit 2012 ist auch der Menschenrechtsschutz Gegenstand der Beratung.

Wichtige Partner

  • Justizministerium
  • Justizakademie
  • Oberste Volksstaatsanwaltschaft
  • Oberstes Volksgericht
  • Institut für Menschenrechte

Strategie und Vorgehensweise

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit befinden sich in Vietnam noch im Entwicklungsstadium. Die IRZ versucht in vielerlei Hinsicht, Vietnam in einer rechtsstaatlichen Entwicklung zu unterstützen und knüpft dabei an die bisher etablierten, vertrauensvollen Beziehungen mit verschiedenen Institutionen im Justizbereich an.

In wirtschaftlicher Hinsicht verzeichnet Vietnam nach wie vor ein Wirtschaftswachstum und ist bestrebt, den Wandel zu einem marktwirtschaftlich orientierten politischen System zu vollziehen. Hierbei begleitet die IRZ das Justizministerium durch Beratung wichtiger zivilrechtlicher Reformvorhaben. Ziel ist es, mit einem für sämtliche privatrechtliche Rechtsverhältnisse grundlegenden Zivilgesetzbuch die Bedingungen für rechtsstaatliche Grundvoraussetzungen wie Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit zu schaffen. Neuere gesellschaftliche Entwicklungen erzeugen darüber hinaus Regelungsbedarf.

Im Strafverfahrensrecht fehlt es vor allem an Kenntnissen der Strafverteidiger und Grundlagen für ein faires Verfahren. Schwerpunkt der Maßnahmen der IRZ bilden daher Seminare und Studienreisen zum Strafprozessrecht und verwandten Themen.

In Bezug auf verfassungsrechtliche und menschenrechtliche Fragen konnte die IRZ im Jahr 2013 die aktuelle Diskussion zur Verfassungsreform in Vietnam aufgreifen und den Dialog mit den vietnamesischen Partnerinnen und Partnern auf dem Gebiet der Durchsetzung und Anerkennung der Grund- und Menschenrechte intensivieren. Partnerorganisation ist hier das vietnamesische Institut für Menschenrechte, das an die Nationale Akademie für Politik und öffentliche Verwaltung Ho Chi Minh Stadt angegliedert ist.

Tätigkeitsschwerpunkte

Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Seminar zum Thema „Mechanismen zum Schutz und zur Durchsetzung der Grund- und Menschenrechte" in Kooperation mit dem vietnamesischen Institut für Menschenrechte und mit Förderung des Auswärtigen Amtes

Zivil- und Wirtschaftsrecht

  • Mehrere Workshops mit Arbeitsgruppen des Justizministeriums zur Novellierung des Zivilgesetzbuches zu den Themen Allgemeiner Teil, Sachenrecht und Schuldrecht mit Referentinnen und Referenten aus dem Bundesjustizministerium und von Gerichten
  • Fortsetzung der Beratung zum Kreditsicherungsrecht mit dem Justizministerium
  • Workshop zur Novellierung des Familienrechts zu den Themen Ehe, nichteheliche Lebensgemeinschaft, Lebenspartnerschaft, Güterrecht, Leihmutterschaft u.a. mit Referentinnen aus dem Bundesjustizministerium
  • Erstellung eines Handbuchs für das Zivilrecht als Nachschlagewerk für Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender in Kooperation mit der Justizakademie

Rechtspflege

  • Beratung zur Novellierung des Berufsrechts der Notare mit den Themen Zulassung, Qualifizierung, Struktur von Notariaten, Gründungen von Berufsverbänden u.ä. für das Justizministerium
  • Studienreise der Justizakademie in Kooperation mit dem Justizministerium nach Deutschland zum Notarrecht
  • Studienreise nach Berlin zum Thema „Grundlagen, Systematik und Aufbau des deutschen Gerichtsvollzieherwesens" mit Fachgesprächen beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, bei der Hochschule für Wirtschaft und Recht, bei einem Gerichtsvollzieherbüro sowie mit einem Vertreter des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes
  • Studienreise für Mitglieder des Obersten Volksgerichts inklusive des Vorsitzenden Richters nach Berlin und Karlsruhe zu den Themen „Justizsystem und Gerichtsorganisation in Deutschland" und „Mediation"

Strafrecht und Strafvollzugsrecht

  • Studienreise einer zehnköpfigen vietnamesischen Delegation unter Leitung eines Vize-Justizministers beim Bundesamt für Justiz in Bonn zum Thema „Modernisierung des Strafregisterwesens"
  • Moot Court mit vietnamesischen Juristinnen und Juristen zum Strafprozessrecht in Zusammenarbeit mit der Justizakademie und der vietnamesischen Rechtsanwaltskammer
  • Workshop zum Strafprozessrecht in Hanoi mit der Obersten Volksstaatsanwaltschaft

Ausblick

Die IRZ wird 2014 weiter Projekte aus dem deutsch-vietnamesischen Rechtsstaatsdialog realisieren. Auf dem Gebiet des Zivilrechts wird die IRZ die Beratung zur Reform des Zivilgesetzbuches fortsetzen. Dabei wird die Aus- und Fortbildung von Vertretern sämtlicher Justizberufe Schwerpunkt sein. Außerdem sind Maßnahmen zum Menschenrechtsschutz in Vietnam mit Mitteln des Auswärtigen Amtes geplant. Hier hat sich das vietnamesische Institut für Menschenrechte als interessierter und zuverlässiger Partner erwiesen und wiederholt gezeigt, dass die Bereitschaft für einen sachlichen und offenen Dialog zum Thema Menschenrechtsschutz und Verfassungsrecht besteht. Die IRZ wird an die bisher durchgeführten Maßnahmen weiter anknüpfen und den erfolgreichen Dialog mit allen Kooperationspartnern in Vietnam ausbauen.