Die Delegation beim Fachgespräch mit Mitgliedern des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages. Ukraine, Georgien, Moldau
Für eine Delegation aus der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien führte die IRZ eine Studienreise zur Korruptions- und Geldwäschebekämpfung in NRW und Berlin durch. Im Rahmen des vielseitigen Programms empfing auch der Rechtausschuss des Deutschen Bundestages die Gäste.
Die Europäische Union verlieh 2022 der Ukraine und der Republik Moldau den EU-Beitrittskandidatenstatus und stellte Georgien die EU-Beitrittsperspektive in Aussicht. Der Deutsche Bundestag stellte daher der IRZ zusätzliche Mittel für die Zusammenarbeit mit diesen drei Partnerstaaten bereit. Da die Empfehlungen der EU-Kommission für notwendige rechtliche Reformen für alle drei Staaten insbesondere die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität hervorheben, realisierte die IRZ in Zusammenarbeit mit dem Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen eine Studienreise mit einem entsprechenden fachlichen Schwerpunkt.
Die Teilnehmenden waren Vertreterinnen und Vertreter verschiedener staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen aus der Ukraine, Moldau und Georgien, die mit der Prävention sowie der strafrechtlichen Verfolgung von Korruptionsfällen betraut sind.
In Nordrhein-Westfalen empfing der Landesjustizminister Dr. Benjamin Limbach die Delegation. Es folgten Termine beim Landeskriminalamt und bei der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf. Die Gäste besuchten außerdem die Schwerpunktabteilungen der Staatsanwaltschaften Wuppertal und Bochum und vertieften im Rahmen von Fachgesprächen Fragen der Vermögensabschöpfung und organisierter Kriminalität. Anlässlich eines Treffens mit der Europäischen Staatsanwaltschaft diskutierten sie zudem das Thema „Ermittlungen in Betrugsfällen und Steuerhinterziehung zu Lasten des Europäischen Haushalts der Europäischen Union“.
Anschließend reiste die Delegation nach Berlin, wo sie vom Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages empfangen wurde. Dr. Günter Krings, MdB, leitete die Diskussion, in der die Teilnehmenden die bisherigen Fortschritte sowie die größten Herausforderungen der Korruptionsbekämpfung in der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien erläuterten. Abgerundet wurde die Studienreise mit Fachgesprächen beim Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat. Hier stand das Thema „Maßnahmen der Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung“ im Fokus.
Um den Austausch der drei Partnerstaaten im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses weiter zu fördern, ist im August 2023 eine ähnliche Studienreise zu dem Thema „Unabhängigkeit der Justiz“ nach Niedersachsen und Berlin mit Teilnehmenden aus der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien geplant.
Herr Prof. Dr. Stefan Kröll, LL.M., Bucerius Law School, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), mit dem Team der Nationalen Ivan-Franko-Universität Lviv. Ukraine
Die IRZ hat die Teilnahme ukrainischer Studierender an den Pre-Moots zum Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot unterstützt. Die Pre-Moots fanden im März 2023 in Berlin (Humboldt Moot Association e.V.) und Hamburg (Bucerius Law School) statt. In Berlin nahmen vier Studierende der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kyiv und zwei der Ukrainischen Katholischen Universität Lviv teil, in Hamburg zwei Studierende der Nationalen Ivan-Franko-Universität Lviv. Die Resonanz der Teilnehmenden war sehr positiv. In ihren Dankschreiben betonten sie, wie inspirierend die Teilnahme für sie gewesen sei, die sie als prägenden Moment ihrer zukünftigen juristischen Laufbahn betrachten. Durch diese Erfahrung sei ihnen die Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit vermittelt worden.
Herr Ministerialrat a.D. Dr. Thomas Meyer im BMJ während des Online-Fachgesprächs über zivile Lebenspartnerschaften am 12. April 2023. Ukraine
Gemäß dem bereits am 23. Juni 2021 in der Ukraine verabschiedeten Aktionsplan zur Umsetzung der Nationalen Strategie im Bereich der Menschenrechte für die Jahre 2021-2023 ist unter anderem auch die Einführung des Instituts der eingetragenen zivilen Lebenspartnerschaft vorgesehen. In der gegenwärtigen Situation bekommt dieses Thema zudem eine besondere Bedeutung und Relevanz, da eine große Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern der LGBTQI-Community in den Reihen der Streitkräfte dienen und die Ukraine verteidigen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird daher ausgearbeitet.
Auf Wunsch des Justizministeriums der Ukraine organisierte die IRZ daher am 12. April 2023 ein Online-Fachgespräch zum Thema „Zivile Lebenspartnerschaften“. Als deutscher Experte konnte Herr Ministerialrat a.D. Dr. Thomas Meyer gewonnen werden, der derzeit als langjähriger Referatsleiter im Bundesministerium der Justiz die Ausarbeitung des deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz begleitete. In seinem ersten Vortrag ging Herr Dr. Meyer auf die damalige allgemeine gesellschaftliche und politische Situation sowie die Entstehung und Entwicklung des deutschen Lebenspartnerschaftsgesetzes ein. Im zweiten Teil erörterte er die Regelungen des deutschen Lebenspartnerschaftsgesetzes im Einzelnen sowie dessen weitere Überarbeitung bis hin zur Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017.
An dem Online-Fachgespräch nahmen Vertreterinnen und Vertreter des Justizministeriums der Ukraine, darunter der Stellvertretende Justizminister der Ukraine Dr. Oleksandr Banchuk und die Stellvertretende Justizministerin der Ukraine für europäische Integration, Valeriia Kolomiiets, sowie auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft teil (Wohltätigkeitsorganisation „100 Prozent Leben“ und Nationales LGBTI-Konsortium #LGBTI_PRO).
Hinsichtlich der geplanten Einführung eines Gesetzes über „Zivile Lebenspartnerschaften“ berief man sich in den ukrainischen Beiträgen zum Fachgespräch auf das Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Verfassung der Ukraine und Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die ukrainischen Partner betonten, dass es nicht um eine gleichgeschlechtliche Ehe, sondern zunächst nur um eine eingetragene Lebenspartnerschaft gehe. Denn erstens sei die Ehe in der Verfassung der Ukraine und im Familiengesetzbuch als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau festgelegt – und eine Änderung der Verfassung sei während der Geltung des Kriegsrechts verboten – und zweitens müsse man, so positiv die Ergebnisse von Meinungsumfragen über das Recht auf eine eingetragene Lebenspartnerschaft in letzter Zeit auch waren, eingestehen, dass diese Veränderung für einen großen Teil der ukrainischen Gesellschaft ziemlich revolutionär sei.
Diese Entwicklung gilt übrigens nicht nur für die Ukraine. Viele europäische Länder, darunter auch Deutschland, haben zunächst das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft eingeführt und erst im Laufe der Jahre homo- und heterosexuelle Paare vollständig gleichgestellt, wobei es in einigen Ländern immer noch nur das Institut der Lebenspartnerschaft gibt.